Wie sich unsere Kirchenbesuche mit unseren Kindern entwickelten

Früher war es definitiv öfter. Auch ist die Begeisterung unserer Mädels deutlich gesunken. Haben wir was falsch gemacht und wenn Ja: Was genau?

Es gab Zeiten, da war es sehr harmonisch. Es war fast schon logisch, dass wir am Sonntag gemeinsam als Familie in die Kirche gehen. Unsere Mädels (mittlerweile 11 und 14) haben nicht gemeckert, sondern sich darauf gefreut.

Es hat uns einfach gutgetan. Wir konnten in einer klar definierten Form, der Liturgie, zur Ruhe kommen, unsere Sorgen, Ängste, Wünsche und Hoffnung vor Gott legen und dies nicht zuletzt kollektiv auch als Familie tun.

Über die Zeit hat sich das geändert. Wir sind zwar immer noch des Öfteren gemeinsam in die Kirche gegangen, haben aber immer mehr Unmut Seitens ihrer Töchter gespürt. Es wirkte zunehmend so, als sei es nicht mehr ein Freiraum, ein Ort, an dem jede und jeder so sein kann, wie er wirklich ist, sondern viel eher ein Zwang.

Was war passiert bzw. warum entwickelte sich alles über die Zeit auf diese Art und Weise?

War es womöglich die liturgische Form, die ihnen zunehmend zu starr erschien? Gelang es unseren Kindern nicht mehr, beeinflusst von vielen Form und Möglichkeiten der heutigen Zeit, in der Form der Liturgie Halt und Trost zu finden? Erschien sie ihnen mehr und mehr „veraltet“, aus der Zeit gefallen und für sie nicht mehr passend?

Das ist gut möglich. Schließlich schien und scheint es uns unmöglich, Kinder und vor allem dann später auch Jugendliche von den sozialen Netzwerken und den technischen Neuerungen abzuschotten. Damit kommen automatisch neue Formen, neue Inhalte und neue Fragen ins Spiel und in ihr Leben.

Ist es denkbar, dass sie diese Fragen und Ängste lieber mit ihren Freundinnen direkt klären oder diese auch in der Echokammer der sozialen Netzwerke ausdiskutieren und zur Sprache bringen?

 

Aber was war eigentlich unsere Rolle bei dieser Entwicklung?

Gut möglich, dass wir die liturgische Form und den Kirchenbesuch als Ort der Ruhe und zugleich des So-Sein-Könnens nicht hoch genug gehalten haben. Wir haben sie vielleicht nicht ausreichend in Stellung gebracht, als Möglichkeit, ganz „unzeitgeistig“ zur Ruhe zu kommen.

Eben weil diese Form in der Kirche überliefert, tradiert und über sehr lange Zeit erprobt ist, kann sie eben so gut tun.

Es ist aber auch denkbar, dass die Kirche selbst einen Anteil an der jetzigen Ist-Situation hat. War sie, die Kirche, verkörpert durch den Priester in unserer Heimatgemeinde, zu wenig experimentierfreudig? Hat sie sich zu wenig mit jungen Menschen auseinandergesetzt? Hat sie ihren Wert für zu selbstverständlich genommen und damit im Endeffekt das Vertrauen und das Interesse unserer Töchter verspielt?

Nicht zuletzt ist es nämlich eine Frage der Adaption und der Repräsentation. Die Kirche muss natürlich althergebrachte Formen nicht völlig erneuern. Das sollte sie auch nicht tun. Aber sie kann durchaus die Frage stellen, wie sich diese sinnvolle Form mit neuem Sinn, also mit zum Teil neuen Inhalten füllen lässt. Auch ist es für Mädchen wohl nicht sonderlich interessant, sich in einem Kirchenraum wiederzufinden, in dem 90 Prozent der Anwesenden um Jahrzehnte älter sind als sie.

Das alleine schon gilt in einem bestimmten Alter wohl als „nicht cool“.

Was nicht heißen soll, dass „Coolness“ zur Leitkategorie einer Messe werden soll. Aber es soll ein aktiver Aufruf dazu sein, sich zu fragen, wie sich junge Menschen verstärkt in den Ablauf integrieren lassen. Damit wird, fast wie von selbst, der Inhalt neu, die Art und Weise, vielleicht auch nur das WIE.

Aber allein dieses WIE, in welcher Sprache und auf welche Weise, macht oft auch schon den entscheidenden Unterschied.

Aber auch wir Eltern , wir Ältere, sind in der Pflicht: Wir müssen wieder öfter mit unseren Kindern über relevante Glaubens- und Lebensfragen reden und ins Gespräch kommen. Das wäre der Grundschritt. Aber dann muss es in der Kirche ebenfalls „passen“: Denn wenn dort alles „beim Alten“ bleibt, ohne Durchlässigkeit und ohne Offenheit, dann wird eine etwaige neu entfachte Begeisterung nicht lange anhalten.

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