Eingewöhnung in die Kleinkindgruppe - Worauf es wirklich ankommt

Die Eingewöhnung im Kindergarten ist mit vielen Emotionen verbunden und ein bedeutendes Erlebnis für das Kind und die Eltern. Um die Eingewöhnung so angenehm wie möglich zu gestalten, gibt es nicht nur für das Betreuungspersonal ein hilfreiches Modell, sondern auch für die Familien essentielle Schritte vor, während und nach der Eingewöhnung.

Die Zeit vor der Kindergarten - Eingewöhnung

Nicht zu unterschätzen ist die Zeit vor der Eingewöhnung.

Hier wird die Basis für eine gelungene Eingewöhnung gebildet:

  • Eine gesunde Bindung zu den Bezugspersonen aufbauen, welche dem Kind Sicherheit schenkt, damit es dann auch Sicherheit in der Eingewöhnung spüren kann.
  • Als Elternteil ist es wichtig die Bereitschaft zum Loslassen zu haben. Wenn Eltern ihr Kind nicht loslassen können und unsicher sind, spürt dies das Kind und es kann sich schwerer von dem Elternteil trennen. Bei Unsicherheiten sollte das Elternteil dies dem Betreuungspersonal und/oder der Leitung kommunizieren, damit gemeinsam an Lösungsansätzen gearbeitet werden kann.
  • Vor der Eingewöhnung im Kindergarten sollten erste kleine Trennungsversuche geübt werden, z.B. Spielen mit Großeltern im Nebenzimmer, ein Elternteil trägt den Müll hinaus während das Kind beim anderen Elternteil bleibt, …
  • Das Kind bekommt Zeit und Raum sich auch alleine zu beschäftigen und zu warten. Im Kindergarten sind in der Kleinkindgruppe bis zu 15 Kinder. Auch hier kommt es gelegentlich zu Wartezeiten (Essen vorbereiten, auf Spielzeug warten bis es frei ist). Im Freispiel suchen sich die Kinder selbstständig eine Beschäftigung, spielen mit dem Betreuungspersonal und anderen Kinder, aber auch zeitweise alleine. Kinder die sich nicht alleine beschäftigen können, sind beispielsweise weinerlich, wenn sie nicht rundum die Uhr Aufmerksamkeit bekommen. Der Kindergarten ist keine 1:1 Betreuung.
  • Wie bereits erwähnt, befinden sich in einer Kleinkindgruppe bis zu 15 Kleinkinder. Damit diese Situation nicht ganz neu ist für das Kind, ist es vom Vorteil, wenn das Kind bereits Kontakt zu anderen Kindern vor der Eingewöhnung hatte (Spielplatz, Spielgruppe, Kinderturnen, …).
  • Hilfreich ist es die Selbstständigkeit altersgemäß und den Entwicklungsstand entsprechend zu fördern: An- und Ausziehen, mit Besteck essen, aus dem Glas/MagicCup trinken (selber halten), Hände waschen, …
  • Um dem Kind das Einleben in den Kindergarten zu erleichtern, sollte der Tagesablauf zuhause dem Kindergarten möglichst angepasst werden (Essenszeit, Ruhestunde). In der Regel stellt der Kindergarten diesen beim Elternabend oder beim Schnuppertermin vor.
  • Im Kindergarten essen die Kinder beim Tisch. Auch hier tun sich die Kinder leichter, wenn sie es gewöhnt sind beim Essen am Tisch zu sitzen und nicht mit dem Essen durch den Raum spazieren oder neben dem Essen spielen.
  • Besonders wichtig ist, dass die Kinder das Einschlafen am Bett kennen. Kinder die am Arm in den Schlaf geschaukelt werden tun sich meist schwer plötzlich am Bett einzuschlafen.
  • Das Abstillen sollte nicht zeitgleich mit der Eingewöhnung stattfinden, da dies eine weitere große Veränderung für das Kind darstellt.
  • Gemeinsam mit dem Kind Bilderbücher zum Thema Kindergarten zu betrachten bereitet das Kind auf die Eingewöhnung vor.
  • Damit sich der Kindergarten und die Familie besser kennenlernen, sollte ein Schnuppertermin im Kindergarten vereinbaren werden (in der Regel meldet sich der Kindergarten). Dies ist eine gute Gelegenheit alle wichtigen Infos an das Betreuungspersonal weiterzugeben (Allergien, Besonderheiten, Lieblingsspielsachen, Einschlafritual) und sich über Anliegen auszutauschen.
  • Bitte Zeit nehmen um den Elternabend der Gruppe zu besuchen. Möglicherweise wird ein spezieller Elternabend für Eingewöhnungen im Kindergarten angeboten.
  • Viele Kindergärten arbeiten nach dem Berliner Eingewöhnungsmodell, welches in etwa vier Wochen dauert. Da jede Eingewöhnung einzigartig ist und individuell lange dauert, sollte unbedingt mehr Zeit eingerechnet werden. Beispielsweise dauert der Beziehungsaufbau länger oder das Kind/die Bezugsperson wird krank.
  • Keine Veränderungen kurz vor der Eingewöhnung einplanen z.B. Umzug/Umbau, Urlaub, primäre Bezugsperson wechseln (z.B. anderer Elternteil geht in Karenz).
  • Betreuungsplan erstellen: Wer kann das Kind abholen, wenn es krank ist? Achtung: Pflegeurlaub ist begrenzt – evtl. Verwandte, Freunde, Babysitter/in und/oder Leihoma/-opa engagieren.
  • Arbeitsbeginn kommunizieren. Einplanen, dass das Kind nicht zu viel Zeit im Kindergarten verbringt (Kindergartentag ist für Kinder wie ein Arbeitstag für uns Erwachsene!).
  • Beim Anmelden persönliche Werte mit dem Kindergarten abgleichen mit den Fragen: Passt der Kindergarten für uns als Familie? Nach welchem Konzept wird gearbeitet? Welches Essen wird serviert? …
  • Richtige Kontaktdaten angeben und Veränderungen immer sofort kommunizieren!
  • Wenn das Kind kurz vor der Eingewöhnung viele ungeplante Veränderungen durchmacht oder sich schwer von den primären Bezugspersonen lösen kann, sollte der Kindergarten informiert werden. Möglicherweise wird die Eingewöhnung etwas später gestartet oder Tipps mitgegeben.

 

Während der Kindergarten - Eingewöhnung

Auch während der Eingewöhnung gibt es hilfreiche Tipps:

  • Alles erbetene mitbringen: Windeln, Reservekleidung, Patschen, ggf. MagicCup/Flasche, Lieblingsspielzeug/Kuscheltier/Schnuller/Schmusetuch (etwas was dem Kind Sicherheit gibt). Wichtig: Alles beschriften! Es gibt tolle Namensstempel für Kleidungen und Kindersticker für Gegenstände. Ich bitte um Verständnis: Täglich 15-25 Kleidungsstücke und Kuscheltiere zuordnen zu können ist ein Ding der Unmöglichkeit.
  • Bei der Schwierigkeit sich vom Kind zu lösen sofort mit der Pädagogin/dem Pädagogen sprechen. Die Emotionen übertragen sich auf das Kind und verzögern die Eingewöhnung.
  • Je nach Eingewöhnungsmodell (meistens Berliner Eingewöhnungsmodell) mitarbeiten. Die ersten 1-2 Tage aktiv mit dem Kind die Gruppe erforschen, danach nach und nach passiver sein. Sicherer Hafen für das Kind sein (trösten, kuscheln). Nicht mit anderen Kindern spielen, eher in den Hintergrund rücken und beobachten.
  • Trennungsversuch: IMMER verabschieden (nie rausschleichen), kurz und knapp verabschieden – Verabschiedung nicht unnötig in die Länge ziehen, aus dem Gruppenraum gehen – auch wenn das Kind zu weinen beginnt (vermitteln: Ich bin mir sicher! Es ist okay!) – die pädagogischen Fachkräfte sind da, um das Kind zu trösten (je nach dem wie gut es klappt, wird die Zeit ohne Elternteil in der Gruppe ausgedehnt oder ein Schritt zurückgegangen).
  • Keine Veränderung während der Eingewöhnung einplanen z.B. Umzug/Umbau, Urlaub, primäre Bezugsperson wechseln (z.B. anderer Elternteil geht in Karenz).

 

Nach der Kindergarten - Eingewöhnung

Auch wenn die Eingewöhnung als abgeschlossen gilt, braucht das Kind Stabilität und Struktur im Alltag.

  • Weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit dem Kindergarten pflegen (Kommunikation, Verständnis, Wertschätzung). Täglicher Austausch bei Tür- und Angelgesprächen (Wie hat das Kind geschlafen?, Was beschäftigt das Kind momentan?, Veränderungen zuhause, Anliegen, …).
  • Der Fokus sollte nicht auf einer primären Betreuungsperson sein. Anstelle morgens zu sagen: „Auf geht’s in den Kindergarten zur Pädagogin XY!“ besser „Auf geht’s in den Kindergarten. Dort kannst du frühstücken und warten tolle Spielmaterialien auf dich.“ Die primären Bezugspersonen im Kindergarten können geplant (z.B. Urlaub) oder spontan (z.B. Erkrankung, Dienstplanänderung) nicht wie angenommen in der Gruppe sein. Für das Kind kann es hilfreich sein, wenn der Fokus auf mehrere Faktoren liegt, welche absehbar sind.
  • Keine Veränderungen kurz nach der Eingewöhnung einplanen z.B. Umzug/Umbau, Urlaub, primäre Bezugsperson wechseln (z.B. anderer Elternteil geht in Karenz). Auch wenn die Eingewöhnung abgeschlossen ist, braucht das Kind noch mehrere Wochen um ganz im Kindergartenalltag anzukommen und die Transitionen (Gruppenraumwechsel, Garten, Turnen, anderes Personal, …) sicher zu bewältigen.

 

Wie die Aufzählung schön zeigt, finden viele Schritte bereits vor der Eingewöhnung statt. Für eine gelungene Eingewöhnung benötigt es neben Zeit, vor allem eine gute Zusammenarbeit zwischen Kind, Eltern und pädagogischer Fachkraft. Nun gibt es von meiner Seite nur mehr eines zu sagen: Ich wünsche eine entspannte Eingewöhnung! Schritt für Schritt …

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