Langeweile ist öde!

„Mir ist soo langweilig!“, welcher Elternteil fürchtet diese Aussage nicht? Ist Kindern langweilig, geht jeder Tipp ins Leere. „Nein, darauf habe ich keine Lust!“, ist die Standardantwort. Meist ist der letzte Ausweg, den Kindern Filme oder Computerspiele anzubieten.

Doch führt dies wirklich zum Ziel? Auf der Suche nach den Ursachen für Langeweile und wie wir ihr konstruktiv begegnen können.
 

Spielzeug mit eingeschränkten Möglichkeiten langweilt

Viele Kinderspielzeuge wie sprechende Puppen, ferngesteuerte Autos oder Roboter scheinen auf den ersten Blick zwar perfekt, haben aber nur wenige Funktionen. Ist der Zweck erfüllt, kommt bereits nach ein paar Minuten Langeweile auf, da es keine Möglichkeiten gibt, das Spielzeug anders zu nutzen.

Hier eignen sich Spielsachen besser, die unterschiedlich verwendet und mit anderen Dingen kombiniert werden können sowie der eigenen Fantasie Raum lassen.
 

 

Zu viel Spielzeug überfordert

Oft besitzen Kinder zu viele Spielsachen. Eines nach dem anderen wird kurz ausprobiert, um schnell wieder zur Seite gelegt zu werden. Das Angebot ist so groß, dass sich die Kinder überfordert fühlen und nicht für eine Sache entscheiden können. Sind alle Spiele durchprobiert, kommt es zur Langeweile.

Als unser Sohn klein war, räumte ich in solchen Situationen stets ein paar Kisten mit Spielsachen weg, um sie Wochen später wieder herauszuholen. Dies ermöglicht es den Kindern, sich wieder darüber zu freuen, sich leichter entscheiden und tiefer auf eine Spielphase einzulassen zu können.
 

 

Passive Reize lassen keinen Raum für Fantasie

Auch wenn Kinder zu vielen passiven Reizen ausgesetzt werden, entsteht Langeweile. Ständiges Fernsehen, uneingeschränkte Handy-Nutzung, Computerspiele, abgesehen von der Flut an Reizen bleibt hier wenig Raum für eigene Ideen, geschweige denn die eigene Fantasie.

Das Erfolgserlebnis nach Bewältigung einer Aufgabe fehlt, die Kinder kommen nicht in den „Flow“ und die Langeweile bleibt bestehen.

 

Ständige „Bespielung“ ist kontraproduktiv

Kaum ist der Kindergarten oder die Schule aus, geht es in die nächste Gruppe. Die Auswahl ist groß. Sport-Camps, handwerkliche Workshops, Computer- und Technikkurse oder soziale, persönlichkeitsbildende und geistige Freizeitangebote. Sind unsere Kinder diese Lebensweise erst einmal gewöhnt, entsteht schnell Langeweile. Da sie keine Situation kennen, in der sie nicht betreut oder „bespielt“ zu werden.

Experten raten daher zu höchstens ein bis zwei zusätzlichen Kursen pro Woche im Kindergartenalter.

 

Auch wenn wir es nur gut meinen und unsere Kinder fördern möchten, sollten wir ihnen Freiräume lassen. Freizeit, in der sie sich selbst etwas ausdenken, sich allein beschäftigen können. Räume, in denen Platz für die eigene Fantasie bleibt und Ideen wachsen können.

Als unser Sohn klein war, beklagte er sich ständig nach schönen Ausflügen „er hätte keine Zeit zum Spielen gehabt“. Anfangs waren wir komplett verwirrt, da er ja den Ausflug genossen und die ganze Zeit gespielt hatte. Bis wir verstanden, dass er die Zeit mit sich allein meinte, in der er aktiv seinen Bedürfnissen und seiner Fantasie nachkommen konnte, ohne Impulse, Angebote und Reize von außen.

 

Dauerlangweile kann auf Probleme hinweisen

Empfinden wir Langweile, haben wir den Kontakt zu uns selbst, unseren Interessen und unserer Kreativität verloren, so die Psychologin und Buchautorin Verena Kast. Häufen sich Phasen von Langeweile, Lustlosigkeit und Traurigkeit, kann dies ein Anzeichen für Probleme in Kindergarten oder Schule sein. Hier hilft es nachzufragen, den Rücken zu stärken und bei Bedarf Kontakt mit dem Erziehungspersonal aufzunehmen.

Unterstützend wirkt auch, sich mehr Zeit für das Kind zu nehmen, gemeinsam zu spielen und so stärkende Erlebnisse zu schaffen.

 

Langeweile fördert Kreativität

Doch manchmal ist Langeweile auch ganz normal. Sie entsteht nach einer sehr intensiven Spielphase und stellt nur den Zwischenschritt vor einer neuen Idee dar. Wie eine notwendige Pause zwischen zwei Arbeitseinheiten. Ebenso entsteht Langeweile, wenn Kinder in ihrer Freiheit eingeschränkt sind, wie bei Verwandtenbesuchen. Hier gilt es neben vorbereiteten und mitgenommenen Spielmöglichkeiten auch Verständnis für die Gefühle der Kinder zu zeigen. Und ihnen zuzutrauen, das Problem alleine lösen zu können.

„Ich kann deine Langeweile echt verstehen. Ich bin sicher, dir fällt bestimmt wieder etwas ein, das du tun könntest.“

 

Was also tun? Ideen gegen Langeweile

Anregungen sind O. K., letztendlich muss das Kind jedoch selbst entscheiden, was es als Nächstes spielen möchte.

 

Ideal sind Spielsachen

  • die zu eigener Aktivität anregen,
  • so viele Sinne wie möglich ansprechen und
  • die Möglichkeit bieten neue Erfahrungen zu machen.

 

Dazu zählen Bauklötze aller Art genauso wie Verkleidungskisten und ausreichendes Bastel- und Zeichenmaterial. Systeme wie Duplo, Lego und Matador bieten Vorlagen zum Nachbauen, lassen aber auch genug Spielraum für eigene Ideen.

Hörbücher oder Toniebox sind eine gute Alternative für Videos, wenn einmal keine Zeit zum Vorlesen ist. Sie eignen sich, um kurze Phasen von Langeweile zu überbrücken und gleichzeitig die Fantasie zu trainieren.
 

Ist Kindern langweilig, ist dies eine Chance zu lernen, mit sich und dieser Situation allein zurechtzukommen. Nichts hebt das Selbstwertgefühl so wie das Empfinden der eigenen Selbstwirksamkeit, indem selbst Ideen entwickelt und langweilige Situationen befriedigend gestaltet werden.

 

Quellen:

  • Langeweile - Bayerischer Erziehungsratgeber (bayern.de)
  • Häufig gestellte Fragen: Langeweile | kindergesundheit-info.de
  • Vom Umgang mit der Langeweile (familienhandbuch.de)
  • Erziehung: Warum Langeweile für Kinder wichtig ist - Gesellschaft - SZ.de (sueddeutsche.de)
  • Die 10 schönsten Spiele gegen Langeweile für die ganze Familie - gofeminin.

 

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Portraitfoto Regina Madgalena Smrcka

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