Wie sich Leihomas weiterbilden

Leihomas sind dank der Erziehung ihrer eigenen Kinder meist erfahren in der Kinderbetreuung. Der Katholische Familienverband Wien bietet zusätzlich ein Seminar, bei dem Leihomas Erfahrungen austauschen, Anregungen zum Umgang mit Konflikten, Entwicklungsphasen und Spielideen bekommen. Der Kurs ermöglicht zudem die steuerliche Absetzbarkeit der Betreuungskosten. Ein Lokalaugenschein bei einem der Seminarabende.

Die Leihomas haben es sich gerade auf dem Sessel bequem gemacht, da werden sie von Referentin Beate Oberweger-Metzler zum Stehen aufgefordert: „Ich möchte Sie einladen, mit mir ein Begrüßungslied zu singen.“ Kaum ist die Musik zu hören, fängt sie zu singen an: „Es gibt Lieder über’s Lachen und über’s Schimpfen, aber Lieder über dich gibt’s noch nicht…“ Die Frauen summen anfangs verhalten mit, spätestens mit dem Refrain sind die Hemmungen verschwunden. Passend zum Liedtext zeigen alle ihre Hände, Haare, den Bauch und schließlich das linke, dann das rechte Bein. Eine Einstimmung in den Seminarabend für Leihomas zum Thema Spiel.

Nächster Programmpunkt: Oberweger-Wetzler teilt Zeitungsbögen aus. „Was fällt Ihnen spontan ein, was können Sie mit Zeitungen machen?“ Die Antwort folgt prompt: „Flieger bauen!“ Auch Hüte und Fächer haben die Damen schnell gefaltet. „Da gibt’s doch auch Himmel und Hölle, wie geht das noch einmal?“, fragt eine Frau in die Runde. Die eigene Kindheit liegt eben schon eine Zeit zurück.

Qualifizierte Leihomas sind steuerlich absetzbar

Neun Damen sind auf Einladung des Katholischen Familienverbandes zum vierten Mal für das Seminar „Oma auf Erfolgskurs“ zusammengekommen, einem Abendkurs für Leihomas und andere Betreuungspersonen. Die achtstündige Ausbildung ist nicht nur eine inhaltliche Bereicherung und Möglichkeit zum Austausch für die Teilnehmerinnen – dank dem Zertifikat, das sie am Ende bekommen, gelten sie auch als „pädagogisch qualifizierte Person“ und die Kosten für ihre Betreuungsdienste sind steuerlich absetzbar.

Im Rahmen des Kurses setzen sich die Frauen mit dem Thema Selbstreflexion und Selbsterfahrung und der eigenen Kindheit auseinander: Was hat sich von der Kindheit von damals zu heute verändert? Was hat noch immer oder mehr Gültigkeit denn je für die Kinder von heute? Ein anderer Abend hat das Motto „Keine Angst vor’m Streiten!“, die Leihomas erhalten Tipps und konkrete Hilfen aus dem Konfliktmanagement. Weiters erfahren die Kursteilnehmerinnen über die „Stationen der Kindheit“, die Entwicklungsphasen der Kinder zwischen 0 und 14 Jahren. „Da fallen Phasen wie das Sauberwerden oder die Trotzphase hinein, und auch die sprachliche, motorische oder soziale Entwicklung“, beschreibt Referentin Beate Oberweger-Wetzler den dritten Kursteil über „die prägendsten Jahre des Menschen“, die Kindheit.

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Was machen wir heute? Spielideen & Anregungen für Leihomas

Beate Oberweger-Metzler ist Coach, Lebensberaterin und Mediatorin und seit Jahren Referentin beim Leihoma-Kurs. „Am heutigen Abend liegt der Fokus auf dem freien, natürlichen Spiel“, erklärt sie. Das Spiel ohne großen Aufwand, ohne vorgefertigtes Spielzeug sei naheliegend, gerate aber oft in Vergessenheit. Für die Leihomas sei wichtig zu überlegen: „Was kann ich als Leihoma einbringen? Was fällt mir ein?“ Die Teilnehmerinnen finden sich in Kleingruppen zusammen und sammeln Spielanregungen für unterschiedliche Altersgruppen. Je weniger vorgefertigtes Spielmaterial dafür notwendig ist, desto besser.

Was erst nach einer Herausforderung klingt, bringt die Damen sogleich in regen Austausch. „Ich geh viel spazieren mit ihm“, erzählt eine Leihoma über ihr Enkerl. „Meiner liebt Bilderbücher“, sagt eine andere. „Die Kleinen spielen gern ‚Guck-guck-da-da‘ mit der Windel“, wirft eine Dame ein. Die anderen stimmen zu: „Ja, das lieben sie!“ Das bekannte Versteckspiel habe auch einen bindungstheoretischen Sinn, erklärt Oberweger-Wetzler beim späteren Zusammenfassen aller Anregungen. Das positive Erlebnis, wenn die Leihoma nach dem kurzen Verstecken immer wieder auftaucht, ist gut für den Bindungsaufbau mit dem Kind.

Weniger Spielmaterial ist mehr

Angefangen bei Fingerspielen und einfachen Mobile für die Allerkleinsten über Bauprojekte mit Alltagsgegenständen, Decken und Pölstern für die bis zu Dreijährigen, ersten Regelspielen und Geschichten für die Drei- bis Sechsjährigen bis zu Ballspielen und Blumenpflanzen mit den Sechs- bis Zehnjährigen tragen die Leihomas viele Ideen für einfache Spiele mit Alltagsmaterialien zusammen.

„Das Spielen ist die ursprünglichste Form des Lernens. Das Kind setzt sich über das Spielen mit Dingen auseinander und alle Bereiche werden gefordert“, startet Oberweger-Wetzler den theoretischen Input. Das Kind braucht Rahmenbedingungen, die Sicherheit geben, aber gleichzeitig die Freiheit fürs Spielen. „Erwachsene brauchen nur einzugreifen, wenn es notwendig ist“, betont Oberweger-Wetzler. Sie plädiert für „weniger ist mehr“ beim Spielmaterial. Zu viel Spielzeug führt zur Überforderung. Aus einfachen Gegenständen, die nicht genau vorschreiben, was damit getan werden muss, kann hingegen viel kreatives Spiel entstehen.

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