Kranke Kinder und ihre Rechte

Als Elementarpädagogin sind kranke Kinder in der Kindergartengruppe mein tägliches Brot. Damit bin ich nicht alleine – der kollegiale Austausch verrät, dass es in anderen Gruppen nicht anders aussieht. Wieso wir kranke Kinder nach Hause schicken und uns keinen Bären auf die Nase binden lassen: Kinder haben Rechte!

In den Wintermonaten gehen vermehrt Erkrankungen durch die Runde und besonders der Kindergarten ist die Begegnungszone für Viren und Co. Somit liegt es auf der Hand, dass vor allem Kinder im Eintrittsjahr häufig krank sind. Nicht selten kommen Kinder nicht gesund in den Kindergarten und müssen vom Betreuungspersonal nach Hause geschickt werden. Denn ein Kindergarten ist zwar neben der ersten Bildungseinrichtung auch eine Betreuungseinrichtung, aber ganz sicher keine Pflege- und Krankeninstitution.

Der Kindergarten ist keine Krankenstation

Ein Kindergartenalltag ist für Kinder wie ein Arbeitstag für uns Erwachsene. Es wird viel von den Kindern gefordert: Anpassung (Gruppenregeln, Tagesablauf), extremen Lärm ausgesetzt sein (Studien zeigen: Kindergartenlärm ist teils Baustellenlärm gleichzusetzen), Konzentration und Ausdauer zeigen (pädagogische Bildungsangebote), Geduld üben und Aufmerksamkeit teilen (keine 1:1 Betreuung) – um Beispiele zu nennen. So wird deutlich, dass ein Kindergarten definitiv nicht der richtige Ort für kranke Kinder ist. Denn: Kinder haben Rechte, die verletzt werden, wenn ein krankes Kind nicht die fürsorgliche Betreuung bekommt, die es braucht.

  1. Recht auf Gesundheit
  2. Recht auf Elterliche Fürsorge
  3. Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung

 

Kinder zeigen in der Praxis, dass sie sich sichtlich nicht wohl fühlen: Spielen weniger/gar nicht, liegen am Boden, können nicht schlafen (z.B. extremer Husten, bekommen nicht ordentlich Luft aufgrund von Schnupfen), essen und trinken weniger (Appetitmangel) und sind weinerlich (weinen, möchten nur getragen werden). Das Kind kann sich unter diesen Bedingungen nicht erholen.

Gefahr der Ansteckung

Doch nicht nur für das kranke Kind ist der Kindergartenbesuch gefährdend. Andere Kinder und das Kindergartenpersonal werden angesteckt. Diese stecken wiederum Geschwister und Eltern an. Bei zu vielen Krankenständen im Kindergartenteam müssen Gruppen geschlossen und zusammengelegt werden sowie Öffnungszeiten möglicherweise verkürzt werden, was wiederum schwierig für die Familien ist. Ein Teufelskreislauf.

Natürlich bin ich mir im Klaren, dass verantwortungsbewusste Eltern ihre Kinder nicht zum Spaß krank in den Kindergarten schicken. Der Pflegeurlaub deckt bei weitem nicht die Tage ab an denen ein Kind krank ist.

Trotzdem ist der Kindergartenbesuch KEINE LÖSUNG.

Wenn Großeltern und Verwandten nicht verfügbar sind (z.B. durch örtliche Distanz) muss ein alternativer Betreuungsplan erstellt werden – mit der Frage: Wer sorgt für mein Kind, wenn es krank ist: Babysitter/in, Tagesmutter-/vater oder Leihoma/Leihopa. Nicht um sonst existiert das afrikanische Sprichwort:

„Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“

Keine Lösung ist es Kinder morgens mit starker Medizin zu vorsorgen. Die Medikamente lassen nach einigen Stunden nach und den Kindern geht es im Anschluss richtig schlecht.

Auch pädagogische Angebote und der Kindergartenalltag leiden, wenn kranke Kinder den Kindergarten besuchen:

  • Kein Turnen für die gesamte Gruppe
  • Keine Ruhephase (Kinder husten laut, können nicht schlafen und wecken andere Kinder auf)
  • Weniger Selbstständigkeit (ein hustendes Kind nimmt sich nicht selbstständig Essen, da es das Essen kontaminieren könnte)
  • Teilnahme an Bildungsangeboten nicht möglich (fordern hohe Konzentrationsfähigkeit)

 

Mein Appell: Kranke Kinder bitte zuhause betreuen – inklusiv ausreichender Regenerationsphase (Kein Fieber heißt nicht gleich gesund!). Betreuungsplan erstellen (Am besten vor der Eingewöhnung!). Danke und Gesundheit!

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