Das kleine 1x1 des Gebets

„Herr, lehre uns beten!“ Offensichtlich ist es nicht so ganz einfach – das mit dem Beten, sonst hätten doch die Jünger, die tagtäglich mit Jesus unterwegs waren, nicht danach gefragt.

Auch wir stehen manchmal an.

Irgendwie würden wir ja schon gerne beten. Aber wir wissen nicht, wie und wo wir anfangen sollen. Wir können nicht, weil uns die Zeit fehlt, weil es die äußeren Umstände nicht erlauben oder weil uns einfach die Worte fehlen.

 

Warum Gebet?

Das Gebet ist so alt wie die Menschheit selbst.

Wenn wir tief in uns eine Sehnsucht spüren, die durch nichts auf dieser Welt gestillt werden kann, so ist das ein Zeichen dafür, dass wir für eine andere Welt geschaffen sind.“

– so beschreibt der berühmte britische Autor C.S. Lewis diese Ursehnsucht des Menschen, sich mit etwas zu verbinden, was uns selbst übersteigt.

Tief im Inneren spüren wir, dass, auch wenn wir alles haben und alle unsere Wünsche erfüllt sind, eine Rest-Sehnsucht in unserem Herzen bleibt. Der Fachbegriff dafür ist Transzendenz: Es gibt da etwas, das über mich hinausgeht und mit dem ich in Verbindung treten möchte, damit meine Sehnsucht gestillt wird.

Bei uns Christen ist es nicht „etwas“, an das ich mich wenden kann, sondern „jemand“ – ein personaler Gott, ein Gott in drei Personen (Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist). Gott ist eigentlich derjenige, der den ersten Schritt auf uns zu macht.

Er legt uns die Sehnsucht ins Herz, ihn zu suchen und er lässt sich finden!

Gott ist kein Polizist, der nur darauf wartet, dass wir einen Fehler machen, sondern will unser Freund sein - ja mehr noch: unser Vater! Er will, dass wir ihm unser Herz öffnen und in seine tiefe Liebe eintauchen.

 

Wie pflege ich nun diese Freundschaft mit Gott?

Indem ich mit Gott rede wie mit meinem besten Freund. Dieses vertrauensvolle Sprechen nennen wir Gebet. Gebet kann lernen, aber es erfordert Geduld und Regelmäßigkeit. Wir dürfen nicht enttäuscht sein, wenn die Ergebnisse unseres Betens nicht unmittelbar sichtbar werden.

"When we pray, God hears more than we say, answers more than we ask, gives more than we imagine – in his own time and in his own way" - Nicky Gumble

Ich denke, das wichtigste beim Gebet ist, einfach zu beginnen.

 

Einfache Gebete

Einfache Gebete scheinen oft so simpel, haben aber eine nicht zu unterschätzende Wirkung.

#1. Kreuzzeichen:

Das Kreuzzeichen bringt in ganz verdichteter Form unseren Glauben zum Ausdruck: Wir glauben an Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. In dem Moment, wo ich ein Kreuzzeichen machen – bewusst oder unbewusst – trete ich mit ihm in Verbindung und ich darf sicher sein: ich bin nicht allein auf dem Weg. Ich habe mir angewöhnt, wenn ich bei einer Kirche oder einem Wegkreuz vorbeikomme, ein Kreuzzeichen zu machen. Anfangs braucht es ein bisschen Übung, aber mittlerweile sind sie fixer Bestandteil auf meinen täglichen Wegen.

Auch das Kreuzzeichen vor dem Mittagessen ist eine liebgewordene Routine, die die Kinder täglich einfordern – auch im Gasthaus 😉 Wir bringen damit unsere Dankbarkeit zum Ausdruck, dass Jesus Teil unserer Tischgemeinschaft ist.

Für Kinder gibt es ein wunderschönes Kreuzzeichen-Lied: "Ich denke an dich, ich erzähle von dir, ich spüre du bist bei mir." So lernen Kinder schon früh, dass es schön ist, wenn wir Gott in unsere Gedanken, in unser Herz und in unsere Worte lassen.

#2. Stoßgebete:

In den Stoßgebeten nehmen wir schnell und oft unbewusst Verbindung mit Gott auf. Ein Stoßgebet ist zum Beispiel ein kurzer Blick zum Kreuz, das in der Küche hängt oder zu einem Marienbild. „Jesus“, könnten wir dabei denken oder aussprechen, oder „Maria, hilf mir!“ Gerade, wenn es mit Kindern drunter und drüber geht, sind so kurze Ankerpunkte im Alltag notwendig und hilfreich. Maria hat ja schließlich auch Erziehungsarbeit geleistet und weiß, wie uns manchmal zumute ist ;-)

#3. bitte - danke - entschuldige

Papst Franziksus nennt sie die "drei Zauberwörter". Jede menschliche Beziehung gewinnt an Tiefe und Qalität, wenn diese drei einfachen Wörter Einzug halten. "Bitte-danke-entschuldige" eignen sich für den persönlichen Tagesrückblick in Stille genauso wie für ein Familiengebet mit Kindern. Wir spüren, wie gut uns ein "Danke" tut - ein Lob, das von Herzen kommt. Wir spüren, dass wir oft auf Hilfe angewiesen sind. Um diese zu bitten, fällt uns manchmal schwer, aber ist umso aufrichtiger, wenn wir es doch schaffen. Genauso ist es mit dem ehrlichen "Entschuldige".

 

Vorformulierte Gebete

Manchmal wissen wir nicht, wie wir beten sollen. Da sind wir in guter Gesellschaft: Auch die Jünger, die immer mit dem Herrn unterweg waren, wussten nicht, wie sie beten sollen. Darauf hin hat Jesus seinen Freunden das Vater Unser gelehrt.

#1. Vater Unser

Das Vater Unser ist eines der dichtesten Gebete. Wir dürfen Gott unseren Vater nennen, den wir um alles bitten dürfen – dafür stehen die 7 Bitten im Vater Unser. 7 ist die Zahl der Fülle. Ob gesungen oder gesprochen – im Vater Unser ist alles mit hineingenommen.

Die Kirche kennt in ihrer langen, reichen Tradition viele Gebete, die sich sowohl für das persönliche Gebet als auch für das gemeinsame Gebet im Gottesdienst eignen. Ich möchte hier vor allem die Psalmen erwähnen - aber es gäbe noch so viele mehr!

#2. Die Psalmen

Die Psalmen sind ein jahrtausende alter Gebetsschatz. Da ist von Freude und Leid, von Sorgen und Hoffnungen, von Träumen und Verzweiflung die Rede. Nichts davon ist umsonst – mit allem dürfen wir zu Gott kommen, weil er uns liebt. So viele Generationen von Betern vor uns haben das auch schon gemacht.

Besonders berührt mich der Psalm 23: "Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen." und der Psalm 139: Ich bin geliebt, so wie ich bin!

 

Fazit

Gebet verändert nicht die Situation, aber das Gebet verändert mich.

Das Gebet schenkt mir oft den Abstand zu Dingen, den ich gerade brauche. Das Gebet macht mich ruhiger und gelassener, weil ich meine Sorgen auf den Herrn werfe.

Gott ist eben kein Kaugummi-Automat: Ich schmeiße oben Gebet rein und unten kommt genau das raus, was ich gerade brauche oder haben will. Er will mein Freund sein – mit mir durch dick und dünn gehen und mich tragen, wenn ich es alleine nicht mehr schaffe. Aber dieses Getragen-Sein entdecke ich oft erst im Nachhinein.

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