Von Bedürfnissen und Gefühlen: Kommunikation in der Familie

Viele werfen sich gegenseitig an den Kopf, was den einen am anderen stört, was nicht selten zu einem Streit führt, der auch beim nächsten Mal wieder gerne auf den Tisch gepackt und doch nicht gelöst wird. Nicht nur, dass diese Konflikte sehr ärgerlich sind, kosten sie auch enorm viel Energie.

Dahinter stehen meistens Gefühle und Bedürfnisse, die unerkannt oder unerfüllt sind. Sich diesen bewusst zu werden, kann ein Schritt in eine deeskalierende Kommunikation sein. Hinter dem Streit über ein unaufgeräumten Zimmers steckt vielleicht ein Gefühl von Ärger, weil dem Bedürfnis nach Ordnung nicht nachgekommen wird.

In Kontakt zu unseren Gefühlen zu sein, scheint esoterisch oder gefühlsduselig dahergeredet zu sein, aber in Wahrheit löst alles, was uns umgibt, jeder Geruch, jedes Geräusch oder jede zwischenmenschliche Erfahrung, Gefühle in uns aus. Je mehr wir über unsere eigenen Gefühle wissen, desto eher werden uns unsere Bedürfnisse bewusst und desto besser können wir auch unseren Kindern einen gesunden Umgang damit vorleben.

Reden will gelernt sein

Der Zugang zu unseren Gefühlen und vor allem unseren Bedürfnissen ist manchmal nicht einfach. Oft haben wir schon in unserer Kindheit verlernt unsere Bedürfnisse zu äußern. Dies kann so, oder so ähnlich, passieren: Ein Kleinkind klettert und fällt, es weint. Ein Erwachsener kommt und sagt: „Ach, ist ja nichts passiert, brauchst nicht weinen, alles wieder gut.“ Kinder weinen nicht nur wenn sie sich wehgetan haben, oft können sie sich nicht anders ausdrücken. Das Kind könnte geweint haben, weil es sich darüber ärgert, etwas nicht geschafft zu haben, es bräuchte vielleicht Ermutigung oder Trost um weiterzumachen. Vielleicht wäre: „Ärgerst du dich, dass du gestolpert bist? Versuch es nochmal, ich bin da“, in manchen Fällen eine Alternative.

Wozu jetzt das Ganze?

Anstatt zu sagen: „In deinem Zimmer schaut es immer aus wie in einem Saustall, räum endlich auf“, könnte man sagen: „In deinem Zimmer liegt XY am Boden herum, das ärgert mich, weil ich mich in Ordnung viel wohler fühle, es würde mich freuen, wenn du aufräumst.“ Diese Form der Kommunikation kann deeskalierend wirken und hilft den Gesprächspartnern den jeweils anderen besser verstehen zu können.

Klar, das klingt viel komplizierter und ist keine Garantie dafür, dass der Teenager, der gerade zufrieden ist und das Bedürfnis nach Ordnung nicht teilt, dann plötzlich das Zimmer aufräumt. Einen Versuch ist es trotzdem Wert und die Wahrscheinlichkeit, dass einem die Tür vor der Nase zugeknallt wird, ist auch nicht mehr so groß.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Melanie Scheucher

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