10 Lebenskompetenzen für gesunde und stabile Persönlichkeiten – Teil 4

Indem man die Lebenskompetenzen von Kindern fördert, stärkt man nicht nur ihre Persönlichkeit oder trägt einen wichtigen Teil zur Präventionsarbeit bei, viel mehr wird auch wertgeschätzt wer und wie sie sind. Wir steigern damit ihre Lebensqualität, ihren Selbstwert und legen so den Grundstein für ein resilientes und glückliches Leben.


1. Emotionale und soziale Kompetenz

Die Qualität unserer sozialen Beziehungen ist geprägt von der Fähigkeit emotionaler und sozialer Kompetenz. Der Erwerb dieser Fähigkeiten ist eine wichtige Entwicklungsaufgabe und trägt maßgeblich zur Entwicklung einer stabilen und gesunden Psyche bei.

  • Emotionale Kompetenz ist die Fähigkeit, eigene Emotionen zu erkennen, der Situation angemessen damit umzugehen und dies von den Emotionen anderer Menschen abgrenzen zu können.
  • Soziale Kompetenz ist die Fähigkeit, persönliche Ziele innerhalb sozialer Interaktionen zu erreichen, während gleichzeitig die Beziehung zu anderen, über die Zeit und über verschiedene Situationen hinweg, aufrechterhalten wird.


Schlüsselfertigkeiten für emotional-soziale Kompetenz

  • Wahrnehmung und Benennung eigener Emotionen
  • Regulation von Emotionen (z.B. Intensität, Dauer)
  • Positives Selbstbild - Eigene Stärken und Schwächen erkennen und alltäglichen Herausforderungen mit Selbstvertrauen und Optimismus begegnen
  • Perspektivenübernahme - Sichtweise anderer Personen wahrnehmen
  • Aktives Zuhören
  • Gespräche initiieren und aufrechterhalten, eigene Gedanken und Gefühle verbal und nonverbal ausdrücken
  • Kooperation - Sich mit anderen abwechseln und teilen
  • Verhandlungen - In einem Konflikt alle Sichtweisen berücksichtigen und Lösungen finden
  • Verweigerung - Nein sagen und sich nicht unter Druck setzen lassen
  • Aktive Suche nach Unterstützung - nach Hilfe fragen

 

Wie gut das gelingen kann und wann sich diese Kompetenzen ausbilden können, ist unter anderem vom Temperament des Kindes (ruhig, aufgeregt), der Sprachentwicklung (verzögert, andere Muttersprache), der Eltern-Kind-Beziehung (was wird zuhause vorgelebt) und der Kontaktmöglichkeit zu anderen Kindern (seit wann ist das Kind im KIGA, lebt das Kind am Land und Gleichaltrige sind weit entfernt) abhängig.

 

Wie kann ich diese Kompetenzen stärken?


Die drei Schätze

Zwei Kinder (oder ein Elternteil mit Kind) bilden zusammen ein Paar. Einem Kind werden die Augen verbunden. Das andere Kind führt es durch den Raum/Garten/Wald. Das führende Kind soll dem anderen, dessen Augen verbunden sind, drei Schätze präsentieren. Dies können Spielgegenstände, Steine, Äste, etc. sein. Das Kind mit den verbundenen Augen soll die Gegenstände genau untersuchen (fühlen, hören, riechen) und danach zurücklegen. Nach den drei Schätzen geht das Paar zurück an den Ausgangsort. Die Augenbinde wird abgenommen. Das Kind, dessen Augen verschlossen war, soll nun die drei Schätze wieder finden.


Rollen thematisieren (an das Alter angepasst)

Die unterschiedlichen Rollen bzw. die Beziehungen, die man eingehen kann, oder die schon bestehen, können besprochen werden. Ich bin:
Sohn/Tochter, Schüler/Schülerin, Freund/Freundin, Teamkollege/Teamkollegin. Wie grenzen sich diese Rollen zueinander ab? Was ist in der einen Beziehung erlaubt und in der anderen nicht? Welche Eigenschaften zeige ich in welcher Beziehung? Beispiele: Als Sohn/Tochter spreche ich mit meinen Eltern über meine Ängste, als Schüler/Schülerin
vielleicht eher nicht.

Im Team ist es wichtig Gemeinschaftssinn zu haben, in der Schule achte ich zuerst auf meine Bedürfnisse und ob ich alles verstehe, bevor ich anderen helfe. In einer Liebesbeziehung ist es OK, wenn ich körperlich jemandem näher komme, wenn er es auch möchte, in der Schule oder bei fremden Leuten ist das nicht angebracht.


Nein-Sagen

Nein sagen ist wichtig! Je nach Alter, kann das Nein-Sagen thematisiert und geübt werden. Was bedeutet alles nein? (Kopfschütteln, mit der Hand Stopp deuten, welchen Gesichtsausdruck kann man dabei haben...) Wann sage ich nein? Wie kann ich nein sagen, ohne jemanden zu kränken? (Statt Nein - ja gerne ein anderes mal usw.)


2. Entscheidungsfähigkeit

Entscheidungsfähigkeit ist die Fähigkeit, aktiv und selbstbestimmt die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten voll wahrzunehmen, sie gegenüberzustellen, abzuwiegen und zwischen den Optionen zu wählen. Das schließt stets selbstständige, kreative Zielsetzungen mit ein. Auch die Ablehnung einer Entscheidung, ist eine Entscheidung. Entscheidungen sollten immer im Rahmen der Kompetenz und der geistigen Entwicklung stattfinden. Kinder die zu früh, zu viel oder ihrem Alter unangemessene Entscheidungen treffen sollen, werden damit schnell überfordert.

„Es gibt drei Wege der Entscheidung: Der erste ist der durch Nachahmung,
das ist der einfachste. Der zweite ist der durch Überlegung, das ist der edelste. Und der dritte ist der durch Erfahrung. Das ist der bitterste.“ – Konfuzius


Wie kann ich sie stärken?

 

Alltagsentscheidungen – Experimente und ihre Konsequenzen
zulassen

Für Alltagsentscheidungen Zeit nehmen und ausprobieren lassen, ohne Prophezeiungen. Das Kind möchte bei 10 Grad ohne Jacke hinausgehen.


Die Entscheidung respektieren und ausprobieren lassen.

Die Jacke mitnehmen oder genug Zeit einplanen, um nochmal zurückzugehen. Das Kind möchte gerne das Marmeladebrot in den Wasserbecher stecken. Erfahren lassen, dass das Marmeladenbrot dann vielleicht nicht mehr so gut schmeckt.


Partizipation

Kinder dem Alter entsprechend an Entscheidungen teilhaben lassen und dies auch reflektieren (Wochenplanung, Menüplanung, Freizeitgestaltung). Wieso entscheidest du dich so? Wie hast du deine Entscheidung getroffen? Welche Kriterien hast du bedacht? Was denkst du hat das für Auswirkungen? Dabei ist es wichtig zu wissen, was in welchem Alter möglich ist. Ein dreijähriges Kind hat z.B. noch wenig Verständnis dafür wie lange eine Woche ist und wäre mit einer Wochenplanung eventuell
überfordert. Kindern bis zu 6 Jahren können zum Beispiel bis zu drei Möglichkeiten angeboten werden, aus denen sie wählen können. Wer sich unsicher ist, kann sich Ideen von Pädagog:innen holen.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Melanie Scheucher

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