Mamaglück und Arbeitslust – Kerstin, die Kindergartenpädagogin

Es gibt Mamas, die sowohl in der Arbeit als auch zuhause „am richtigen Platz“ sind. In der Serie „Mamaglück und Arbeitslust“ geht es heute um Kerstin. Sie ist Kindergartenpädagogin und hat zwei Kinder im Alter von 8 und 5 Jahren.

Liebe Kerstin, wie schaffst du es als Mama berufstätig zu sein?

Nach der Karenz habe ich mich entscheiden müssen, ob ich Vollzeit arbeiten gehe oder mit einer Kollegin eine Kindergartengruppe teile. Ich habe mich für die Ganztagesvariante entschieden, weil ich sehr gerne meine eigene Gruppe habe und es von der Heimatgemeinde her gut gepasst hat. Meine Kinder waren beide im Haus in einer anderen Gruppe. So hat es sich von Anfang an sehr gut vereinbaren lassen. Ich musste meine Kinder ja nicht in einen anderen Kindergarten bringen oder von dort abholen. 

Hast du einen familienfreundlichen Arbeitgeber? 

Auf alle Fälle. Ich arbeite 37 Stunden und höre mit der Arbeit trotzdem an vier Tagen in der Woche um 13.00 Uhr auf. Wenn meine Tochter von der Schule heimkommt, bin ich schon daheim oder wir haben kurze Überbrückungszeiten, wo sie mit acht Jahren selbstständig mithilfe des Schlüsseltresors reinkommt. An meinem langen Tag nimmt eine Oma die Kinder am Nachmittag zu sich. Ich habe auch eine tolle Chefin, die mir die Dienste so gut einteilt, dass ich es mit vier kurzen Tagen schaffe. Außerdem gibt es fünf Vorbereitungsstunden, die zu unserer Dienstzeit zählen. Dabei muss ich nicht im Kindergarten sein, sondern ich kann sie am Abend oder zwischendurch einmal machen. Die meisten Ideen habe ich eigentlich zuhause. 

Entwickelst du das Programm für den Kindergarten also gemeinsam mit deinen Kindern? 

Natürlich. Ich probiere viele Sachen mit meinen Kindern aus. Oft ist in unseren Köpfen irgendetwas super und wenn man es den Kindern hinstellt, schauen sie es nicht an. Daher zeige ich es oft meinen eigenen Kindern. Wenn sie Feuer und Flamme sind, kann man das für den Kindergarten fast umlegen.

Sie spüren aber, dass ich sehr gerne in den Kindergarten gehe und dass das einen großen Teil von meinem Leben ausmacht.

Meine Kinder erleben mich schon sehr als Kindergartenpädagogin. Damit meine ich nicht in der Erziehung. Sie spüren aber, dass ich sehr gerne in den Kindergarten gehe und dass das einen großen Teil von meinem Leben ausmacht. Ich hätte noch nie gemerkt, dass das für sie negativ behaftet war. 

Ich habe das Glück, dass ich Kinder in diesem Alter habe. Als ich noch keine Kinder hatte, war es schwieriger mich in die Eltern reinzuversetzen. Obwohl man alles haargenau gelernt hat, sieht und spürt man die Kinder besser, wenn man eigene hat. 

Ist also die Grenze zwischen deiner Rolle als Mama bzw. als Kindergartenpädagogin fließend?

Ja schon. Dadurch, dass die Kinder und ich im selben Kindergarten sind, haben wir nicht so einen Schnitt zwischen Arbeit und Familie, sondern das geht fließend ineinander. Ich erlebe das nicht negativ. Es gibt natürlich Situationen, da würde ich es mir anders wünschen. Es ist nicht immer einfach, eine Kindergartenpädagogin in dem Haus zu sein, wo deine Kinder in den Kindergarten gehen. Man ist dann in der Arbeit immer ein Stück Mama und ein Stück Pädagogin. Diese Vermischung hat Vorteile und Nachteile. 

Du hast ein intensives Leben. Gibt es noch Zeit für dich selber?

Ja. Das geht viel besser seitdem die Kinder größer sind. Ich nehme mir auch Kerstin-Zeiten: Zwischendurch einmal eine Runde Walken gehen, mit Freundinnen fort gehen oder auch übers Wochenende alleine wegfahren. Darauf freue ich mich lange und zehre nachher lange davon. Gott sei Dank funktioniert das in unserer Ehe sehr gut. Wir geben uns die Freiräume gegenseitig. Mein Mann macht auch seine Wanderwochenenden. 

Aber auch im Alltag tun mir Auszeiten gut. Das geht, weil ich mir Hilfe im Haushalt geholt habe. Bei der Frage nach einer Putzfrau hatte ich zwar ein mulmiges Gefühl und dachte, andere schaffen das auch ohne. Aber dann bin ich wieder auf die andere Seite gestiegen und dachte mir: „Nein, ich will es für mich. Das ist es mir wert. Andere haben ganz andere Ansichten.“ Und ich genieße es. Es ist so schön ein geputztes Haus zu haben. Das sind kleine Glücksmomente: Wenn ich an meinem langen Tag heimkomme, es riecht nach Putzmitteln und ich habe noch etwas Zeit für mich bis alle nachhause kommen.

Was ist besonders wichtig für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Ich finde, dass man sich in beiden Sachen selber finden muss. Ich könnte nicht eine ganze Woche so viele Stunden in einem Beruf sein, der mich nicht ausfüllt. Das macht glaub ich unglücklich. Man muss seinen Beruf schon richtig gern machen, dass man es in so einem Ausmaß macht. Es liegt viel daran, es mit Herz und Seele zu machen. Daheim und in der Arbeit. 

Es liegt viel daran, es mit Herz und Seele zu machen. Daheim und in der Arbeit. 

Dazu braucht man auch ein passendes Umfeld bzw. ein Netzwerk rundherum. Da gehört auch mein Mann dazu. Er kann sich frei einteilen, wann er arbeiten geht. Falls in der Nacht ein Kind krank wird und ich um 7.00 Uhr im Dienst sein muss, organisieren wir jemanden oder er bleibt am Vormittag zuhause bis ich von der Arbeit daheim bin. 

Wir schätzen auch das Netzwerk der Nachbarn. Wir haben in unserer Reihenhaussiedlung ein total gutes Verhältnis. Wenn Not am Mann ist, ist immer irgendwer da. Das ist Gold wert. 

Gibt es etwas, das du Mamas für den Wiedereinstieg nach der Karenz sagen möchtest?

Es ist wichtig, nicht mit der Intention arbeiten zu gehen, dass man wieder einmal raus muss. Meiner Meinung nach soll man erst dann arbeiten gehen, wenn man selber soweit ist und auch wenn die Kinder soweit sind. Ein Kind muss nicht unbedingt schon mit einem halben Jahr oder einem Jahr fremdbetreut werden.

Das Urvertrauen, das Kinder von Anfang an entwickeln, gehört Mama und Papa

Das soll nicht gemein sein – manche Leute können nicht anders. Aber ich finde schon, dass man bei den Kindern soviel versäumt, wenn man sie fremdbetreuen lässt. Man kann bei vielen ersten Malen nicht dabei sein. Das Urvertrauen, das Kinder von Anfang an entwickeln, gehört Mama und Papa. Da geht es viel ums Spüren. Ein Urvertrauen entwickelt man nicht innerhalb von einem halben Jahr. Es gibt viele Entwicklungsphasen, wo es auch Rückschritte gibt und ein Kind die Mama braucht. Es will zurück zur Mama. Wenn sie aber nicht verfügbar ist, muss es den inneren Kampf bzw. Entwicklungsschub mit jemand anderen austragen. Es ist schon schön, wenn man diese Grundfeste als Mama legen kann. In den Regelkindergärten sehen wir: Es gibt große Unterschiede zwischen 2,5-Jährigen und 2,5-Jährigen. Bei manchen denkt man: „Ab ins Leben!“ Bei anderen hat man als Pädagogin oft Bauchweh, weil die Ablösung von der Mama ein ganzes Jahr schwierig ist. Die vielen Tipps und Tricks, die man eh anwendet, passen da einfach noch nicht. Da muss ich sagen: Seitdem ich selber Kinder habe, bin ich so ehrlich und suche das Gespräch mit den Eltern.

Eines merke ich noch: Wenn man selber unrund ist, sind die Kinder auch unrund. Daher rate ich: So oft wie möglich: „Runter vom Gas“. Manchmal genügt es, nur da zu sein und zu spüren oder schauen, warum manche Situationen so sind. Es ist gut, Psychohygiene zu betreiben: Warum stresst mich das jetzt so? Was könnte ich für mich oder für uns verändern? Das finde ich in der Arbeit wichtig und auch zuhause habe ich es mir angewöhnt, so zu denken. 

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Ein Artikel von

Portraitfoto Claudia Nemecek

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