Die Falle des Vergleichens - Teil 2 - Wege aus der Falle

Vielleicht kommt dir die folgende Situation bekannt vor:

Du fühlst dich gerade wohl, bist zufrieden und genießt den Tag. Plötzlich triffst du am Weg zum Supermarkt eine Bekannte, die dir vorschwärmt, dass sie mit ihrem Mann vor kurzem ein schönes Haus in einer sehr guten Lage erworben hat. Ihren Erzählungen lauschend fällt dir nebenbei auf, dass deine Bekannte heute auffällig schick gekleidet ist und wirklich gut aussieht. Du beendest das Gespräch und verabschiedest dich. Fünf Minuten später bemerkst du plötzlich, dass deine Stimmung gekippt ist und du dich nicht mehr so zufrieden fühlst, wie vor der Begegnung. Du ertappst dich selbst dabei, dass du begonnen hast, dich mit deiner Bekannten zu vergleichen. Auf einmal erscheint dir deine eigene Mietwohnung zu klein, dein Outfit zu langweilig und dein Aussehen erhält die Note „Nicht genügend“. …

Du bist in die Falle des Vergleichens getappt.

 

Vielleicht hast du bereits den ersten Teil meines Themas über Ursachen und Folgen des Vergleichens gelesen und bist jetzt neugierig geworden, was dir helfen könnte, weniger in diese Falle zu tappen? Oder du hast erkannt, dass dieses ständige Vergleichen mit den anderen dich zunehmend unglücklich(er) macht?

Dann hoffe ich, dass dir die folgenden Tipps helfen werden, deinen Blick auf all das Gute und Schöne in deinem Leben zu lenken und dir effektive Wege aus der Falle des Vergleichens aufzeigen:

 

1. Dankbarkeit üben

„Nicht die Glücklichen sind dankbar, es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“  (Sir Francis Bacon)

Ein geeignetes Gegenmittel für wertendes Vergleichen ist die Dankbarkeit.

Wer für das dankt, was er hat, erkennt, dass es nicht selbstverständlich ist. Er lenkt seinen Fokus weg von dem, was er nicht hat, hin zu dem, woran er sich erfreuen kann. Das, was die Psychologie in den letzten Jahrzehnten immer stärker betont hat, finden wir bereits in der Bibel: Aufforderungen, ja sogar Ermahnungen zur Dankbarkeit (Kolosserbrief 3,15 oder 1. Thessalonicher 5,18 u.a.).

Eine Strategie, die mir persönlich sehr geholfen hat, um mich in die Haltung der Dankbarkeit einzuüben ist folgende: Fast jeden Abend nehmen sich mein Mann und ich eine Zeit der Erinnerung. Ich sage ihm drei Dinge, für die ich (heute) dankbar bin und er sagt mir ebenso drei Dinge. Oftmals habe ich dabei schon gemerkt, wie sich meine Stimmung dabei deutlich verbessert hat und ich freudiger einschlafe.

Suche eine für dich geeignete Dankbarkeitsübung (Dankesbrief, Dankbarkeitstagebuch usw.) und übe dich darin.

Praktiziere Dankbarkeit! Lebe Dankbarkeit!

Werde bzw. sei ein dankbarer Mensch! Die Dankbarkeit ist eine Haltung, nicht unbedingt ein Gefühl. Wenn du aber beginnst zu danken, wirst du merken, dass gute Gefühle nachziehen.

 

 

2. Die Einmaligkeit meines Lebens erkennen

„Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.“ (Psalm 139,14)

 

Jeder Mensch ist, basierend auf dem christlichen Menschenbild, eine einmalige und besondere Schöpfung Gottes.

Jeder ist ein Original, unverwechselbar und daher im Grunde nicht zu vergleichen.

Je dankbarer ich für mein einzigartiges Leben und meine Originalität bin, desto eher kann ich auch anderen Menschen etwas gönnen und mich mit ihnen freuen.

Ein indianisches Sprichwort lautet: „Urteile nie über jemanden, bevor du nicht einen Monat lang in seinen Mokassins gegangen bist.“ Abgewandelt könnte dies heißen: „Beneide niemanden, bevor du nicht einen Monat lang dessen Leben gelebt hast.“ Der Mensch in seiner Einmaligkeit kann nur „in seinen eigenen Schuhen gehen“, d.h. sein eigenes Leben leben.

Er ist und bleibt ein Original, mit keinem anderen Original vergleichbar!

 

3. Selbstwert und Selbstachtung entdecken

„Und es kam der Tag, da das Risiko, in der Knospe zu verharren, schmerzlicher wurde, als das Risiko zu blühen.“ (Anais Nin)

 

Eine große Hilfe, um der Falle des Vergleichens und dem Neid als Folge zu entkommen, ist die Stärkung des Selbstwertgefühls. Unter Selbstwert versteht die Psychologie die Bewertung, die man von sich selbst hat.

Die Fähigkeit, sich selbst annehmen zu können, wird in der frühen Kindheit angelegt. Was aber, wenn damals vieles falsch lief? Ist der negative Kreislauf dann mein unabwendbares Schicksal? Nein!

Selbstannahme ist (auch) ein Lernprozess.

Ein paar Anregungen zur Stärkung des Selbstwertes, die sich in meinem Leben und in meiner Beratungstätigkeit bewährt haben, möchte ich gerne hier anfügen:

  • Komm deinen Gedankenmustern auf die Spur. Entlarve Lügen und falsche Gedankenmuster.
  • Nimm eine kognitive Korrektur vor und sage dir selbst die Wahrheit. Fertige hierfür eine Liste von Bibelstellen an, die der Quelle deiner Unsicherheit entgegenstehen, und lerne diese auswendig. Orientiere dich auch an den wertschätzenden Worten geliebter Menschen.
  • Führe ein „Pluspunktetagebuch“ und notiere, was du lobenswert und positiv an dir findest, oder auch, was anderen Menschen dir Positives sagen.

 

 

4. Gaben entfalten

„Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten.“ (Matthäusevangelium 25,15)

 

Gott hat mit jedem Leben etwas vor, er hat für jeden Menschen einen Plan, einen Platz und einen Auftrag. Dies macht auch das Gleichnis aus dem Matthäusevangelium 25,14-30 deutlich: „Unsere Talente sind anvertraute Gaben.“

Wir sind aufgefordert, sie einzusetzen und etwas daraus zu machen.

Manche haben mehr, andere haben weniger Begabungen, aber sicher ist, dass jeder Mensch Begabungen hat! Wenn wir unsere Talente nicht zur Entfaltung bringen, weil wir nur auf die Fähigkeit und Stärken der anderen schielen, werden wir unserem Lebensauftrag nicht gerecht.

 

5. Grenzen akzeptieren

„Hab dein Schicksal lieb, denn es ist der Weg Gottes mit deiner Seele.“ (Fjodor Dostojewski)

 

Es kann sein, dass wir beim Vergleichen feststellen, dass andere tatsächlich besser dran sind als wir. Vielleicht haben sie eine stabilere Gesundheit, bessere Lebensbedingungen, eine optimalere Figur oder ähnliches. In diesem Fall ist es sicherlich förderlich für unsere seelische Gesundheit, innerhalb der gegebenen Grenzen unsere Stärken auszubauen, als ständig gegen Grenzen anzukämpfen.

Manche Grenzen oder manche verschlossenen Türen muss ich akzeptieren lernen, denn in der Akzeptanz der Begrenztheit liegt auch eine Entwicklungsfähigkeit.

 

 

Wie du vielleicht erahnen kannst, habe ich selbst vor einiger Zeit begonnen, einen Weg der Korrektur in Bezug auf Vergleichen zu gehen und stelle bereits fest, wie sich Gedanken und Bewertungen verändern und ich innerlich freier werden darf. Von größter Wichtigkeit für mich ist dabei zu erkennen, dass Gott mein Leben überreich segnen will und wie kostbar, geliebt und geschätzt ich in Seinen Augen bin. Zudem durfte ich in den letzten 10 Jahren begreifen, dass ich als Mutter von drei Kindern unersetzbar bin.

Das, was ich für meine Kinder bin, kann keine andere Frau für sie sein.

Komm auch du deinen Prägungen und Gedankenmustern auf die Spur und korrigiere sie, wenn nötig. Übe dich in Dankbarkeit und entfalte deine Gaben innerhalb der gegebenen Grenzen. Es ist ein Weg, der sich lohnt. Denn: Du bist ein Original, keine Kopie. Und Originale vergleicht man nicht! 😊

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