Mein Mamaherz darf wachsen

Es war Pfingstsamstag, die frühen Morgenstunden waren bereits hereingebrochen. Ich selbst lag schon viele Stunden wach, denn in meinem Herzen wuchs eine Gewissheit heran und nur schwer konnte ich mich davon abhalten, sie mitten in der Nacht zu überprüfen. Um fünf Uhr in der Früh war es dann so weit: Nach einem kurzen Abstecher ins Badezimmer sprang ich freudig wie ein Kind am Weihnachtsmorgen zurück ins Bett und weckte meinen Mann mit den Worten: „Du bist Papa!“ 

Das waren Worte, die wir schon seit einigen Monaten herbeigesehnt hatten, und doch konnten wir sie und ihre Tragweite in diesem Moment nicht ganz realisieren. 

Ich dachte, mit einem Baby im Bauch würde die ganze Welt aus rosa Zuckerwatte bestehen.

Ich vermute, dass bei meinen nächsten Sätzen einige von den Mamas unter Ihnen schmunzeln müssen. Ich dachte, schwanger zu sein wäre einfacher. Nachdem dieses Kind herbeigesehnt war, dachte ich, die ganze Welt würde aus rosa Zuckerwatte bestehen, sobald dieses kleine Geschöpf bei uns ist. 

Ich vergoss Tränen der Freude, aber nicht nur

Ohne Frage, unser kleiner Bauchbewohner erfüllt meinen Mann und mich mit einer Freude, die so groß ist, dass unsere Herzen sie nur schwer zu fassen vermögen. Und doch hat sich zwischen meine Freudentränen, wenn ich wieder einmal das Herz unseres Sohnes schlagen hören darf oder er eine Tanzparty in meinem Bauch veranstaltet, hin und wieder eine Träne gemischt, die der inneren Überforderung entsprang. 

Die Illusion machte der Realität Platz

Die rosa Zuckerwatten-Illusion wurde zu einer Realität, die Opfer verlangte. Als ich den positiven Schwangerschaftstest in meinen Händen hielt, wusste ich, vieles würde sich ändern, doch ich dachte nicht im entferntesten daran, wie schwer mir manche dieser Veränderungen fallen würden.

Wegen der Sturzgefahr hörte ich auf zu reiten, ich verschob meine weiterführenden Studien, um in der Zeit nach der Geburt ganz für unseren Sohn da sein zu können, meine körperlichen Leistungsgrenzen begannen niedriger zu sein, als ich es gewohnt war, mein Geld floss zunehmend in Umstandskleidung. Es war ein anderer Lebensstil – anders, als ich es gewohnt war, und anders als ich es mir vorgestellt hatte. 

Es ist ein Wachstumsprozess – für Mama und Baby

Kurz vor dem Ende des ersten Trimesters sprach ein Priester Worte zu mir, an die ich seither oft denke: „Sie müssen in die Mutterschaft hineinwachsen.“ 

Er hatte recht. Ich habe einige Zeit gebraucht, um das zu erkennen. Um zu erkennen, dass der Beginn meiner Schwangerschaft nicht verlangte, dass ich von Beginn an die perfekte Mama bin. Um zu erkennen, dass der Beginn meiner Schwangerschaft nicht verlangte, dass ich Hobbys oder Pläne aufgab, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Um zu erkennen, dass der Beginn meiner Schwangerschaft – egal, wie sehr wir dieses kleine Baby gewollt haben – nicht verlangte, dass ich von nun an furchtlos und frei von Zweifeln durch das Leben schritt. 

Mein Mamaherz muss nicht augenblicklich perfekt sein, es hat Zeit zu wachsen.

„Sie müssen in die Mutterschaft hineinwachsen.“ – und genau das tue ich. Genau daraus besteht doch Schwangerschaft: Neues Leben wächst. Es darf wachsen und es hat Zeit zum Wachsen. Sowohl das neue Leben, das unter meinem Herzen heranwächst, als auch das neue Leben, das für meinen Mann und mich begonnen hat. So wie mein Kind in mir heranwächst, so wächst auch mein Mamaherz heran. Und es hat Zeit, es darf sich Zeit nehmen, es muss nicht vom einen auf den anderen Augenblick reinste Perfektion sein. 

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Ein Artikel von

Portraitfoto Magdalena Preineder

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