Ab wann können Kinder erstmal alleine bleiben?

Die große Tochter kommt von der Schule nach Hause und macht es sich gemütlich. Eine halbe Stunde später müsste sie wieder los, um mit der Mama gemeinsam die kleine Schwester vom Kindergarten abzuholen. Und hat dazu keine Lust. Darf ich sie alleine zuhause lassen? Oder verletze ich damit meine Aufsichtspflicht?

Was ist das überhaupt? Im Gesetz ist die Aufsichtspflicht nicht im Detail definiert und somit ist es Ermessenssache, wie die Aufsichtspflicht ausgelegt wird. Verstanden habe ich, dass die Erziehungsberechtigen so handeln, dass den ihnen anvertrauten Kindern nichts geschieht und die Kinder niemanden und keiner Sache Schaden zufügen.
Unter drei Jahren sind Kinder zu jung, um unbeaufsichtigt zu bleiben,  vier- bis sechsjährige Kinder können 15-30 Minuten alleine sein, ab sieben Jahren können Kinder sicher auch schon mal eine oder zwei Stunden in ihrem gewohnten Umfeld alleine bleiben. Wobei Geschwister sicher früher ohne Aufsicht bleiben können als Einzelkinder und es natürlich auf den Charakter der Kinder ankommt.

Manche Kinder sind ängstlich, anderen wiederum fällt einiges an Unsinn ein, sodass man sie nur mit ungutem Gefühl alleine lässt. Wichtig: Traut es sich das Kind zu? Trauen es die Eltern dem Kind zu?  

Ein paar Regeln für das Alleinsein

Ich informiere meine Kinder, wenn ich weggehe und schleiche mich nicht heimlich hinaus. 

Dauer: Wenn ich nur 30 Minuten weg bin, dürfen die Kinder im Kindergarten- und Volksschulalter zuhause bleiben. Sie spielen ein ruhiges Spiel oder können auch mal fernsehen (wobei wir uns vorher auf einen Inhalt einigen). Die Rückkehrzeit halte ich unbedingt ein. 

Gefahrenquellen ausschalten: Ich achte darauf, dass sie keinen großen Hunger oder Durst haben, weil ich Sorge habe, dass sie ansonsten auf die Anrichte klettern könnten, um sich selbst zu versorgen. Da weiß sicher jede Mama oder Papa am besten, was es im eigenen Zuhause für ‚verlockende‘ Gefahrenquellen geben könnte. Meine Kinder kennen die Gefahren von Feuerzeug, Strom, Putzmitteln o.ä. und wissen, dass sie damit nicht hantieren dürfen. Zur Sicherheit sind diese Dinge ohnehin gut verräumt. 

Die Kinder müssen sich keine Sorgen machen, dass jemand auf sie böse sein könnte, wenn sie die Tür verschlossen halten.

Wohnungstür bleibt geschlossen: Wir haben vereinbart, dass die Kinder niemanden (!) öffnen dürfen, wenn sie alleine zu Hause sind. Sollte es jemand sein, der unbedingt Zutritt zum Haus braucht, muss diese Person halt wiederkommen. Die Kinder müssen sich keine Sorgen machen, dass jemand auf sie böse sein könnte, wenn sie die Tür verschlossen halten. Ich habe mit den Kindern vereinbart, das nach meiner Rückkehr zu klären.
Mir ist es lieber mich mit einem verärgerten Bekannten auseinander zu setzten, der überraschend vorbeikommt, als eine fremde Person in der Wohnung  vorzufinden.
Die Nachbarn werden auf später vertröstet, der Paketbote soll das Pakerl vor die Tür legen und alle anderen Menschen müssen halt in 20 Minuten wiederkommen. 

Notfallnummer: Wir haben besprochen, was im Notfall zu tun ist, z.B. sind die Kinder angehalten bei den Nachbarn, die wir gut kennen, zu läuten. Obendrein lasse ich den Kindern meist ein Handy zuhause, mit dem sie den Papa anrufen könnten. Bisher ist nie etwas geschehen, das die Anwesenheit eines Erwachsenen erfordert. Das Gefühl, dass die Kinder erreichbar sind und Hilfe rufen könnten, ist aber für beide Seiten beruhigend. 

Geheimwort: Wir haben ein Geheimwort vereinbart. Sollte Mama also den Schlüssel vergessen haben und läuten müssen, fragen die Kinder nach dem Namen der zweitkleinsten Puppe oder dem Lieblingskuscheltier. Also etwas, das wirklich nur Mama und Papa und engste Vertraute, wie Oma und Opa wissen können. Andere Personen müssen warten (siehe oben).

Kinder ohne anwesende Erwachsene im Garten und am Spielplatz

Auch Kindergartenkinder können meines Erachtens schon ohne ständige Anwesenheit eines Erwachsenen im Freien spielen, wenn ein paar Voraussetzungen erfüllt sind. 

  • Am allerliebsten ist es mir, wenn die Kinder nicht einzeln sondern in einer Gruppe  am Vorplatz sind. So können die Kinder gleich Hilfe holen, passen aufeinander auf und schützen einander. 
  • Die Kinder dürfen nur bis zu einem bestimmten Punkt gehen, z.B. der zweite Kanaldeckel bzw. ein Busch, der den Radius der Kinder begrenzt. Diese ‚Grenze‘ ist auch mit den Nachbarkindern abgesprochen.
  • Die Kinder müssen in „Rufweite“ des Hauses bleiben, sodass Mama oder Papa möglichst mitbekommen, sollte ein kleiner Unfall passieren. 
  • Wenn die Kinder den  vereinbarten Spiel-Radius verlassen und  beispielsweise  das Nachbarskind besuchen möchten, müssen sie immer Bescheid geben. 
  • Und zu guter Letzt: die Großen passen auf die Kleinen auf.

 

Meine Kinder sind immer ganz stolz, wenn sie alleine zuhause bleiben dürfen. Wir haben alles immer gut besprochen, sie über Gefahren informiert, ausprobiert und uns langsam herangetastet. Und jetzt klappt es sehr gut.

 

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