Wenn die Freundinnen der Kinder zu Dauergästen werden
Wir sind definitiv gastfreundlich. Zumindest schätzen wir uns selbst so ein. Doch in letzter Zeit stießen wir oftmals an unsere Grenzen.
Alles begann harmlos. So wie immer. So wie es überall ist. Von Zeit zu Zeit übernachten Freundinnen unserer Töchter bei uns. Das ist meist sogar eine Erleichterung: Das Kind muss dann nicht „bespaßt“ werden, sondern die Interaktionen zwischen den zwei Freundinnen ist dann meist so gut, dass die Eltern so gut wie außen vor sind und anderen Aktivitäten nachgehen können.
Dieser Aspekt ist auch noch da. Und dieser Aspekt ist natürlich nicht zu vernachlässigen. Er entlastet ist und bringt unserer Tochter Freude. Was gibt es dann schließlich schöneres, als aus dem Kinderzimmer stetig glockenhelles Lachen zu hören, weil sich zwei Freundinnen bestens und nur allzu bestens verstehen?
Welche Spaßbreme von Elternteil würde angesichts einer solchen Situation sagen, dass es auch mal zu viel werden kann? Gute Frage. Und doch ist uns genau das passiert und das auch nicht zum ersten Mal.
Zu viel war zu viel. Aber sowas von.
Um das zu verdeutlichen, darf ich ein konkretes Beispiel bemühen. Es war Freitag. Genauer: Freitagmittag, direkt nach der Schule. Die erste Freundin „fiel ein“, aß bei uns, ehe die beiden Mädels ins Kinderzimmer verschwanden uns alsdann den ganzen Nachmittag kaum mehr gesehen wurden. Dass sie dann am Abend die Familiencouch okkupierten, ist akzeptabel, aber schon weniger optimal. Auch wenn wir besagte Freundin mögen, fühlt es sich an, als ob sich eine doch nicht zur Familie gehörende Person in unser Leben drängt und dort gewissermaßen aufdrängt. Unfaire Feststellung, weil besagte Freundin ja nichts dafürkann? Vielleicht.
Grenzen setzen
Womöglich läge es auch an uns, Grenzen zu setzen. Orte zu definieren, an denen wir sein wollen. Orte, an denen die beiden Mädels bevorzugt sein sollten. Aber wer tut das schon. Vor allem angesichts der Tatsache von – siehe weiter oben, eben dem glockenhellen Gelächter, der Freude, dem Spaß am Zusammensein und an der freundschaftlichen Gemeinschaft? Eben.
Doch ich wollte eigentlich noch weitererzählen: Dass die Freundin dann nach der Übernachtung – wozu die Matratze aus dem Stockbett immer auf den Boden transferiert werden muss, da Matratzenlager – bei uns Frühstück, versteht sich von selbst. Meist gibt es Pancakes, weichgekochte Eier und auch sonst alles, was das Gästeherz begehrt. Diese Frühstücke genießen wir eigentlich immer sehr. Die Gespräche sind gut, die Mädchen sind offen und gesprächig, wir als Eltern relativ entspannt.
Doch dann beginnt die spekulative Phase: Wann geht besagte Freundin wieder? Was genau ist mit deren Eltern ausgemacht? Denn ab einem gewissen Alter – so scheint es – kommunizieren die Mädchen primär untereinander und treffen Vereinbarungen, ohne ihre Eltern zuvor handfest gefragt zu haben. Wir wissen meist nur DASS, aber nicht genau in welchem Umfang der Besuch ausfällt. Dass es an uns läge, das zu klären und einzufordern liegt auf der Hand. Das tun wir auch. Aber wir beißen uns immer wieder die Zähne aus, werden abgewiesen und links liegen gelassen.
Gibt es auch ein „zu viel“?
Was ich mich jedenfalls fragen und was wir uns diesbezüglich auch immer wieder fragen: Gibt es auch ein „zu viel“?
Sind wir eigentlich gar nicht gastfreundlich?
Und wollen wir lieber unter uns sein? Letztere beide Aspekte würde ich eigentlich verneinen. Wir freuen uns über Besuch, wir freuen uns über Freundinnen unserer Töchter. Aber es ist eben auch Arbeit damit verbunden, sei es in Bezug auf Kochen, auf sonstige Tätigkeiten und auch auf den Eingriff in die unsere Familien-Privatsphäre, der trotz allem und auch noch so guter Akzeptanz und „Integration“ des Gastkindes doch immer gegeben ist.
Vielleicht ist es auch so, dass wir das Gefühl haben, dass unsere Bemühungen gar nicht gesehen werden. Vielmehr werden sie meist als selbstverständlich hingekommen. Wir tun und werkeln im Hintergrund, damit es sowohl unsere Tochter als auch das Gastkind so fein und angenehm wie nur irgendwie möglich hat. Gibt es Dank? Eher zu wenig. Oder sind wir zu anspruchsvoll und erwarten uns zu viel?