Wenn Mama und Papa (mal wieder) eine Auszeit brauchen

Kinder sind wunderbar. Bereichernd. Sinnstiftend. Doch sie können auch nerven und anstrengend sein. Dann heißt es „fliehen“.

Seien wir mal ganz ehrlich, schließlich sind wir unter uns Eltern: Kinder sind ein Geschenk. Aber von Zeit zu Zeit überlegt man ernsthaft, das Geschenk zurückzugeben. Oder zumindest eine Zeit zu genießen, in der man wieder ganz Paar und ganz für sich sein kann.

Zuvor sollte man sich noch die Frage stellen, ob es wirklich die Kinder sind, die „nerven“ und die von Zeit zu Zeit oft akute Stresszustände verursachen.

Sind es nicht vielmehr auch die „Strukturen“, in die sie gepresst werden?

Da wären etwa: Kindergarten, Schule, Nachmittagsbetreuung usw. Sind es vielleicht diese Orte, die zwar Bildung und ein wenig Freiraum für die Eltern versprechen, aber eigentlich mehr Stress verursachen als vermindern?

Dann da sind immerhin: Schularbeiten, Termine, Elternabende und was weiß ich noch alles. Außerdem wollen zahllose Zettel ausgefüllt sein, Einverständnisse gegeben sein und überhaupt alles zu jeder Zeit im Blick behalten sein. Ja, das nennt man wohl auch mentalen Stress.

Stress, der daraus resultiert, dass alles einfach zu jedem Zeitpunkt und überhaupt laufen muss und dass man fast schon – meist gemeinsam mit dem Partner – dafür verantwortlich ist, wenn das mal nicht so ist. Sprich: Als Elternteil ist man dazu dem Wesen nach verpflichtet, dafür zu sorgen, dass alles möglichst lautlos über die Bühne geht. Das ließe sich auch – wahrscheinlich sehr treffend – Alltag nennen.

Und dieser Alltag ist es wohl auch, vor dem man hin und wieder fliehen sollte.

Das gelingt gar nicht so leicht, wie es auf den ersten Blick erscheint. Denn einfach nur ein paar Tage weg sein, die Oma oder den Opa „einteilen“, den lieben Nachwuchs zu hüten und zu versorgen, reicht in den seltensten Fällen aus. Und damit meine ich nicht, dass diese wenigen Tagen vom zeitlichen Horizont her nicht ausreichen. Damit meine ich vor allem, dass man auch in diesen Tagen oder mehreren Tagen nicht loslassen kann. So ist es zumindest bei mir sehr sehr oft.

Denn auch, wenn man weg ist, macht man sich Gedanken.

Machen es Oma und Opa zumindest genau so gut, wie man es selbst machen würde? Haben sie alles im Blick? Wird der Haushalt so erledigt, wie man es gerne hätte? Wird sich genug um die Kinder gekümmert und gelingt die Balance zwischen Freiheit und Aufsicht?

Wird man dann, wenn man heimkommt, erst recht wieder vom Alltag und vom Haushalt und von den Verpflichtungen „erschlagen“? Erschlagen auch deshalb, weil einfach in der eigenen Abwesenheit zu viel unerledigt bleibt, zu viel nicht beachtet wird und sich auch im Haushalt die Tätigkeiten – man denke etwa an Staubsaugen & Co. – ganz einfach nicht von selbst erledigt haben.

Wie entkommt man also diesem „Schlamassel“, diesem Teufelskreis aus „Flucht“ und Sorge, dass es noch dieser „Auszeit“ nur noch „schlimmer“ und unübersichtlicher wird? Ganz einfach: Mit der Erkenntnis, dass es eigentlich weder an den „nervigen“ Kindern liegt, die freilich sehr viel Arbeit überhaupt erst generieren, und auch nicht an den Großeltern. Es liegt an einem selbst!

Man muss einfach lernen, loszulassen - so komplex das ist im Detail auch ist.

Denn nur derjenige, der auch mal Urlaub von sich selbst machen kann, findet auch wirklich zur Ruhe.

Ein Ortswechsel als solcher bringt nämlich – so ehrlich muss man sein – erst einmal wenig bis nichts. Er kann zwar sinnvoll sein, weil dort eine andere „Zeitrechnung“ herrscht und andere Regeln bzw. die Abwesenheit davon, vorherrschen. Aber man kommt dann ja wieder zurück als dieselbe und derselbe. Und merkt, dass sich eigentlich nichts geändert hat und die Erholung bereits nach wenigen Stunden wie weggeblasen ist.

Fliehen also: Ja bitte! Aber am besten auch von sich selbst.

Und zwar nicht verstanden als temporäre Flucht, sondern als Perspektivenwechsel, bei dem man sowohl sich als auch die Rollen der Familienmitglieder besser und gewinnbringend erkennt, einordnen kann und damit souveräner umzugehen lernt.

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