Wenn Fabian die Wände bemalt

Anhand einer typischen Situation möchte ich heute mögliche Strategien beim Grenzen setzen beschreiben.

Fabian, 3 Jahre, liebt es, mit seinen Stiften die Wände zu bemalen. Die Eltern haben es ihm schon mehrmals verboten. Er kümmert sich nicht darum.

Dialog zwischen Vater und Fabian, nach der 3. Ermahnung: „Hör jetzt bitte auf damit!“ Fabian: „Nein!“ Vater, drohend: „Ein Mal noch, dann sind die Stifte weg!“ Stellen wir uns die Situation etwas konkreter vor. Variante A: Fabian lächelt, malt schnell noch einen Strich und läuft davon. Vater, vorwurfsvoll: „Fabian!“ und liest in seiner Zeitung weiter. Variante B: Vater nimmt ihm die Stifte weg, Fabian brüllt, Mutter lenkt ab.

Grenzen mit Konsequenzen

Mein Kommentar zu Variante A:

Beim Grenzen setzen ist mehr Konsequenz vonnöten.

Lassen Sie es erst gar nicht bis zur 3. Ermahnung kommen! Es muss sofort eingeschritten werden. Fabian beweist, dass es ihm auch um das spielerische Austesten der Grenzen geht, um zu wissen, wie ernst er die Worte seines Vaters zu nehmen braucht. Er malt schnell noch einen Strich bevor er das Verbot akzeptiert. Das heißt, in diesem kleinen Machtkampf will er auf jeden Fall noch punkten, bevor er einlenkt. Auch das vorwurfsvolle „Fabian!“ des Vaters klingt halbherzig. Dasselbe Spielchen wird sich bestimmt bei nächster Gelegenheit wiederholen, vielleicht mit einer kleinen Steigerung. Bevor sich der Vater wieder seiner Zeitung zuwendet, sollte er deshalb unbedingt Nähe und Blickkontakt herstellen und ein kurzes „ernstes Wort“ mit Fabian reden. Dazu kann er ihn entweder zu sich rufen oder zu ihm hingehen.

In Variante B zeigt der Vater mehr Konsequenz. Es ist richtig, nun Taten, statt Worte folgen zu lassen, aber es ist darauf zu achten, dass das nicht schroff und aggressiv ausfällt, sondern mit freundlichem Ernst. Ihr Kind soll sich nicht unverstanden und zurückgestoßen fühlen, auch dann nicht, wenn Sie für eine Weile die Stifte wegnehmen. Daran sollte auch sein mögliches heftiges Gebrülle nichts ändern.

Gemeinsame Strategien entwickeln

Die Mutter darf ihren Sohn zwar trösten, aber sie darf keinen Zweifel daran lassen, dass sie hinter dem Vater steht und sein Verbot respektiert. Fabian soll seine Eltern als geeintes Team und nicht gespalten erleben. Vermeiden Sie Sätze wie „Deshalb musst du nicht gleich so mit ihm zu schimpfen. Schau, wie er jetzt weint“.

Klären Sie Ihre Strategien unter vier Augen, nicht vor dem Kind.

Das Gute am Schlechten

Fabians Lust am Malen ist an sich gut, entspricht es doch einem natürlichen Entwicklungsbedürfnis, der Entfaltung der Kreativität. Deshalb können Sie Ihr Kind mit Verständnis „abholen“, indem Sie das „Gute am Schlechten“ würdigen: „Ich freue mich, dass du so gerne zeichnest. Aber das ist nicht der richtige Ort. Komm, hier hast du Papier. Darauf kannst du mit deinen Stiften malen.“ Wenn sich Fabian gewürdigt fühlt, wird er viel lieber folgen, statt Machtspielchen zu inszenieren.

Der Kreativität Ausdruck gewähren

Die Eltern müssen der Kreativität ihres Sprösslings Ausdrucksmöglichkeiten verschaffen.

Das tun sie am besten, indem sie ihm sagen, wann und wo Zeichnen und Malen erlaubt ist. Ein so kleines Kind sollte ruhig nach den Stiften fragen müssen, sie sollen nicht einfach irgendwo herumliegen. Damit haben Sie die Dinge unter Kontrolle. Außerdem hat ein Blatt Papier nicht dieselbe Attraktivität wie die Wand. Wie wäre es, Sie tapezieren einen bestimmten Bereich im Wohn- oder Kinderzimmer mit Packpapier, das gerade zum Bemalen bestimmt ist und ausgewechselt werden kann? Dort kann sich Fabian nach Belieben austoben und erntet Anerkennung statt Schimpfe. Die anderen Bereiche der Wohnung hingegen sind tabu. So lernt Fabian, dass seine Bedürfnisse ernst genommen werden und dass er sich an Regeln halten muss. Unter solchen Voraussetzungen wird er gerne kooperieren und auf seine Eltern hören.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Maria Neuberger-Schmidt

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