Die Familienkonferenz
Das Wort „Familienkonferenz“ beschreibt die geplante Zusammenkunft aller Familienmitglieder, um partnerschaftlich über ein Problem zu beraten und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Bekannt auch aus dem gleichnamigen Buch von Thomas Gordon.
Die Familienkonferenz in die Familienkultur einbauen
Es muss nicht erst gewartet werden, bis Probleme auftreten. Die Familienkonferenz oder der Familienrat kann auch wie regelmäßige Teamsitzungen zur Dauereinrichtung werden.
Ein geeigneter Zeitpunkt sollte festgelegt und für alle Familienmitglieder verbindlich sein. Diese Termine sind mindestens genauso wichtig wie berufliche Termine. Wenn Kinder größer werden und jeder schon sein eigenes individuelles Programm hat, wenn Mutter und Vater viele berufliche Termine wahrzunehmen haben, sollten diese Termine gerade dann einen fixen Platz im Terminkalender aller Familienmitglieder haben, die man ohne triftigste Gründe nicht auslassen darf. Das erfordert Wille und Disziplin von allen Beteiligten, denn das Leben beinhaltet für jeden eine Fülle von Aktivitäten. Besonders Jugendliche sind verständlicherweise immer stärker außerfamiliären Interessen zugewandt. Und trotzdem: Solange man unter einem Dach wohnt, gibt es immer Gemeinsamkeiten, die es zu besprechen und zu koordinieren gibt.
Die Familienkonferenz braucht einen Moderator
Jemand muss darauf achtet, dass alle zu Wort kommen, dass nicht vom Thema abgeglitten wird, die Zeit und die Gesprächsregeln eingehalten werden, vielleicht sogar Protokoll geführt wird. Üblicherweise sind das Vater oder Mutter, aber bei größeren Kindern, die schon etwas Übung haben, kann diese Aufgabe durchaus auch delegiert werden.
Die Wünsche-Beschwerden-Anfragen Schachtel
Zu den vielen Terminen noch ein zusätzlicher? Hat man dafür überhaupt noch Zeit? Ich bin der Meinung, dass gerade eine regelmäßige Familienkonferenz hilft, Zeit zu sparen. Man muss nämlich nicht jede Kleinigkeit oder Unstimmigkeit in der Sekunde lösen, sondern man kann eine Notiz machen und in eine dafür vorgesehene Schachtel oder Mappe legen, damit nichts verloren geht.
Kleinere Kinder lieben es, so eine Schachtel oder Mappe zu basteln oder zu verzieren und fühlen sich sehr ernst genommen, wenn sie ihre Anliegen dort deponieren können. Das können auch Zeichnungen oder Symbole statt Worte sein, die an den Inhalt erinnern. Eltern oder Geschwister können die Kleineren dabei unterstützen. Manche Probleme sind vielleicht schon dadurch gelöst, dass man sich Luft machen kann, indem man sie zu Papier bringt.
Die Anliegen werden thematisch sortiert und man einigt sich auf eine Prioritätenliste. Manche Anliegen wiederholen oder überschneiden sich, andere haben sich inzwischen von selbst gelöst oder erübrigt. Andere wieder werden auf später verschoben, weil sie noch nicht dringend sind und das Zeitbudget nicht ausreicht.
Bei manchen Problemen kann es auch sein, dass sich ein Vier-Augen-Gespräch besser eignet.
Zum Einstieg: Die Befindlichkeitsrunde
Familie ist vor allem eine emotionale Angelegenheit, ein emotionaler Kochtopf sozusagen, denn nirgends ist man einander näher als in der Familie. Die wertvollste Aufgabe dieser kleinsten sozialen Zelle ist es, ein Ort oder ein Refugium zu sein, an dem alle Familienmitglieder sich wohl fühlen können.
Darum ist es wichtig, dass zunächst einmal jedes Familienmitglied sagen kann, wie es ihm geht. Das muss nicht lange dauern und kann recht lustig sein. Kinder müssen erst lernen, über Gefühle zu sprechen, manche Erwachsene haben es schon wieder verlernt.
Wir können uns mit Symbolen helfen, wie zum Beispiel:
- Ein Würfel: zeige anhand der 6 Punkte, wie gut es dir geht!
- Lustige Smilies - Zeichnungen: Sie helfen, Befindlichkeiten auszudrücken, ohne viele Worte.
- Wetterbericht: von strahlendem Sonnenschein bis Eis, Sturm und Hagel
- Bilder, die als Symbole dienen: Landschaften, Blumen, etc.
- Tierbilder oder Kuscheltiere
- Kleine Gegenstände, auch Spielsachen, die als Symbole dienen: die „Krims-Krams“-Schachtel
- Es reicht auch, einfach zu sagen: „Heute fühle ich mich wie ….“
Auf diese Weise können Dinge „ausgespuckt“ und Verständnis füreinander erzeugt werden. Die Mitteilungen über Befindlichkeiten sollten weder kommentiert noch diskutiert werden. Allerdings können Eltern nachfragen: „Was könnte dir helfen, dich besser zu fühlen?“ oder das Gesagte einfach nur wiederholen und damit zur Kenntnis zu nehmen. Es ist gleichzeitig auch eine Übung im einander Zuhören, einander Raum geben und im sich zurücknehmen, damit alle zu Wort kommen.
Das Würdigungsritual
Damit Kinder sich gut fühlen, brauchen sie ausreichend Anerkennung dafür, dass sie sind wie sie sind. Das baut ihre Laune und ihr Selbstwertgefühl auf. Darum ist es ein froh machendes und hilfreiches Ritual, einander Anerkennung zu schenken.
Jedes Familienmitglied wird aufgefordert, etwas Freundliches über die anderen zu sagen.
Beispiele: Der Bruder sagt zur Schwester: „Ich freue mich, dass du mir gestern bei der Hausübung geholfen hast.“ Die Schwester zum Bruder: „Danke, dass du heute auf mich gewartet hast.“ Die Mama sagt über ihren Sohn: „Der Thomas war gestern ein vorbildlicher Verlierer beim Mensch-ärgere-dich-nicht–Spiel. Das erfordert ganz schön viel Selbstbeherrschung!“ Der Papa zur Mama: „Ich freue mich, dass du so gut für uns kochst!“
Einander freundliche Dinge zu sagen, schafft Verbundenheit.
Verbundenheit ist besonders dann wichtig, wenn zwischen Kindern häufig gestritten wird und ihr Verhalten den Eltern Sorgen bereitet. Wenn ein Kind schlechte Noten in der Schule hat, kann es helfen, einfach zu sagen: „Ich freue mich, dass du wieder gesund bist!“ Positives oder auch „das Gute am Schlechten“ zu würdigen ist viel wirkungsvoller, als ständig Probleme zu wälzen und allzu häufig Fehlverhalten zu kritisieren. Das Positive hervorzuheben, bringt die Stärken und Bemühungen des Kindes ans Licht und schafft ein positives Selbstbild. Wer genügend Streicheleinheiten bekommt, hat weniger Frust und hat es nicht notwendig, durch Anecken aufzufallen. Es ist bemerkenswert, wie sehr man Kinder mit kleinen Beobachtungen überraschen und erfreuen kann: „Peter hat gestern seine Spielsachen eingeräumt, ohne dass ich ihn daran erinnern musste!“
Das Würdigungsritual tut auch uns Erwachsenen gut.
Bestimmt hat es auch einen positiven Effekt auf Ihre Partnerbeziehung. Allerdings wirkt es nur dann, wenn es echt ist. Man muss auch wirklich meinen, was man sagt, und darf nicht „zu dick“ auftragen, sonst wirkt es gekünstelt. Dieses Ritual taugt nur dann, wenn man sich dabei wohl fühlt. Größer Kinder könnten es auch peinlich finden.
Die durch die Befindlichkeitsrunde und das Würdigungsritual erzeugte gute Stimmung hilft, die Themen konstruktiv und effizient zu besprechen, einander zu informieren, zu helfen, Probleme zu beheben und Pläne zu schmieden, etc.
Auf den Zeitplan achten
Auch kleine Geschwister lieben es, wenn alle beisammen sind. Allerdings muss ihre Teilnahme auf das zumutbare Ausmaß beschränkt bleiben. Während die Großen reden, kann das Kleinkind auf Mamas Schoß sitzen oder sich im passenden Abstand mit seinem Spielzeug beschäftigen. Es soll sich als wertvoll und dazugehörig empfinden können.
Störfaktoren ausschalten
Die Eltern achten auch darauf, dass bei der Familienkonferenz möglichst alle Störfaktoren ausgeschaltet sind, dass kein Fernseher daneben die Aufmerksamkeit ablenkt, die Mobiltelefone ausgeschaltet sind und dass man sich für diese kurze Zeit voll aufeinander einlässt und einander vermittelt: „Du bist mir wichtig!“
Somit erfahren alle in regelmäßigen Abständen, wie es den anderen Familienmitgliedern geht, man muss es nicht jedem extra erzählen. Missverständnisse und Eifersüchteleien kommen meist erst gar nicht auf, man spart viel Zeit, weil es weniger Streit gibt. Umwege und Fehlentscheidungen werden weitgehend vermieden, weil sich Probleme erst gar nicht lange aufstauen.
Meinen Sie noch immer, Sie hätten für die Familienkonferenz keine Zeit?