Care-Arbeit: Warum Väter Helden sind und Mütter unsichtbar

Mütter als Haupterzieherinnen und Hauptverantwortliche für Kinder, Väter als Haupt- oder Alleinverdiener: dieses Rollenbild ist heutzutage nur noch in wenigen Familien aktuell. Mehr als 75% Frauen mit Kindern unter 15 Jahre waren im 2021 in Österreich erwerbstätig. Dennoch bleiben auch heutzutage die Arbeit im Haushalt und die Kinderbetreuung überwiegend in Frauenhänden. Gefeiert werden sie dafür nicht. Ganz im Gegenteil. Der Druck steigt.

Während früher ein ganzes Dorf da war, um ein Kind zu erziehen, leben junge Familien gegenwärtig eher im engen Familienkreis und greifen auch deutlich weniger auf die Hilfe des Umkreises zu. Die Ansprüche an die Kinderbetreuung steigen, denn während früher Kinder den ganzen Tag im Freien herumgelaufen sind und manche Eltern nicht wirklich wussten, wo sich ihre Kinder den ganzen Tag aufhielten, verlagerte sich die Freizeit der Kinder immer mehr zwischen die eigenen vier Wände.

Auch spielen Eltern heutzutage mehr mit ihren Kindern, als es früher der Fall war. Das ist natürlich lobenswert und für die Kinder auch absolut wertvoll, doch für die Eltern heißt es deutlich mehr Aufgaben und weniger Zeit im Alltag.

3 Vollzeitjobs an einem Tag

Das Familienleben hat sich deutlich verändert, die Aufgabenverteilung innerhalb der Kernfamilie dafür eher weniger. Nach wie vor sind Frauen die Haupterzieherinnen und sie müssen auch den Haushalt im Griff haben. Beides eine Vollzeitbeschäftigung. Im Falle der Kinder sogar eine 24/7-Aufgabe. Kein Wunder, dass das Burnout unter den Müttern immer verbreiteter wird. Denn während sie früher allein für Kinder und Haushalt zuständig waren, kommt neuerdings auch noch der Job dazu. Oft ein Teilzeitjob, der durch die geringere Anzahl an Arbeitsstunden häufig sogar belächelt wird, weil frau „nur 25 Wochenstunden“ arbeitet.

Ich bin überfordert, ich brauche Hilfe!

Durch die Erziehung und das Patriarchat, in dem wir noch immer leben, neigen die meisten Frauen dazu, sich selbst auch nicht wichtig genug zu nehmen, um zu sagen: „ich bin überfordert, ich kann nicht mehr, ich brauche Hilfe“. Lieber schweigen sie und versuchen alles unter einen Hut zu bringen. Aber kaum eine schafft es, denn es ist schlicht und einfach unmöglich. Dafür ernten sie noch Kritik und werden noch mehr unter Druck gesetzt – nicht selten von anderen Müttern, welchen die Alltagsaufgaben scheinbar leichter fallen. Zu dieser Scheinwelt gehören gerade die sozialen Netzwerke, die den Druck durch perfekte Inszenierung von gelungener Work-Family-Balance ins Unermessliche treiben.

…und dann kam Papa

Nein. Dieser Artikel soll die männliche Beteiligung der Väter am Familienleben nicht klein halten oder sogar als nicht vorhanden darstellen. Es gibt tatsächlich viele Väter, die zu Hause viel helfen – mit Kindern und im Haushalt. Aber schon an diesem häufig verwendeten Ausdruck „sie helfen“ kann man gut erkennen, wer nach wie vor die Zügel in der Hand hält…

Mamas gehen arbeiten, dann holen sie die Kinder ab, gehen einkaufen, kochen, putzen, waschen die Wäsche... nonstop. Kaum einer scheint es zu bemerken. Eine verschwitzte, gestresste Mama mit zwei tobenden Kindern im Supermarkt wird eher angepöbelt, sie soll ihre Kinder ruhig stellen, anstatt ihr anerkennungsvoll den Daumen hoch zu zeigen.

Doch sieht man in der gleichen Situation einen Vater, wird dieser als toller Mann bezeichnet, der seine Frau von dieser Aufgabe heldenhaft befreit hat.

Hat ein Mann einen 60 Stunden Job und eine tolle Karriere, wird er dafür gefeiert. Nicht die Frau, die ihm den Rücken frei hält, indem sie tagtäglich den Haushalt und die Kinder übernimmt. Denn von ihr wird es schlicht und einfach erwartet. Sollte diese Konstellation andersrum stattfinden- die Frau macht Karriere und der Mann kümmert sich um den Rest- wird die Frau und Mutter oft als gefühlslos und geldgierig bezeichnet, während der Partner das arme Opfer darstellt. Oder den unter dem Pantoffel stehenden Ehemann.

Das klassische Rollenbild

Die Vorstellung von den klassischen Rollenbildern ist so tief in uns verankert, dass sogar Frauen, die sich als emanzipiert und als Feministinnen bezeichnen, oft bei ihrem Wiedereinstieg nach der Karenz nachdenken „wie mache ich es mit der Kinderbetreuung?“, anstatt sich zu fragen „wie machen WIR es?“. 

Unterbewusst ist es noch immer frauensache. Erst wenn andere kritischen Stimmen schreien „es sind EURE Kinder, nicht nur deine“, sind viele Frauen bereit umzudenken. Aber noch lange nicht alle. Noch immer werden manche protestieren und sagen „aber mein Mann hat so einen stressigen Job“.

Als wäre die Kinderbetreuung ein Sonntagsspaziergang und der Haushalt ein Hobby.

Doch solange Frauen selbst ihre Aufgaben abwerten und als nicht erwähnenswert abstempeln, werden sie dafür auch nicht gefeiert oder entlohnt. Sie bleiben unsichtbar, während Papas auf den Spielplätzen als Helden zelebriert werden und ihre Frauen beneidet, weil sie „so einen guten Fang“ gemacht haben. Kaum einer sagt „ja, er ist der Vater, es ist seine Aufgabe sich zu kümmern“. Deshalb liegt es in erster Linie an uns Müttern, ob wir unsere Stimmen erheben. Nicht nur für uns, sondern auch für unsere Töchter. Und sogar für unsere Söhne.

Denn von einer gerecht aufgeteilten Care-Arbeit profitiert schließlich die ganze Familie. Kinder und ihre Väter von der gemeinsamen Zeit, Mamas von mehr Zeit für sich und die Beziehung zwischen Mann und Frau von mehr Wertschätzung, Verständnis und gegenseitiger Liebe, wenn man sich verstanden und nicht im Stich gelassen fühlt. Wie es bei vielen Frauen der Fall ist.

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