Kinder und ihre Talente (richtig?) fördern

Wo beginnt der übertriebene Förderungseifer? Wie fördert man „richtig“? Was ist gut
und was „schädlich“? Ein vermeintlich einfaches Thema ist eigentlich sehr komplex.


Schnell merkt man es an einem Bespiel. Die Tochter, fast 14 Jahre alt, spielt seit geraumer
Zeit Volleyball. Was am Anfang eher das prinzipielle Dabeisein beim Spiel war, vor allem um sie zu
unterstützen, wird schnell zum Eifer. Man feuert an, drückt die Daumen und fragt sich dabei
insgeheim, ob nicht noch mehr möglich wäre.
In diesem konkreten Fall: Die Bundesliga als Option.

Muss es nicht das oberste Ziel sein,
zumindest prinzipiell alles für möglich zu halten? Oder sollte man am Boden bleiben und auch
seinem Kind immer wieder Realismus einbläuen?


Keine einfache Frage. Schnell erzählt man, mehr oder weniger scherzhaft, dass man die
Tochter ja nicht zum Spaß jede Woche dreimal vom Training abhole, sondern sich auch
irgendwann „Output“ und Ergebnisse erwarte. Tief im Inneren weiß man, dass es tatsächlich
so ist. Zumindest aber will man, dass sie ihr volles Potential entfaltet und die
vermeintlich „gläserne Decke“ für sie kein Thema ist.

 

Den gescheiterten Selbstverwirklichungswillen seinen Kindern aufbürden

- eher keine gute Idee


Doch wo beginnt es, dass man eigene Erfolge und vor allem Misserfolge projiziert und die
Tochter das erreichen soll, was man selbst nicht erreicht hat? Es kommt einem auch in den
Sinn, dass man selbst nicht genug gefördert, unterstützt, gelobt und damit zum Erreichen von
Zielen angespornt wurde.
Andererseits: Ist dieser Ansporn, dieser sportliche Wettkampf und dieses Leistungsdenken
wirklich gut oder führt es doch nur zu noch mehr Druck, als vielen Jugendlichen ohnehin
schon in der Schule & Co. aufgebürdet wird?
Ich denke, es ist vor allem so: Es gilt, genau hinzusehen, zu analysieren und individuell zu
beurteilen. Patentrezepte, die sich über jedes Kind überstülpen lassen würden, gibt es nicht.
Aber es gilt, genau zu unterscheiden: Wo liegen die Talente des Kindes und wo will man selbst nur
dem eigenen Eifer und dem eigenen Selbstverwirklichungswillen Genüge tun?

 

Die Freude niemals aus den Augen verlieren

 Hat das Kind Freude bei dem, was es tut? Hat es Freude am spielerischen Wettkampf und hat es Freude daran, Grenzen zu überschreiten und Ziele zu
erreichen? Oder wirkt es gezwungen und krampfhaft, gewissermaßen von „Außen“
zugetragen und zugeschrieben?
Tut das Kind dies mit Freude, dann genügen oft kleine „Stupser“, Hinweise und Zusprachen, um
Ziele erreichbar und möglich werden zu lassen. Warum nicht einfach mal mit dem Gedanken verharren, dass
die Tochter beim letzten Spiel toll war und man sehr stolz ist, ihr beim Wachsen und Über-
Sich-Hinauswachsen zuzusehen?


Denn darum geht es: Zu begleiten, zu unterstützen und beim Wachsen zu helfen.

Zu viel Eifer und zu viel Druck kann hinderlich bei seiner Entwicklung sein und die zarte Pflanze des kindlichen
Zielstrebens zum Verkümmern bringen. Ganz einfach schon mal deshalb, weil das Kind dann
nicht mehr weiß, wessen Träumen es folgt: Den eigenen oder doch denen der Eltern?

Ähnliche Artikel

Ein Artikel von

Weitere Artikel des Autors lesen