Wiedereinstieg oder von Teilzeit auf Vollzeit – wie funktioniert es?

Ganz gleich, ob es sich um den Wiedereinstieg nach der Karenz oder mehr Stunden handelt, es ändert sich etwas, wenn beide Elternteile berufstätig sind! Die größten Herausforderungen für unsere Familie haben wir für euch mitgeschrieben.

Seit einem Jahr arbeite ich wieder Vollzeit. Nach drei Jahren Teilzeitarbeit war das eine große Umstellung, ähnlich wie damals der Wiedereinstieg in den Beruf: für mich, unsere Ehe, meine Kinder, die gesamte Familienorganisation.

Die Vollzeitstelle war ein Angebot, über das ich lange nachgedacht habe. Wir haben viele Gespräche geführt und verschiedene Möglichkeiten durchgedacht. Ich gehe gern arbeiten und diese Stelle hat mir neue Aufgaben ermöglicht, die ich sehr gerne erfülle. Trotzdem habe ich doch auch immer ein bisschen ein schlechtes Gewissen, immerhin hatte ich mich ja bewusst für weniger Arbeitsstunden und mehr Familienzeit entschieden.

Flexibilität als Zauberwort

Mein Mann und ich arbeiten derzeit sozusagen „gegengleich“ und obwohl er eine Zusatzausbildung begonnen hat, ist er so an vier Vormittagen freigespielt, die er – neben Lernen – mit eventuell kranken Kindern Zuhause verbringen kann. Das war während Corona suboptimal, aber hat uns zumindest die Betreuung unserer Kinder Zuhause ermöglicht.

Auch das war eine Umstellung für uns, denn nun ist mein Mann zumindest drei Abende in der Woche nach der Arbeit in der „Schule“ (dass Papa in die Schule geht, finden unsere Kinder total witzig!). Das heißt, wir als Paar haben weniger Zeit und wir müssen gut darauf achten, dass unsere Ehe trotzdem immer Priorität hat! Aber unsere Kinder haben so oft es geht einen von uns, auch meinen Zeitausgleich und einige Urlaubsstunden verwende ich immer wieder für Kindergartenfeiern oder Elternsprechtage.

Oma umarmt Enkelin

Einen Tag pro Woche waren unsere Kinder letztes Jahr in der Nachmittagsbetreuung, hin und wieder kommen auch Omas und Tanten zum Einsatz, manchmal nimmt eine liebe Nachbarin sie zu Mittag mit. Ich bin sehr dankbar, dass wir diese Möglichkeiten in unserem Umfeld haben und weiß auch, dass das für viele ein Luxus ist.

Es wird viel abverlangt

Einiges ist mir mit der Umstellung klar geworden:

  • Ich bin oft erledigt, dann heißt es früh ins Bett. Meine Energie ist nicht unendlich und sonst bin ich ganz schnell krank oder zumindest dauerhaft schlecht gelaunt! Das wurde nach einiger Zeit besser und das neue Arbeitspensum mehr zur Gewohnheit, dann kommt auch die Energie wieder.
  • Der Haushalt, die Essensplanung, Einkäufe, die Termine, die „Übergabe“ mit meinem Mann: all das ist nun wesentlich straffer organisiert und effektiv eingeteilt, aber es bleibt auch weniger Puffer für morgendliches Suchen oder Müdigkeitsanfälle unserer Kinder. Da brauchen wir mehr Geduld und Verständnis!
  • In den ersten Wochen glich unser Haus eher einem chaotischen Warteraum: alles der Reihe nach, bitte warten! Was wir an Absprachen, Plänen und Arbeitsverteilung brauchen, zeigte sich erst nach und nach. Wir brauchen z.B. dringend einen Plan, wer wann die Waschmaschine aufdreht…
  • Es dauert, bis sich ein neuer Rhythmus eingespielt hat, währenddessen dürfen die Mahlzeiten einfach sein und die Hundehaare auch einen Tag liegen bleiben. Wir müssen vor allem Geduld mit uns haben und nicht den Anspruch, dass gleich alles perfekt läuft.
Frauenhand mit Bleistift checkt Kalender
  • Arbeitsteilung heißt bei uns nicht, dass alles 50:50 geteilt wird, sondern eher nach Stärken und Sinnhaftigkeit. Während mein Mann die meiste Arbeit mit Garten und Tieren erledigt (und staubsaugt!), richte ich das Gewand der Kinder am Abend her und plane unsere Mahlzeiten. Am Abend koche ich immer wieder für die nächsten Tage vor und richte die Jause. Die Einkäufe macht meistens er, wenn er die Kinder in Kindergarten und Schule gebracht hat, den Geschirrspüler dürfen neuerdings die Kinder ausräumen. Für die Finanzübersicht und die Geschenkeplanung bin ich zuständig, für´s Tanken und Terminabsprachen mit unseren Familien er – und so weiter…
  • Die Zeit mit meinen Kindern möchte ich viel bewusster gestalten und genießen, aber manchmal dauert die Hausübung bis zum Abendessen. Trotzdem, wir haben unsere Rituale und manchmal einfach so besondere Momente im Alltag.
  • Meine Kollegen wissen, dass ich mein Handy Zuhause meist im Lautlos-Modus lasse. Immer klappt die Trennung zwischen Beruf und Familie nicht, aber so gut es geht, bemühe ich mich.
  • Es muss wirklich alles im Kalender stehen! Und wir müssen zumindest ein Mal wöchentlich unsere Termine absprechen und wer wofür zuständig ist.
  • NEIN ist die wirksamste Methode, den Terminkalender zu entrümpeln. Ich muss nicht bei jeder Besprechung dabei sein und auch nicht die nächste Veranstaltung in der Pfarre mit organisieren. Unseren Kindern wird es nicht schaden, wenn sie nicht bei noch einem Kurs dabei sind, viel schädlicher für unsere Familie wäre der Stress, den wir dadurch haben.
  • Was man gleich tun kann, ist erledigt.
  • Ordnung ist das halbe Leben, alles auf seinen Platz! Zugegeben, das ist nach wie vor nicht immer einfach für uns… aber es wird! Manchmal ist dann Besuch der beste Aufräum-Helfer 😉

Als Mutter (oder Vater!) nach der Karenz wieder zu arbeiten oder mehr Stunden zu arbeiten ist tatsächlich nicht einfach. Es ist ein großer Schritt und es ist klar, dass es in der Familie nicht einfach so weiter gehen kann wie zuvor.

Ist es das wert?

Ehrlich gesagt, ich weiß es (noch immer) nicht. Wir werden sehen, wie es sich insgesamt auf unsere Familie auswirkt und welchen neuen Rhythmus wir finden. Unsere Familie wird immer Priorität haben, also falls sich das nicht alles unter einen Hut bringen lässt, werden wir nach einer neuen Lösung suchen. Denn auch wenn die Berufstätigkeit ein Einkommen bringt, zahlen wir mit Lebenszeit – und vor allem die Zeit mit unseren Kindern kommt nicht wieder!

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