Die lästige Raunzerei

Luise ist 4 Jahre alt und ein gesundes, aufgewecktes Kind. Aber manchmal gibt es Tage, da kann sie von früh bis spät raunzen – echt nervig! Wie können Eltern sinn- und liebevoll dagegen steuern, Verständnis und zugleich Halt geben?

Keine Du-Botschaften

Zunächst: Egal, wie sich Kinder benehmen, wir sollten keine abwertenden Botschaften schicken wie „Sei nicht so nervig!“, „Du bist eine Jammersuse!“ oder gar Drohungen wie „Wenn du nicht sofort aufhörst, dann…!“

Was das Raunzen eigentlich bedeutet

Raunzen bedeutet: ich beklage mich über etwas, oder ich will etwas, was ich nicht deutlich formuliere – weil ich mir dessen vielleicht gar nicht wirklich bewusst bin oder nicht gewohnt, meine Wünsche klar zu äußern. Dementsprechend drücke ich dann meine Unzufriedenheit diffus aus – Kinder raunzen eben. Auch Erwachsene können manchmal schlecht gelaunt und missmutig sein.

Einfühlungsvermögen ist gefragt

Einfühlungsvermögen betrachte ich als die oberste elterliche Tugend. Dies können wir vermitteln, indem wir „Gefühle spiegeln“, indem wir wertfrei rückmelden, was wir wahrnehmen „Irgendwie bist du heute nicht so gut drauf...“ oder „Du wirkst irgendwie unzufrieden… Warten Sie eine Rückmeldung ab und gehen Sie darauf ein. Möglicherweise hat Ihr Kind ein Mitteilungsbedürfnis, weil es etwas verarbeiten muss. Dann nehmen Sie sich Zeit zum Aktiven Zuhören. Die Raunzerei vergeht dann meist wie von selbst.

Wünsche klar äußern lernen

Sie können auch direkt nach der Störung fragen: „Was hast du?“ „Was stört dich?“ oder nach dem Bedürfnis: „Was willst du?“ „Was brauchst du, damit es dir wieder gut geht?“ Damit das Raunzen nicht zur Gewohnheit wird, müssen Sie eine klare, zielorientierte Richtung einschlagen. Bestehen Sie darauf, dass Ihr Kind in klarem, festem Ton sagt, was es will.

Wenn es raunzig oder weinerlich spricht, dann sagen Sie: „So verstehe ich das nicht! Sag es mir bitte noch einmal!“

Zielorientiert nach Lösungen suchen

Hat ihr Kind seinen Wunsch klar formuliert, dann reagieren Sie möglichst positiv, damit es erlebt, wie etwas zu erreichen ist: „Ach so, du hättest gerne ein Glas Saft! Komm in die Küche!“ oder „Nein, das geht leider nicht! Das gehört dem Papa und der möchte nicht, dass Kinder damit spielen! Was willst du stattdessen?“ Drücken Sie Ihr Vertrauen aus: „Ich weiß, dass du klar und deutlich reden kannst. Überleg dir, was du möchtest und dann sag es mir!“

Zeigen Sie Interesse und haben Sie Geduld, damit Luise sich ernst genommen und ermutigt fühlt.

Das ist auch für ihre Sprachentwicklung wichtig. Wenn sich Kinder unter Druck fühlen, dann geht gar nichts!

Sich wertschätzend abgrenzen

Wenn das alles nicht hilft, ist Abgrenzen per Ich-Botschaft gefragt: „Es nervt mich, dich so raunzen zu hören. Sag, was ich tun kann, oder hör auf damit!“ Sollte es weiter machen, dann halten Sie Ihren Fingern vor den Mund und sagen „Psst“, damit das Kind weiß, dass es jetzt schweigen soll.

Hilfreich kann auch sein, eine so genannte Auszeit vorzuschlagen: „Bleib ein Weilchen in deinem Zimmer. Komm wieder, wenn du weißt, was du willst.“

Natürlich darf das Kind dies nicht als Strafe oder Verbannung ansehen, sondern als Ort zum Ruhigwerden. Sie können auch nach einem kleinen Weilchen klopfen und fragen: „Kann ich dich trösten?“ Nehmen Sie es schweigend in die Arme.

Alternativen anbieten

„Möchtest du zu mir in die Küche kommen? Komm, wir machen…“ Lenken Sie Ihr Kind ab, indem Sie etwas Interessantes, Nützliches oder Lustiges vorschlagen. Wenn das Thema Raunzen hinreichend besprochen wurde, die Situation aber trotzdem immer wieder vorkommt, dann können Sie gleich zu Beginn sagen „Stopp! So nicht!“ oder: „Pssst!“

Versuchen Sie es mit Humor

Neulich war Luise schlecht gelaunt und wollte sich nicht anziehen, obwohl man ihr schon mehrfach gut zugeredet hatte. Da kam die Oma, schnappte sich den Dinosaurier und sagte zu Luise: „Ich bin der Dinosaurus Rex! Wenn du dich nicht sofort anziehst, beiß ich dich in den Popo!“ Da musste Luise lachen und zog sich zügig an.

Ein Nein ist ein Nein

Wenn Kinder die Erfahrung machen, dass sie nur lang genug „raunzen“ müssen, bis wir nachgeben, dann liegt der Grund klar auf der Hand. Wenn Sie konsequent sind („Ich habe nein gesagt!“), dann wird es ganz von allein aufhören, Sie damit zu „löchern“.

Kinder brauchen manchmal das klare STOP der Eltern, um sich nicht in einer labilen Stimmung, ausgedrückt durch Raunzerei, zu verlieren.

Immer müssen wir sie einfühlsam dort abholen, wo sie sich emotional gerade befinden, um sie dann in die Richtung zu lenken, die wir als verantwortliche Bezugspersonen für angemessen erachten.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Maria Neuberger-Schmidt

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