Morgenroutine mit Kindern: Kleine Rituale, große Wirkung
Wie wir als Eltern mit einfachen Gewohnheiten mehr innere Ruhe finden – und warum das nicht nur uns, sondern der ganzen Familie guttut.
Es ist noch dunkel im Schlafzimmer, langsam öffne ich die Augen. Mein Mann kommt rein, bringt mir einen Kaffee – wie schön! Hinter ihm trappeln meine zwei Kinder. „Mama!“, ruft die Jüngere und springt aufgeregt aufs Bett - mein Kaffee schwappt fast über - „Achtung, bitte!“. Die Ältere kurbelt die Rolladen hoch, es wird viel zu schnell viel zu hell.
Währenddessen krabbelt meine Jüngere über mich drüber, wobei der Kaffee nun doch überschwappt. Ich setze „Bettwäsche wechseln“ auf meine innere To-Do-Liste. Sie greift nach dem Buch, das sie mit mir anschauen möchte. „Ich hab keine T-Shirts mehr!“ ruft meine Ältere währenddessen empört. Als hätte ich sie versteckt. „Wo sind meine ganzen T-Shirts, Mama?!“. Neben mir, jetzt schon quengelnder: „Mama, lesen!“. Und mein Mann aus dem Badezimmer: „Ich muss gleich los, kommt jetzt endlich Zähne putzen!“. Puh.
Guten Morgen!
Schon sind wir mittendrin im täglichen Morgenchaos.
Wenn der Tag für mich so beginnt, zieht sich diese Energie meist durch. Überforderter Morgen, überfordernder Arbeitstag, irgendwie den Nachmittag überstehen, Abends müde ins Bett fallen und hoffen, dass der nächste Tag besser wird. Wir fühlen uns dann oft fremdbestimmt und fremdgesteuert.
Aufmerksamkeit und Präsenz ab der 1 Minute des Tages laugt aus
Das ist die Realität von vielen Eltern vor allem jüngerer Kinder, die von Minute 1 des Tages unsere Aufmerksamkeit und Präsenz brauchen und fordern, egal wie wir geschlafen haben und egal, ob wir überhaupt schon richtig munter sind oder nicht. Wie wenn man am Laptop bereits die ersten Seiten öffnen möchte, wenn dieser noch gar nicht hochgefahren ist.
Für die meisten von uns Eltern beginnt der Tag nicht mit einem ruhigen Kaffee im Bett, mit Yogaübungen, Morningpages (wie gerne würde ich sie führen!) oder einer Joggingrunde, sondern mit Zeitdruck, verfügbar-sein, wissen, wo etwas liegt (die T-Shirts, das Lieblingskuscheltier, die Hausübung...).
Er beginnt mir quengelnden, bedürftigen, streitenden, an-uns-klebenden oder aufgeregten Kindern. Er beginnt mir Lautstärke, Helligkeit und permanenten Reagieren, statt in den eigenen Rhythmus zu finden.
Es sei denn, wir nehmen unseren Morgen selbst in die Hand. Selbstfürsorglich und achtsam mit uns.
Selbstfürsorge und Achtsamkeit für uns Eltern
Denn was wäre, wenn wir trotz unseres turbulenten Familienmorgens in all dem einen kleinen Anker für uns selbst schaffen könnten – für ein bisschen mehr Balance und inneren Frieden?
Die gute Nachricht: Es braucht keine Stunde Yoga oder stundenlange Morgenmeditation, um achtsam in den Tag zu starten.
Die schlechte Nachricht: Es braucht durchaus unsere Disziplin. Und unsere Bereitschaft, uns selbst wichtig zu nehmen. Und dafür auch etwas zu tun. - Für uns. Die Bereitschaft, kreativ zu werden und nach Möglichkeiten zu suchen, damit es uns gut geht, gut gehen kann.
Der Morgen beginnt am Abend zuvor...
In Wahrheit beginnt unsere Morgenroutine bereits mit dem Abend davor. So wie wir einschlafen, so heißt es, so wachen wir auch wieder auf. Gerade wenn ihr euch morgens nicht viel Zeit nehmen könnt oder wollt, kann es daher sinnvoll sein, dafür den Abend bewusster zu gestalten.
Hier ist alles gut, was für euch gut ist und euch inneren Frieden, Dankbarkeit oder Ausgeglichenheit schenkt: ein paar Yogaübungen vor dem Einschlafen, ein paar Seiten in einem guten Buch, Journal schreiben, eine Meditation oder eine Dankbarkeitsübung vor dem Einschlafen. Wenn wir uns abends gut versorgen, und zwar so, dass es sich für uns ehrlich gut anfühlt, und dann vielleicht sogar noch in Dankbarkeit einschlafen, haben wir bereits viel für uns getan.
Für uns in den Tag starten - und seien es auch nur ein paar Minuten
Als Mama von absoluten Frühaufsteherinnen kenne ich den Gedanken nur zu gut: Stelle ich mir wirklich den Wecker auf 5:00 Uhr oder 5:30 Uhr, damit ich vor meinen Kindern aufwache?
Und doch – wenn wir morgens schon alleine ein paar Minuten früher aufstehen, als unsere Kinder, dann ist diese gewonnene, ruhige, friedliche Zeit, um für uns in den Tag zu starten, oft wahrlich Gold wert.
Erstmal in Ruhe „hochfahren“.
Die ersten Minuten des Tages ganz nach mir richten können. Einen heißen Kaffee oder Tee trinken, mein Journal schreiben, meine Yogaübungen machen. Und ich bin wie ausgewechselt. Ihr könnt, müsst dafür aber nicht zwangsweise früher aufstehen.
Bedürfnisorientierung heißt, dass die Bedürfnisse aller zählen, somit euch eure.
„Gib mir bitte 10 Minuten, damit ich gut in den Tag finden kann“, „Ich brauche erstmal 10 Minuten für mich, um mich zu versorgen – dann bin ich für euch da“, sind vollkommen legitime Sätze. Wenn eure Kinder noch (zu) klein sind, können Absprachen mit dem Partner beziehungsweise der Partnerin helfen. Schenkt euch gegenseitig jeweils ein paar Minuten, um für euch gut in den Tag zu starten.
Und wenn die Kinder morgens mit aufwachen würden, sobald ihr aufsteht, können viele Übungen auch so adaptiert werden, dass man sie noch im Bett liegend machen kann. Mit einer Dankbarkeitsübung, die Augen noch geschlossen, in den Tag zu starten, dauert nur wenige Minuten und verändert dafür ganz viel.
Was ist deine „perfekte“ Morgenroutine?
Nimm dir gern einen Augenblick und spür mal hin: Was ist deine „perfekte“ Morgenroutine? Wie bist du vor den Kindern in den Tag gestartet? Wie würdest du es heute gerne tun?
Und hier kannst du jetzt entweder deine Routine an deine Zeit und Ressourcen anpassen, also z.B. 5 Min. Yoga machen, danach ein paar Minuten Journal schreiben. Oder du kannst dir den Raum schaffen, um deine Routine so durchzuführen, wie du sie brauchst, z.B. indem du tatsächlich eine halbe Stunde früher aufstehst, oder in dem du Absprachen mit deinem Partner, deiner Partnerin triffst. Vielleicht wechselt ihr euch auch ab und jede:r bekommt jeden zweiten Tag die Möglichkeit, seinen Morgen so zu gestalten, wie er oder sie es möchte. Ihr seid hier vollkommen frei in der Gestaltung - irgendeine Möglichkeit, die zu euch und eurer Familie passt, gibt es immer.
Morgendliche Mini-Rituale mit den Kindern
Auch sehr schön ist es, Kinder einfach in die Morgenroutine miteinzubeziehen. Sie lieben es oft, mit uns mitzutun. Dankbarkeitsübungen lassen sich hervorragend mit Kindern machen, ebenso Bewegungsübungen, Yoga, kurze Achtsamkeitsübungen, Affirmationskarten.
Kuscheln, ehe man aufsteht und dabei bewusst dankbar für dieses Geschenk sein. - Dankbar, dass all unsere Lieben wieder gesund aufgewacht sind, dass wir einen neuen Tag geschenkt bekommen haben, den wir nun gemeinsam gestalten dürfen. Ein „Guten-Morgen“-Lied oder ein stärkender Spruch beim Anziehen. Oder als Familienritual gemeinsam erstmal einen Kakao, eine Milch oder einen Tee trinken, auch wenn es nur wenige Minuten sind. In gemeinsamen Affirmationen könnt ihr aus Kartensets Sätze ziehen oder euch bewusst je einen Satz wählen, der euch durch den Tag begleiten soll.
Rituale schaffen Verbindung
Diese Rituale schaffen Verbindung und helfen auch uns Erwachsenen, nicht im „Funktionieren“ in den Tag zu starten, sondern in Verbindung - mit uns, und unseren Kindern. Und sie zeigen auch unseren Kindern, wie sie achtsam in den Tag starten können. Dass wir uns gegenseitig Räume geben, damit wir uns versorgen und nähren können. Sie zeigen, dass wir unseren Morgen und damit unseren Alltag, unser Leben bewusst gestalten können. - Und darin liegt ein so großer Schatz. Für euch und eure Kinder.