Eingewöhnung in den Kindergarten mit Papa
Von einer gut gestalteten Eingewöhnung im Kindergarten profitieren Kinder ein Leben lang. In ihrem Vortrag „Kindergarteneingewöhnung mit Papa“ verrät die Psychologin Doris Koller-Zazworka, wie man die Eingewöhnung als Familie gut meistert.
„Stellen Sie sich vor, Sie treten eine neue Stelle in einem Großraumbüro an. Wie würden Sie sich gerne darauf vorbereiten?“, lässt Doris Koller-Zazworka, klinische Psychologin der St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien, die Eltern die Perspektive wechseln und macht deutlich: „Auf Ihr Kind warten viele neue Erfahrungen und die erste Trennung. Hier braucht es Sicherheit.“
In ihrem Online-Vortrag, der im Rahmen der vierteiligen Vortragsreihe „Väter 4.0“ des Katholischen Familienverbandes stattfand, gibt sie praxisnahe Tipps, wie eine gute Eingewöhnung funktionieren kann.
Zuerst sicher fühlen, dann ist Lernen möglich
Um beim Bild der neuen Firma zu bleiben: Was würde beim Arbeitsbeginn helfen? Vielleicht die Begleitung des Vorgesetzten, der in der ersten Zeit mitkommt, weil ihn die Firma interessiert und er schauen möchte, ob sie für Sie passt, führt Koller-Zazworka das Beispiel weiter aus.
Ähnlich bei der Eingewöhnung in den Kindergarten: „Der Kindergarten soll für Ihr Kind zu einer sicheren Situation werden. Wichtig ist, dass es mindestens eine Bezugsperson gibt, die diesem Bindungsbedürfnis Rechnung tragen kann, wenn Sie nicht mehr da sind.“ Das Kind brauche Sicherheit in der neuen Umgebung, erst dann kann es lernen und Bildung stattfinden.
Dürfen Kinder bei der Eingewöhnung weinen?
Junge Kinder weinen bei der Trennung von ihrer Bezugsperson häufig – „und das ist gut so“, erklärt die Psychologin. Es sei ein Zeichen dafür, dass die Kinder ihre Gefühle und ihr Bindungsbedürfnis zeigen. Wichtig sei die Erfahrung, dass es in Ordnung ist, zu weinen, weil sie im Kindergarten getröstet werden. In Folge lassen sich die Kinder auch trösten, wenn sie beispielsweise müde sind oder sich verletzt haben.
„Das Ziel der Eingewöhnung soll nicht sein, dass das Kind nicht weint oder dass es zu keinen unangenehmen Gefühlen kommt. Ganz im Gegenteil: Das Kind bekommt die Möglichkeit, sich aktiv mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen und zu erleben, dass man auch negative Gefühle äußern darf. Es wird damit angenommen und kann diese bewältigen“, erklärt Koller-Zazworka.
Das Kind erlebt jemanden, der ihm die Sicherheit gibt: Ja, ich verstehe dich und es ist in Ordnung, dass du dich so fühlst.
Eingewöhnung als Training für spätere Übergänge
„Der Schritt von der Familie in die Kleinkindgruppe oder den Kindergarten ist für viele Kinder eine erste Übergangsphase. Wenn dieser erste Übergang gelingt, ist der nächste leichter. Wir wissen, dass Kinder, die hier positive Erfahrungen gemacht haben, weitere Übergänge generell besser bewältigen“, so Koller-Zazworka.
Für die Eltern wiederum ist die Eingewöhnungszeit eine Chance, den Alltag im Kindergarten kennenzulernen und Einblick zu gewinnen, was das Kind den Tag über erlebt. „Es ist wichtig, dass beide Elternteile in die Eingewöhnung des Kindes involviert sind und den Kindergarten und die Abläufe gut kennen. Die ersten Trennungen sind für Kind und Eltern oftmals nicht einfach. Manchmal hilft es auch, wenn der Papa anfangs diesen Teil der Eingewöhnungszeit übernimmt.“
Kann der Kindergarten alle Bedürfnisse befriedigen?
Der Kindergarten ist als erste Bildungseinrichtung interessant, weil dort etwas anderes passiert als zuhause. Eltern fragen sich jedoch, ob der Kindergarten ihrem Kind erfüllen kann, was es braucht. Koller-Zazworka erklärt die drei psychischen Grundbedürfnisse von Kindern:
- Zugehörigkeit
- Schutz und Bindung
- Kompetenz und Autonomie.
Kinder erwarten aber nicht, dass diese Bedürfnisse an allen Orten auf die gleiche Art befriedigt werden können. „Wenn alle drei Bedürfnisse ausreichend gut befriedigt werden, genießen auch junge Kinder schon Unterschiede“, erklärt die Psychologin.
Tipp: Eingewöhnung in Schritten
Damit die Eingewöhnung gut funktioniert, ist es hilfreich,
- sie zuhause vorzubereiten,
- im Kindergarten eine Kennenlernphase einzuplanen,
- und die erste Trennung zu vollziehen, wenn das Kind Sicherheit gewonnen und Vertrauen zur Pädagogin aufgebaut hat.
Je nach Alter, Vorerfahrungen und Charakter des Kindes wird empfohlen, zwei bis vier Wochen dafür einzuplanen.