TikTok bei Jugendlichen: Fluch oder Segen?

Mittlerweile ist TikTok omnipräsent und selbst für Erwachsene in seinen Auswirkungen nicht mehr zu ignorieren. Spätestens wenn junge Mädchen vermeintlich grundlos im öffentlichen Raum tanzen und dabei gefilmt werden kommt man nicht mehr umhin sich zu fragen, was diese Plattform mit unseren Jugendlichen so alles anstellt.

Womöglich ist es sinnvoll, sich als erwachsener „Außenseiter“, denn die wenigsten Erwachsenen nutzen TikTok, auf der rein sachlichen Ebene anzunähern. Fakt ist nämlich vor allem eines: TikTok bringt Jugendliche dazu sich zu bewegen. Und solche, die ansonsten den ganzen Tag zuhause auf ihre Handys starren und partout nicht dazu bereit sind ins Freie zu begeben. Das kann erst einmal nicht wirklich schlecht sein. Zumindest ganz naiv gedacht.

Naiv gedacht, sporntTikTok Jugendliche zu mehr Bewegung an.

Auf einer weiteren, sehr simplen Ebene: Junge Menschen bewegen sich nicht nur, sie tanzen. Tanz führt so gut wie immer zu einem besseren und positiverem Körpergefühl. Gerade bei Heranwachsenden, die noch dazu durch Schule und Online-Aktivitäten oft sehr im Kopf verhaftet sind, ist das zu begrüßen und kann auch ein guter Ausgleich zu dem vielen Sitzen und „herumhängen“ sein.

Weiters: Die „Sounds“, die die Tanzclips auf TikTok untermalen sind zwar kurz, kommen aber so gut wie immer aus vielen Genres und vielen Jahrzehnten der Musikgeschichte. Junge Menschen kommen also potentiell in Kontakt mit sehr viele Musikformen. Begleitet von Erwachsenen („Du weißt schon, dass das diese oder jenes Lied aus diesem und jenem Jahr ist“) kann das das Musik- und Kunstverständnis erweitern.

TikTok erweitert den musikalischen Horizont vieler Jugendlicher. 

Natürlich gibt es auch zahlreichen Kippmomente, die schon an den vorangegangenen Punkten angelegt sind. Das hier beschriebene positive Körpergefühl kippt auf TikTok, vor allem bei Mädchen in einem gewissen Alter, sehr leicht in eine unangemessene Sexualisierung, die auch von den Usern und Followers sehr leicht missverstanden werden kann.

Zudem sind die Tänze, Bewegungen und „Trends“ nicht zwingend Ausdruck von Individualität, sondern von Kollektivität. Oftmals fällt es jungen Menschen deshalb schwer zu unterscheiden, ob dieser oder jener „Trend“ und dieser oder jener Tanz passend ist, zur eigenen Persönlichkeit passt oder ob es nur darum geht „dabei zu sein“.

TikTok fördert das Kollektiv, positiv wie auch negativ. 

Dazu erinnere man sich nur an die unrühmliche TikTok-Challenge, bei der es darum ging, Kühe zu erschrecken – mit oft fatalen Folgen. Das zeigt euch die enorme Dynamik an, die diese Plattform haben kann. Geht es um das Kollektiv, dann scheint sich das Individuum zu „verdummen“ und tendenziell eher nachzulaufen als kritisch zu reflektieren.

Insgesamt aber: Nicht die Plattform selbst ist das Problem, sondern die User und sich daraus ergebende Dynamiken. TikTok beeinflusst junge Menschen genau so, wie es Bücher, Filme oder anderen Medien tun. Womöglich aber permanenter, da potentiell rund um die Uhr verfügbar. Die Medienzeit als Faktor ist dabei nicht zu übersehen.

Es gilt darüber zu sprechen, zu reflektieren, einzuordnen, Tipps parat zu haben. Aber nicht zu vergessen: Nicht alles muss man verstehen und nicht alles kann man verstehen. Wichtig ist aber, dass die eigenen Kinder sicher sind und sich verantwortungsvoll verhalten – dann klappt es auch mit den Freiheiten.

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