Warum mein Sohn selber essen und patzen darf

„Essen soll Spaß machen!“

Ich weiß noch genau, in welcher Situation ich diesen Satz zum ersten Mal gehört habe. Seitdem lässt er mich nicht los. Er hält mich bei der Stange, wenn mich beim gemeinsamen Essen wieder einmal die Geduld verlässt. Er hält mich aufrecht, wenn ich wieder einmal über die Arbeit lästere, jeden Tag frisch zu kochen, anstatt Fertigmenüs ins Haus zu lassen. Und ich denke an ihn, wenn ich Obst- und Gemüseflecken selbst mit „dem“ Waschmittel aus der Werbung nicht mehr aus den Bodys herausbekomme.

Denn dieser Satz stammt nicht von irgendjemandem. Nein, er stammt von unserem Kinderarzt! Na super, ein Freibrief dafür, bei Tisch patzen zu dürfen, und das auch noch von unserem Arzt, dachte ich mir. Doch im Grunde geht es nur darum, das Essen mit allen Sinnen zu genießen, zu kosten, neue Dinge auszuprobieren und vor allem, als Kind selber essen zu dürfen. „Baby alleine“ sagt unser Sohn immer, um zu betonen, dass er das schon alleine kann. Ungeachtet der Nudeln und Karotten, die beim „Selber-Essen“ auf dem Boden landen, weil der Löffel doch noch nicht ganz in den Mund passt.

Kindern Möglichkeit zum Selberlernen geben

Die Freiheit, Dinge selber lernen zu können, bedeutet zwar erheblich mehr Aufwand und vor allem Nerven, aber auch mehr Selbstbewusstsein bei unserem Sohn und damit verbunden auch mehr Stolz bei uns.

Eine Mutter in der Sandkiste erzählte mir von einer Studie, die ergab, dass viele amerikanische Kinder bestimmte Gemüsearten und Lebensmittel gar nicht mehr kennen. Da wurde mir wieder bewusst, warum ich mir dies alles antue.

Es geht nicht nur um das „Selber machen“, es geht auch um Qualität statt Quantität. Etwas schmecken, berühren, kosten zu dürfen. Um die Qualität der Lebensmittel, aber auch um Lebensqualität.

Gemeinsam mit lieben Menschen genießen zu können anstatt nebenbei schnell ein Weckerl hinunterzuwürgen. So gibt es bei uns die Regel, beim Essen zu sitzen. Es muss nicht aufgegessen werden, aber wir versuchen, bewusst zu essen. Lange Zeit war unser Sohn dies so gewöhnt, dass er im Gehen gar nicht essen konnte.

So nehme ich mir vor, auch mir wieder mehr Zeit für qualitätsvolle Nahrung zu gönnen. Mir wieder regelmäßig ein warmes Mittagessen zu kochen, besonders jetzt im Winter. Nur für mich alleine. Anstatt bis zum gemeinsamen Familienmahl am Abend mit einer schnellen Jause auszukommen.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Regina Madgalena Smrcka

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