„Erziehung ist (k)ein Kinderspiel!“ – Vom Nesthäkchen zum großen Bruder

Familienzuwachs ist für die größeren Geschwister immer eine große, aber zumutbare Herausforderung. Damit dies gelingt, brauchen sie ein wenig Unterstützung.

Die Geburt eines Geschwisterchens bedeutet besonders für das erste Kind eine enorme Umstellung und kann mit großen emotionalen Schwankungen verbunden sein: Freude, Stolz, Eifersucht, Wut, Trauer. Daher ist es wichtig, dass die Eltern und auch die anderen Bezugspersonen geduldig und verständnisvoll darauf reagieren und dem Kind helfen, mit der Enttäuschung, nicht mehr allein im Mittelpunkt der Familie zu stehen, umgehen zu lernen.

Es ist wichtig, die Bedeutung des Ereignisses für das Kind nicht zu unterschätzen, aber es auch als natürliche und zumutbare Quelle der Frustration zu sehen. Sie bringen dem älteren Kind neue Freuden aber auch Einschränkungen, die bei guter Bewältigung neue Entwicklungschancen mit sich bringen.

Gut auf die Ankunft des Babys vorbereiten

Wie wichtig dies ist, hat sich inzwischen weitgehend herumgesprochen und es gibt darüber hübsche Bücher für Kleinkinder. Wenn Mamas Bauch immer deutlicher zu erkennen ist, ist der Zeitpunkt gekommen, das Kind auf die Ankunft des Geschwisterchens vorzubereiten. Es soll ihm auch erklärt werden, warum Mama am Abend müder ist als sonst oder sie nicht so schnell laufen kann wie früher. Manche Kinder dürfen dabei sein, wenn Papa die Mama aus der Klinik abholt und schon dort das neue Baby begrüßen. In einer Familie gab es sogar ein Geschenk vom Baby an den großen Bruder zu diesem Anlass.

Gemischte Gefühle

Kinder reagieren von Natur aus positiv auf Veränderungen. Freude und Neugier werden im Vordergrund stehen, aber auch gemischte Gefühle der Eifersucht stellen sich ein. Das erste Kind wird verstärkt versuchen, die Aufmerksamkeit der Eltern auf sich zu ziehen durch bewusste oder unbewusste Reaktionen in Form von Aggressionen, trotzigem, aufmüpfigem Benehmen oder aber auch durch kleine Rückschritte in der Entwicklung: häufiges Aufwachen in der Nacht, Weinen, Einnässen oder Einkoten, Daumenlutschen, schulischer Leistungsabfall, etc.

Kritik und Ermahnungen verstärken das Problem.

Ermahnungen wie „Sei nicht so eifersüchtig/egoistisch/kindisch!“ bzw. „Du bist ja schon so groß!“, „Du musst ja schon einsehen…!“ oder gar schimpfen, beschuldigen, lächerlich machen nützen da gar nichts, sondern verstärken das Problem.

Das Ältere Kind in seiner neuen Rolle würdigen

Natürlich müssen Sie das Kleine vor tätlichen Übergriffen schützen und diese klar verbieten. Wichtig ist aber vor allem, das Ältere in seiner neuen Rolle als großer Bruder oder große Schwester zu würdigen. Es muss lernen Rücksicht zu nehmen, dafür darf es mithelfen und besondere Rechte genießen: zuerst begrüßt und gefragt werden, eigene Aktivitäten mit Mama, Papa oder den Großeltern genießen und vieles mehr.

Gefühle zulassen und verarbeiten helfen

Sie müssen Ihrem Kind die Möglichkeit geben, alle seine Gefühle auszusprechen, auch Wut, Ärger, Enttäuschung – erst dann wird es in der Lage sein, Erklärungen und Grenzen zu akzeptieren und mit Ihnen gemeinsam nach Lösungen zu suchen, damit es sich nicht benachteiligt fühlt. Wenn Sie einfühlsam und aktiv zuhören und Ihr Kind sich angenommen fühlt, wird es bald erstaunlich „vernünftig“ sein und sich kooperativ verhalten. Doch seien Sie nicht enttäuscht, wenn sich trotz bester Begleitmaßnahmen Eifersucht bemerkbar macht. Der Lern- und Reifeprozess des Kindes braucht Zeit und Geduld.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Maria Neuberger-Schmidt

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