Kindern Literatur (wieder) nahebringen
Erst vor kurzem hatten unsere Kinder und ich ein Gespräch: Lesen sei langweilig. Cool hingegen: Tik-Tok, Serien und Popmusik. Das musste sich ändern!
Vorangestellt: Wir haben unseren Mädels (mittlerweile 12 und 16 Jahre alt) in ihren Kindheitstagen sehr viel vorgelesen. Es war sehr viel unterschiedlicher „Stoff“ und wir haben sie – natürlich altersgerecht – stets auch ein wenig mit den Themen und Inhalten herausgefordert. Mit 6 konnte unsere „Große“ damals ihr Lieblingsbuch so gut wie auswendig rezitieren.
Später begannen sie auch selbständig Bücher zu lesen. In einer guten Frequenz, bis zu ein Buch pro Woche war schon drin. Auch wenn es jetzt stark vereinfacht klingt: Aber dann kamen Smartphone, Social-Media & Co. Damit brach der Lesekonsum in wenigen Wochen und Monaten stark ein.
Nun soll das keine Verteufelung von neuen Medien und neuen digitalen Spielzeugen sein. Es ist aber eine Tatsache, dass diese Medien Literatur im Leben vieler jungen Menschen zunehmend verdrängen. Weil sie einfacher zu konsumieren sind. Weil sie schneller „Spaß“ machen und man deutlich weniger „Arbeit“ in das Verstehen der Inhalte investieren muss. Und weil sie schlicht und einfach überall verfügbar ist.
Was gilt es in diesen Situationen als Elternteil zu tun?
Zumindest zu argumentieren und eine Lanze für die Literatur zu brechen. Es gilt gute Argumente zu finden, warum diese eine so wichtige Aufgabe und Funktion hat.
Ich erklärte es ihnen zwar nicht so, aber sinngemäß: Literatur ist Fokus, Tik-Tok-Zerstreuung. Stellt euch einfach vor, ihr kommt erschöpft nach Hause, müde nach einem langen Tag in der Schule. Die Sinne sind überreizt, der Kopf ist müde, der Körper schlapp.
Zuhause möchte man einfach einmal „chillen“. Das Smartphone ist nahe, Instagram eine echte Option. Also scrollt man über den Feed, bleibt bei diesem oder anderem Bild oder Video hängen. Die Zeit vergeht. Fühlt man sich danach aber wirklich entspannt oder bereichert? Meiner Ansicht nach nicht. Man ist zwar zerstreut, mit den Gedanken wo anders als in der Schule, weiß aber im Endeffekt gar nicht mehr konkret, was man alles gesehen hat.
Reizüberflutung pur. Danach ist man meist noch müder und noch erschöpfter.
Ein Buch hingegen ist meist nicht sofort verfügbar. Zumindest aber hat man es nicht in der Hosentasche parat. Der Weg zum Buch ist also erst einmal weiter, wenngleich einige davon zumindest im Regal stehen oder in der kleinen Bibliothek der Eltern bezogen werden könnte. Dann gilt es das Buch in die Hand zu nehmen, aufzuschlagen. Das Buch macht erst einmal von sich aus gar nichts: Kein Ton, kein Bewegtbild oder ähnliches.
Es gilt also „reinzufinden“; die eigene Haltung und Intelligenz zu investieren. Das ist nach einem anstrengenden Tag womöglich tatsächlich mühsam. Die ersten Seiten fallen unter Umständen schwer. Die Versuchung ist groß, doch wieder dem Smartphone den Vorzug zu geben.
Irgendwann aber „öffnet“ sich der Text.
Und bei guter Literatur tut sich eine ganze Welt auf, die einen regelrecht reinzieht und aus der man am liebsten gar nicht mehr gehen würde. Man entdeckt fremde Biographie, andere Kulturen, Inhalte, mit denen man sonst nicht in Berührung gekommen wäre. Nach der Lektüre ist man bereichert, glücklich, kann es gar nicht erwarten um beispielsweise am nächsten Tag wieder in diese so faszinierende Welt einzutauchen.
Ein gutes Buch – damit natürlich die gute Literatur per se – ist Auszeit, ist Glückssuche, ist Bereicherung. War hartnäckig genug sucht, der findet daran das größtmögliche Glück.
Ich weiß nicht, ob mich meine Mädels verstanden haben.
Aber sie sind wohl zumindest ein wenig ins Grübeln gekommen, zumal sie das mit der Erschöpfung bei erhöhtem Social-Media-Konsum ja direkt berührt und wohl auch ihrer eigenen Erfahrung entspricht. Ob sie demnächst wieder öfter zu Büchern greifen, wird sich erst zeigen.