Kirche mit Kind: „Lasset die Kinder zu mir kommen!“ (Aber bitte leise…)

„Aufstehen, Noah!“, flüstere ich. Noah klammert sich an meinen Arm und rutscht von meinem Schoß ein Stück weiter nach oben zu meiner Schulter. Es klingelt. Auch Mama und die anderen Personen erheben sich.

Die Orgel ertönt und im Altarraum tut sich etwas. Die MinstrantInnen und die Priester ziehen ein. Noah schaut ganz gespannt nach vorne, etwa eine halbe Minute lang. Während der Altardienst die Knie beugt, blickt er sich in der Kirche um:

„Was tut sich denn da? Was ist denn da los?“ Er schaut nach links und rechts – doch die anfängliche Spannung ist nur von kurzer Dauer.

Für einen Moment nur blickt er nach unten – und sieht auf der Kirchenbank sein Arche-Noah-Buch liegen. Er streckt seine Hand in Richtung des Buches aus und signalisiert mir damit: „Papa, darf ich dieses Buch bitte anschauen?“ Ich bücke mich nach unten und strecke es ihm entgegen. Noah schnappt sich das Buch und beginnt wild darin zu blättern. Während das Eröffnungslied ertönt, ist er schon bei der Lesung angekommen. „Eine kurze Eröffnung!“, denke ich schmunzelnd.

Ist meine Frau so cool und ich ein Nervenbündel?

Doch dann passiert es, unvermeidbar: Für einen kleinen Augenblick halte ich das Arche-Noah-Buch zu locker und es fällt auf den Boden. „Gott sei Dank war das Lied noch nicht aus!“, atme ich erleichtert auf. Doch nur wenig später passiert es ein zweites Mal – diesmal ohne musikalische Untermalung und deshalb gut hörbar. „Hat sich die Dame rechts gerade zu uns umgedreht?“

„Der Mann da vorne, hat der gerade genervt geschnauft?“

„Was denken die anderen Kirchenbesucher nur von uns? Dass wir nicht mal das kleine Buch festhalten können?“ Gedanken schießen mir durch den Kopf und lassen die Sonntagsmesse für einen Moment vergessen.Mama steht unterdessen neben uns – und lässt sich äußerlich nichts anmerken. „Wieso denkt sich meine Frau nichts? Ist sie so cool und ich so ein Nervenbündel?“

Wir setzen uns und die Lektorin schreitet zum Ambo. Noah entdeckt sie weit vorne in der Kirche, widmet ihr immerhin einen kurzen Blick – und fasst dann die kleinen Bänder im Gotteslob ins Auge. „Oh, wie bunt und spannend die sind!“, mag es wohl in seinem Kopf summen. Und schon streckt er den Arm aus und verlagert sein Gewicht gekonnt, um dem kleinen Büchlein etwas näher zu kommen. Meine Aufgabe ist es derweil, ihn galant auf meinen Armen auszubalancieren, damit auch wirklich niemand mitbekommt, wie wenig Noah der Messe folgt.

Aber mal ehrlich: Wie sehr kann ein Kind im Alter von gerade einmal einem Jahr einer Messe folgen?

Setzen wir da nicht zu hohe Maßstäbe, wenn wir von unserem Kind – und wenn nur unterbewusst – erwarten, dass es fünfundvierzig Minuten still und andächtig dasitzt? Und das vielleicht genau zu der Tageszeit, zu der es normalerweise durchs Wohnzimmer saust? Fragen wie diese prägen jedes unser Sonntagsmittagessen. Dabei sollte es doch das Natürlichste der Welt sein, als Familie die Messe zu besuchen. Oder doch nicht? In unserem Blog liest in unregelmäßigen Abschnitten echte Erlebnisse aus der Sonntagsmesse. Du erfährst, wie es uns als junge Familie im Gemeindegottesdienst geht – und ob ein Kindergottesdienst vielleicht die bessere Wahl wäre.

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