Was gibt es Neues bei dir?

„Und? Was gibt es Neues bei dir?“ Seit ich Mutter bin und mit meinen kleinen Kindern zuhause, treibt mir diese Frage schon mal Schweißperlen auf die Stirn.

Im schlimmsten Fall wird sie von Menschen gestellt, die gerade eine eindrucksvolle Reise hinter sich haben, die dritte berufsbegleitende Ausbildung anfangen oder schlicht von der letzten Podiumsdiskussion, der sie beigewohnt haben, berichten. Denn nachdem ich ihren spannenden und abwechslungsreichen Anekdoten gelauscht habe, komme ich mir oft ziemlich hilflos vor, wenn man sich nach den Neuigkeiten meines Lebens erkundigt.

Mittel- und Großereignisse sind eher eine Seltenheit

Was ich nicht sagen kann: Ich war vor zwei Wochen im Theater, weil ich diese hervorragende Kritik über das Stück X in der Zeitung Y gelesen habe. Danach habe ich mit meinem Mann diese neue Cocktailbar besucht. In der haben wir uns dann eine Woche später auch mit unseren Freunden getroffen und  uns die ganze Nacht lang angeregt über Politik unterhalten. Sowohl Innen- als auch Außen. Da fällt mir ein: Unlängst war ich spontan in Prag – eine herrliche Stadt. Der Wochenendtrip war der Hit. Weißt du, was wir da alles erlebt haben…

Eintöniger Alltag zuhause?

Was ich sagen könnte: Es gibt nicht viel Neues. Ich habe in letzter Zeit, so wie in den gesamten letzten zwei Jahren, ziemlich viele Windeln gewechselt. Ich habe „brumbrum“ gemacht und dabei ein Auto über den Teppich rollen lassen, war auf dem Spielplatz und ziemlich oft im Hof. Ich habe Einkäufe erledigt, gekocht, Wäsche gewaschen. Ich habe Tränen getrocknet, Geschichten vorgelesen und während der heißen Tage mehrmals das Plantschbecken auf der Terrasse aufgestellt. Achja. Letzte Woche hatten wir einen Impftermin.

Klingt eintönig? Ja. Klingt eintönig.

Mädchen gähnt neben Waschmaschine

Intensive Momente ganz im Jetzt

Was es annähernd  ist (wobei Worte es nie ganz treffen können): Meine Tage sind von außen betrachtet ziemlich ähnlich. Dennoch sind sie alles andere als langweilig, denn hauptsächlich bestehen sie aus einer Aneinanderreihung  intensiver Momente. Ich habe noch nie so sehr im Jetzt gelebt wie mit meinen Kindern.  Manche Momente sind anstrengend, aber witzig; den Großen zu überzeugen, dass es eher nicht sinnvoll ist, sich auf den drei Monate alten Bruder draufzusetzen, um „hoppe hoppe Reiter“ zu spielen. Nach der Rückkehr vom Familientreff an einem Salzburger See von seinem Zweijährigen angeraunzt zu werden „Ich will Urlaub haben. Hier nicht lustig.“

„Mamaaaaaa! Wo biiiiiist duuuu?!!!“

Manche Momente sind nur anstrengend, ganz ohne Witz. Ein sich ankotzendes Kleinkind im Doppelkinderwagen, das man mitten in der Stadt umziehen muss, während es hysterisch brüllt und das Baby mit dem Weinen ansteckt. Manche Momente sind körperlich anstrengend. Ich klettere mit meinem älteren Sohn Sprossenwände im Spieleraum hoch, weil wir seit neuestem Eichhörnchen sind. Sehr aktive Eichhörnchen, die fast immer nur klettern, und selten eine Pause zum Nüsse-Essen machen.

Wenn ich nicht gerade ein Eichhörnchen bin, laufe ich natürlich öfters am Tag mit einem sechs Kilo schweren Baby am Arm herum. Wenn ich Glück habe, schläft es dabei manchmal ein. Wobei ich mir ziemlich sicher sein kann, dass zwei Sekunden, nachdem mir dieses Unterfangen gelungen ist, der Große „Mamaaaaaa! Wo biiiiiist duuuu?!!!“ schreit oder sich uns mit irgendeinem Batterie betriebenen Horrorgeschenk nähert. (Ihr Schenker dieser Welt, habt doch Erbarmen mit uns armen Eltern!) Manche Momente machen mich stolz. Der Kleine hat sich vom Rücken auf den Bauch gedreht, die Sprachentwicklung des Großen macht enorme Fortschritte und ich berichte meinem Mann am Abend Dinge wie „Er hat den 3. Fall verwendet!“ (Da kommt die Deutschlehrerin in mir zum Vorschein…)

Glücksmomente erleben

In vielen Momenten kann ich mit all meiner Aufmerksamkeit einfach nur wahrnehmen, was Wundervolles vor sich geht. Wenn sich der Ältere zum Jüngeren unter den Activity-Bogen legt und ihm die Welt erklärt. „Schau! Da ist Vogel auf Terrasse!“ Oder ihm die Zukunft in den schillerndsten Farben eines Zweijährigen beschreibt. „Wenn groß bist, dann auch Sandkiste.“ Und der Jüngere daraufhin seinem älteren Bruder glucksend entgegenlacht. Wenn mein Babybub genießerisch verharrt, weil er von mir Bussis auf den Hals bekommt, während ich in seinen leicht geöffneten, zahnlosen Mund blinzle. Wenn er beim Aufwachen lächelt, weil er mich sieht. Wenn mein Großer mich auf der Couch plötzlich unvermittelt umarmt und mir „Hab dich lieb“ sagt.

Was es Neues gibt? Meine Kinder haben sich die Welt wieder ein Stück mehr zu eigen gemacht, sich auf ihr ausprobiert, Neues entdeckt, weitere Schritte ins Größerwerden gemacht. Und ich durfte dabei sein.

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