Restaktive frühkindliche Reflexe – Ursache vieler Probleme in Kindergarten und Schule

Viele Probleme im Kindergarten- und Schulalter, wie mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Hyperaktivität oder eine falsche Stifthaltung sind auf restaktive frühkindliche Reflexe zurückzuführen. So Bianca Hanke. Doch was sind Restmuskelaktionen und wieso wirken sich diese so stark auf die kindliche Entwicklung aus?  

Im Gespräch mit Bianca Hanke, Dipl. Kinesiologin und Reflexintegrationstrainerin

Frühkindliche Reflexe

Frühkindliche Reflexe sind automatisch ablaufende Bewegungsmuster, die aufgrund bestimmter Stimulationen erfolgen. Berühren wir bei einem Säugling die Innenfläche der Hand schließt sich diese und umklammert unsere Finger. Berührt Nahrung das Innere des Mundes schluckt das Baby automatisch. Reflexe sind wichtig für unser Überleben, da sie unabhängig von unserer willentlichen Steuerung funktionieren. Sie sichern die Nahrungsaufnahme genauso wie die Entwicklung des aufrechten Gangs sowie unseren Selbstschutz.

Wird ein frühkindlicher Reflex durch spielerische Angebote und Bewegung regelmäßig ausgelöst, bilden sich im Gehirn die ersten Verknüpfungen.

Sobald diese ausreichend vorhanden sind, kann die Handlung vom Kind willkürlich ausgeführt werden. Der Reflex wird nicht mehr benötigt und vom Gehirn unterdrückt, sodass er selbst bei Stimulation nicht mehr ausgelöst wird. Dies wird auch „Integration eines Reflexes“ genannt.

Einige Reflexe, wie z. B. der Saugreflex sind bereits im Mutterleib vorhanden. Andere werden erst dann aktiv, wenn der Reflex der vorigen Entwicklungsstufe ausreichend trainiert und integriert wurde.

Sind bei Kindern und Jugendlichen noch frühkindliche Reflexe aktiv, die altersgemäß nicht mehr notwendig sind, führen diese zu vielfältigen Problemen in Kindergarten und Schule. Diese äußern sich z. B. in der Feinmotorik durch eine falsche Stifthaltung oder ein schlechtes Schriftbild. Aber auch Konzentrationsschwierigkeiten oder schnelle Ermüdung können auf restaktive Reflexe zurückgehen.

Hinweise auf restaktive frühkindliche Reflexe

Kann ihr Kind nicht ruhig sitzen bleiben oder hat es eine schlechte Sitzhaltung? Reagiert es überempfindlich auf Geräusche, Lichtwechsel oder Berührungen? Hält es starr an immer gleichablaufenden Ritualen und Strukturen fest und eine Änderung dieser führt zu Panikanfällen? Hat es Probleme damit zur Ruhe zu kommen und einzuschlafen?

All dies kann ein Hinweis auf restaktive frühkindliche Reflexe sein. Natürlich beeinträchtigen diese den Alltag enorm. Stellen Sie sich vor, wir würden auch als Erwachsene noch alles automatisch festhalten, was unsere Handinnenfläche berührt. Dies wäre sehr störend.

Erhält das Kind z. B. Unterstützung durch Nachhilfe - ohne dass die Ursache der Probleme erkannt und behandelt wurde - verbraucht es zusätzliche Kraft, da es gegen seine Muskelreflexe ankämpft.

Versucht diese zu kontrollieren oder gar zu kompensieren. Das ist die eigentliche Ursache von Konzentrationsproblemen oder Lernstörungen. Das Kind hat einfach keine Energie mehr. Die gut gemeinte Hilfe in Form von Nachhilfe wird zur Qual und der Teufelskreis ist perfekt.

Die gute Nachricht ist, restaktive Reflexe können durch bewusstes Training bestimmter Bewegungsabläufe integriert werden.

Dadurch erfolgt eine Nachreifung im Gehirn. Der Reflex ist nicht mehr notwendig und Ihr Kind ist frei von Restmuskelreaktionen. Probleme wie die z.B. die falsche Haltung des Stiftes, oder das schlechte Schriftbild verbessern sich damit ganz von allein.

Ursachen

Die Ursachen restaktiver frühkindlicher Reflexe sind vielfältig. Sie reichen von gesundheitlichen Problemen der Mutter, über Stress bis zu traumatischen Erlebnissen während der Schwangerschaft. Aber auch ein Kaiserschnitt kann zu restaktiven Reflexen führen, da einige Reflexe den natürlichen Vorgang der Geburt erst auslösen. Ebenso besteht bei Frühgeborenen die Möglichkeit, dass diese auch als Kinder noch unter noch aktiven frühkindlichen Reflexen leiden, da sie noch nicht vollkommen ausgereift auf die Welt kamen.

Aber auch schlicht und einfach die mangelnde Möglichkeit die vorhandenen Reflexe auszuüben, immer wieder einzuüben und so zu integrieren ist eine Ursache. Und einer der Gründe warum Kinderärzte und PädagogInnen von Handys & Videos im Kleinkindalter abraten und zu mehr aktiver Bewegung motivieren. Denn durch diese werden Reflexe so lange trainiert, bis sie durch die nun vorhanden Verbindungen im Gehirn nicht mehr notwendig sind. Und so die natürliche Entwicklung fördern.

Sie sind nicht sicher, ob Ihr Kind unter restaktiven Reflexen leidet? Der Fragebogen zu frühkindlichen Reflexen hilft Ihnen dabei dies herauszufinden.

Nach einem persönlichen Gespräch und einer Austestung Ihres Kindes, stelle ich Ihnen individuelle Übungen zusammen, die Sie gemeinsam mit Ihrem Kind täglich machen können. Dadurch reifen die notwendigen Verbindungen im Gehirn nach und der Reflex wird integriert. Reflexintegrationstraining ist ein Bewegungsprogramm, das ab dem fünften Lebensjahr durchführbar ist. Wobei die Reflexintegration umso länger dauert, je älter das Kind ist. Da die körperliche Entwicklung der geistigen vorausgeht, bewirkt dieser Ansatzpunkt oft überraschend positive Veränderungen.

Bianca Hanke

...weil jedes Kind richtig ist!

Dipl. Kinesiologin

RIT-Reflexintegrationstrainerin

www.bhandelt.at

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