Kinder optimal fördern ist absolut notwendig

Unsere Kinder bewusst zu fördern, ist richtig und notwendig. Es ist zu wenig, alles nur dem natürlichen Lauf der Dinge zu überlassen.

Musikalische Früherziehung, Babyschwimmen oder Kinderturnen? Selbstverteidigung, Ballett bis hin zu Jonglierkursen: Unzählige Angebote für jedes Alter setzen Eltern unter Druck, genug für die optimale Förderung ihrer Kinder zu tun. Eltern müssen sich allabendlich fragen, ob sie an diesem Tag ausreichend viel für die Synapsenbildung ihrer Kleinsten unternommen haben und sie diese so gefördert haben, dass sie es eines Tages erfolgreich durch Kindergarten, Schule und Job schaffen werden. Und tatsächlich, unser Kind bewusst zu fördern, ist richtig und notwendig. Es ist zu wenig, alles nur dem natürlichen Lauf der Dinge zu überlassen.

Aber optimale Förderung ist oft viel einfacher, als wir es uns vorstellen und bedarf nicht immer der logistischen Höchstleistungen, der sich manche Eltern unterziehen. Denn wir finden Förderung oft da, wo wir es gar nicht vermuten. Und umgekehrt, nicht überall, wo „Förderung“ draufsteht, ist Förderung drin. Optimale Förderung bedarf einiger Grundvoraussetzungen, einiger Zutaten, die für jedermann erreichbar sind. Was sind nun diese Zutaten, die ein Kind befähigen, möglichst viel und auch noch mit Freude zu lernen, ohne dass sein Alltag zum Stressprogramm wird?

# Beziehung als Grundstein

Das Fundament, auf dem alles aufbaut und ohne das jede elterliche Bemühung umsonst ist, ist die verlässliche Beziehung zu fixen Bezugspersonen, im optimalen Fall, die Eltern. Ein Kind, das Eltern hat, die in greifbarer Nähe sind, bei denen es regelmäßig Zuwendung, Aufmerksamkeit und bedingungslose Annahme erfährt, das sich auf eine liebevolle Beziehung verlassen kann, hat bereits die beste Grundlage für seine zukünftige Entwicklung bekommen. Auf diesem sicheren Boden hat ein Kind Freude am Lernen und wird sich gerne auf Entdeckung in die Welt begeben und alles, was es aufnimmt, gut verarbeiten.

# Die Persönlichkeit formen

Ein gutes Selbstwertgefühl entwickeln, Schüchternheit besiegen, sich in andere hineinzuversetzen, Verantwortung übernehmen können oder Konflikte gut lösen, all dies sind Beispiele für Eigenschaften, die ein Kind benötigt, um „fit for life“ zu werden. Gute Charaktereigenschaften zu entwickeln, helfen einem Menschen, gut durch Schule und Beruf zu kommen, beziehungsfähig zu werden, Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen. Ein Kind dabei zu unterstützen, seine Persönlichkeit zu formen, ist das Kernstück optimaler Förderung.

# Genügend Zeit lassen

Um zu lernen, benötigt ein Kind vor allem Zeit, damit es die alltäglichen Abläufe mit Ruhe erlernen kann. Jacke anziehen, Schuhe binden, Spielsachen aufräumen, Zähne putzen, alles Routinetätigkeiten, die wir Erwachsene gerne in fünf Minuten erledigt hätten. Doch für Kleinkinder sind gerade diese alltäglichen Abläufe ein wichtiger Grundstein ihrer Entwicklung. Und hier ist Stress ein Lernkiller. Je mehr Druck wir ausüben, desto mehr beginnen Kinder zu trödeln und sich unseren Anforderungen zu verschließen. Denken wir in diesen Momenten einfach daran, dass all diese kleinen Handlungsabläufe in Ruhe zu üben, die wertvollste Förderung ist, die wir einem Kleinkind mitgeben können. Je besser es gelernt hat, sich zum Beispiel selbstständig anzuziehen, ohne dass wir alles ständig an uns reißen, um den Vorgang zu beschleunigen, desto besser und selbstbewusster wird es einmal schwierigere Aufgaben lösen können.

#  Fehler machen dürfen

Im Skikurs meiner Tochter, gab es einen Buben, dessen Mutter dem Kurs den ganzen Tag hinterhergefahren ist, um gleich bei der Stelle zu sein, wenn ihr Sohn einen Sturz bauen sollte oder um ihm auf den Skilift zu helfen. Wahrscheinlich gehören Sie nicht zu dieser extremen Art von Helikoptereltern. Lassen Sie Ihr Kind Fehler machen. Fahren Sie ihm nicht in die Schule nach, wenn es wieder mal seine Zeichenmappe vergessen hat, oder laufen Sie ihm nicht alle paar Meter hinterher, um einen Sturz zu verhindern. Fehler ermöglichen nachhaltiges Lernen. Fehler unser Kinder dauernd auszubügeln oder ihnen gar zuvorzukommen, nimmt ihnen eine der wichtigsten Lernerfahrungen und eine wichtige Chance, als Mensch zu reifen.

Junge spielt mit Hund

# Pausen einplanen

Viele Kinder haben – wenn auch nicht gleich den Terminkalender eines Managers – doch tendenziell zu viel Programm. Für die meisten Kinder ist der Kindergarten- bzw. Volksschulalltag Auslastung genug, häufige Nachmittagsunternehmungen eine Überforderung. Dabei übersehen wir, wie wichtig Pausen und Zeit für Muße für den Lerneffekt sind. Die Zeiten „dazwischen“, in der Kinder einfach herumhängen und die uns als Eltern auf den ersten Blick als nutzlos erscheinen, haben einen wichtigen pädagogischen Wert. Gelerntes muss verarbeitet werden. Pausen und Leerlauf sind der Garant für Nachhaltigkeit beim Lernen. Wenn keine Zeit vorhanden ist, um die gemachten Erfahrungen zu verdauen, können sich diese nicht setzen und hinterlassen keine langfristigen Spuren in uns. Optimale Förderung verlangt Zeit zum Nichtstun, so paradox es klingen mag.

# Bewegung

Bewegung fördert die Konzentration und Aufmerksamkeit. Wer sich bewegt, aktiviert die motorischen Zentren seines Gehirns. Diese Zentren spielen eine wesentliche Rolle dabei, wie Informationen verarbeitet werden. Studien mit Schulkindern, die täglich Sportunterricht haben, zeigen, dass diese bessere Schulleistungen aufweisen als Kinder mit weniger Sport und mehr Unterricht in anderen Fächern. Je mehr Bewegung, desto besser lernt ein Kind. Noch eine Qualitätssteigerung ist es, wenn die Bewegung in der Natur stattfindet.

# Bücher, Bücher, Bücher

Das Lesen ermöglicht es Kindern, Lebensbereiche zu entdecken, die über ihren kleinen Alltag hinausgehen. Keine andere Tätigkeit erschließt dem Kind so viele neue Welten, wie ein Buch zu lesen. Bücher erweitern den Horizont und schenken uns Lebenserfahrungen, die uns der Alltag nicht geben kann. Bücher bereiten auf das Leben in all seinen Facetten vor. Daher gibt es kaum eine Tätigkeit, die umfassender und vielseitiger fördert, als den Kindern vorzulesen.

# Medien: weniger ist mehr

Selbst pädagogisch wertvolle Programme können nicht das bieten, was ein Gehirn in der Kleinkindphase am nötigsten hat, um sich zu entwickeln: Bewegung und Sinneserfahrungen. Daher gehört es heutzutage zur Förderung eines Kindes dazu, seine Zeit vor dem Bildschirm zu begrenzen und ihm auf diese Weise mehr Möglichkeiten zu geben, zu spielen, sich zu bewegen, mit anderen Menschen zu sein oder zu lernen sich selbst zu beschäftigen. Regeln aufzustellen im Umgang mit den digitalen Medien gehört zu den wichtigsten Zutaten optimaler Förderung. Kinder, die zu früh, zu lang und zu häufig vor dem Bildschirm sitzen, werden häufig zu benachteiligten Kinder, die in ihren Leistungen und Lernerfahrungen stark gegenüber anderen Kindern zurückfallen.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Christina Schmidt

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