Das Kind annehmen, wie es ist: 10 Wege

Wenn Kinder mühsam sind oder anders als wir selbst, sind wir herausgefordert – und können daran wachsen. Wichtig ist, das Kind wertzuschätzen und anzunehmen, wie es ist. Wie das praktisch funktioniert, zeigen diese wertvollen Tipps.

 

Es sagt sich so einfach: „Nehmen Sie Ihr Kind so an, wie es ist.“ Säuglinge, die an der Brust nuckelnd, friedlich in den Armen ihrer Mutter liegen, Zweijährige, die staunend jeden Handgriff ihres Vaters beobachten, während er das kaputte Spielzeug repariert, oder die an den Lippen ihrer Eltern hängen, wenn diese erklären, warum Schnee kalt ist, sind leicht zu lieben. Auch Trotzanfälle kann man da noch leicht als eine „Phase, die vorübergeht“ entschuldigen.

Anders ist es, wenn die eine oder andere nicht so gute Charaktereigenschaft immer mehr zum Vorschein tritt oder wir gar ein schwieriges Kind haben. Ein Kind, das schnell aggressiv reagiert, wenn ihm etwas nicht passt, oder körperlichen Kontakt eher ablehnt. Ein Kind, das sich mit anderen Kindern so schwertut, dass wir unsere sozialen Kontakte auf ein Minimum reduzieren müssen.

Bei ihren Eltern sollen sich Kinder angenommen fühlen – egal, wie schwierig sie sind.

Oder schlicht und einfach ein Kind, dessen Charakter konträr zu unserem ist: Wir bevorzugen das kreative Chaos, während unser Sohn ausflippt, wenn nicht alles genau an seinem Platz steht. Wir lieben es, uns mit allen Emotionen mitzuteilen, während unsere Tochter introvertiert und kühl sich lieber in ihrem Schneckenhaus zurückzieht. Oder wir sind eine Familie der Sportskanonen, die schon immer den ersten Preis bei allen Wettbewerben eingeheimst hat, und haben plötzlich einen Sohn, der den Tag am liebsten hinter Büchern verbringt.

Hier wird die bedingungslose Annahme unseres Kindes oft zu einer Herausforderung, vielleicht ohne dass wir uns dessen bewusst sind.

Wir lieben unser Kind, daran besteht kein Zweifel, aber wir wünschen uns insgeheim, es wäre doch ein wenig anders.

Manche Eltern fragen sich schon mal verwundert, wie dieses Kind nur in ihre Familie „geraten“ konnte, ist es doch so anders geartet als der Rest. Und es kann auch der Moment kommen, wo wir so richtig wütend auf unser Kind und seine ganze Art sind, meist dann, wenn wir uns der Situation nicht gewachsen fühlen.

Was können wir tun, um unser Kind so anzunehmen wie es ist?

#1 Charakterunterschiede als Chance für unser persönliches Wachstum

„Jeder Mensch bekommt das Kind, das er braucht, um über sich selbst hinauszuwachsen,“ las ich vor langer Zeit und werde jedes Mal daran erinnert, wenn ich mich wieder einmal über eines meiner Kinder ärgere.

Unterschiedliche Charaktere sind eine Herausforderung an unser eigenes Ich. Betrachten wir gerade die Kinder, die es uns nicht leichtmachen, als Chance, an uns selber zu arbeiten, indem wir ein Stück weit an Geduld, an Respekt vor anderen Menschen, an Kompromissbereitschaft dazugewinnen.

#2 Lernen wir unsere Kinder gut kennen

Lernen wir den Charakter unserer Kinder, aber auch den eigenen Charakter gut kennen. Wenn wir uns mit den verschiedenen Charaktertypen auseinandersetzen, gewinnen wir oft wertvolle Erkenntnisse darüber, wie wir mit den Unterschieden besser zurechtkommen. Ein guter Tipp ist hier “Einfach typisch” von Florence Littauer. Dieses Buch beschreibt nicht nur die wichtigsten Charaktertypen, sondern auch, wie wir mit jedem von ihnen idealerweise umgehen sollen.

#3 Vergleiche sind gefährlich

Klar vergleichen Eltern ihre Kinder in Gedanken miteinander. Aber vermeiden wir es, dies in wertender Weise zu tun: „Ach, wäre Klara doch so einfach wie Max.“ „Bei Anni werde ich nur ungeduldig, wenn ich sie schon reden höre. Wenn sie doch etwas von Sabines Ruhe hätte.“

Kinder haben einen sechsten Sinn für die innere Haltung ihrer Eltern und spüren, dass sie über ihre Eigenschaften urteilen.

Vermeiden Sie es, Ihre „einfachen“ Kinder immer als Vorbild hinzustellen.

#4 Keine negativen Verallgemeinerungen

Vermeiden Sie verallgemeinernde Aussagen zu Ihrem Kind über seinen Charakter: „Du bist immer so ungeschickt. Alles musst du umhauen.“ oder: „Du bist so mühsam. Ich halt das schon nicht mehr aus.“ Das sind Aussagen, die unsere Kinder in eine Schublade hineinstecken, aus der sie schwer herauskommen. Meistens verstärken solche Kommentare das jeweilige Verhalten, weil Kinder durch solche Verallgemeinerungen das Gefühl bekommen, sie können sich sowieso nicht ändern und dadurch resignieren.

#5 Die Handlungen kritisieren – nicht die Person

Wenn Sie Ihr Kind zurechtweisen müssen, kritisieren Sie die Handlung, nicht die Person.

„Lara, ich finde es nicht okay, wenn du anderen Kindern wehtust. Bitte, hör auf damit!“ ist weniger verletzend als zu sagen „Lara, du bist immer so aggressiv. Du wirst bald keine Freunde mehr haben.“

#6 Nicht immer dasselbe Kind schimpfen

Vermeiden Sie es, immer dasselbe Kind zur Zielscheibe ihrer Kritik zu machen. Es gibt die Kinder, die immer Anlass geben zum Schimpfen, während andere selten ins Visier unserer Kritik kommen. Realisiert ein Kind, dass es in der Rolle des „Schlimmen“ auch irgendwo eine Hauptrolle spielen kann, nistet es sich in dieser Rolle ein und findet sich damit ab.

Suchen wir daher jede Gelegenheit, so ein Kind zu loben und ihm positive Anerkennung zu schenken. Erwischen wir das Kind beim „Gutsein“.

#7 Wertschätzung zeigen durch ungeteilte Aufmerksamkeit

Widmen Sie jedem Kind täglich eine ganz eigene Zeit – und wenn es nur zehn Minuten sind. Zeigen Sie ihm durch Blickkontakt und aufmerksames Zuhören, dass sie ganz bei ihm sind, ohne sich nebenbei noch mit anderen Dingen zu beschäftigen. Suchen Sie Körperkontakt, soweit es das Kind zulässt.

#8 One-on-ones sind Goldes Wert

Gelegenheiten, bei denen Sie mit einem Ihrer Kinder allein sind, gibt es wohl nicht so oft. Versuchen Sie dennoch hin und wieder, eine solche Möglichkeit zu schaffen, indem Sie zu zweit ein Eis essen gehen, gemeinsam Waffeln backen oder sich beim Kegeln messen.

#9 Lernen Sie die Momente kennen, in denen sich Ihr Kind gerne mitteilt

Manche Kinder plaudern gerne während gemeinsamer Autofahrten, andere öffnen sich beim Geschirr-Abwaschen und wieder andere werden beim Gutenachtsagen gesprächig.

Entdecken Sie die bevorzugten Plauderstunden Ihrer Kinder und nützen Sie diese für gute Gespräche, statt sie mit einem „Jetzt ist es schon spät“ oder „Jetzt kann ich grad nicht“ abzublocken.

Kinder sind kein Radiogerät, das man an- und ausmachen kann, wenn man selber gerade Zeit hat.

#10 Blicke sagen alles

„Blicke können töten“ sagt man. Blicke offenbaren unser Wohlwollen oder unsere Abneigung. Achten wir daher darauf, mit welchem Blick wir unsere Kinder anschauen. Zeigen Sie jedem Ihrer Kinder, dass Sie sich freuen, dass es da ist. Ganz besonders jenem, mit dem Sie sich schwerer tun. Mit einem aufmunternden Blick, einem Lächeln und einem liebevollen Kommentar: „Oh super, dass du mitkommst.“

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Ein Artikel von

Portraitfoto Christina Schmidt

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