Wie mehrsprachige Erziehung gelingt

„Wie viele Sprachen du sprichst, sooft mal bist du Mensch,“ sagte mal Goethe und er hatte Recht. Fremdsprachenkenntnisse bieten uns Freiheit. Hat ein Kind das Glück, dass seine Eltern verschiedene Muttersprachen sprechen, bietet sich die Mehrsprachigkeit förmlich an. Doch stellt sich bei der bilingualen Erziehung die Frage, wie geht man am Besten vor?

Mein Mann lernte schon als Kind zwei Sprachen. Er wechselt zwischen denen, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Da Deutsch nicht meine Muttersprache ist, war für mich auch klar: mein Kind wird zweisprachig aufwachsen. Noch vor der Geburt haben wir allerdings paar Regeln festgelegt: vor allem haben wir uns geeinigt, wer welche Sprache mit dem Kind sprechen wird. Und bei Verstoß korrigieren wir uns gegenseitig.

Konsequenz ist wichtig

Um Chaos im Kopf des Kindes zu vermeiden, sollte man sich für eine Sprache entscheiden und diese dann konsequent mit dem Kind sprechen. Dabei sprechen wir nicht nur von den Eltern. Auch Bekannte, oder Erzieher können einem Kind eine weitere Sprache beibringen. Allerdings soll diese Person dann immer nur in der einen Sprache sprechen. Wenn eine Person zwischen zwei Sprachen dauernd wechselt, kann es dazu führen, dass das Kind eine Mischform zweier Sprachen entwickelt und keine der beiden Sprachen richtig lernt.

Kinder, die bilingual aufgewachsen sind, können oft besser und schneller zwischen verschiedenen Aufgaben wechseln.

Am Besten entscheidet man sich für die Muttersprache, denn in dieser kann man sich am besten ausdrücken. Fehlerhafter Erwerb einer Sprache ist schwer zu korrigieren, deshalb muss man die Sprache, in der man mit einem Kind kommuniziert, wirklich gut beherrschen. Nicht nur grammatikalisch, sondern auch betreffend Tonlage.

Ausnahmen erlaubt?

Natürlich ist es manchmal schwierig mit dem eigenen Kind eine Sprache zu sprechen, die alle anderen um einen herum nicht verstehen. Vor allem in Gesellschaft tut man sich damit schwer. Wenn es die Situation erfordert, ist es ausnahmsweise erlaubt, die Sprache der Gruppe zu wählen. Dennoch sollte es eher eine Ausnahme sein. Ich entschuldige mich immer bei meinen deutschsprachigen Freunden dafür, dass ich mit meinem Kind eine andere Sprache spreche. Wenn ich es im Vorhinein kläre, fühle ich mich selbst nicht unwohl. Und die Menschen um mich herum kriegen nicht das Gefühl ich wäre unhöflich. Wenn es die Situation erfordert, spreche ich Deutsch. Dies geschieht meistens dann, wenn ich mehrere Personen um mich herum ansprechen will, oder wenn ich möchte, dass sie verstehen, was ich zu meinem Kind sage.

Babys erste Schritte

Zweisprachig von Anfang an

Manche Eltern fragen sich, wann sie mit der Mehrsprachigkeit beginnen sollen. Am Besten gleich nach der Geburt. So lernt das Baby die Melodie der Sprachen kennen. Allerdings kann man auch später beginnen. Grundsätzlich kann man sagen, dass Kinder unter vier bis fünf Jahre fähig sind, mehrere Sprachen ohne viel Aufwand zu lernen. In diesem Alter wird die Sprache eher intuitiv erfasst, während sich später der Lernprozess verändert und so den Erwerb einer Sprache verkompliziert.

Manchmal hilft es auch, wenn das Kind andere Kinder trifft, die diese Sprache sprechen.

Wenn eine Mischsprache entsteht

Auch wenn man konsequent nur eine Sprache spricht, kann es passieren, dass Kinder vor allem im jungen Alter zwei Sprachen vermischen. Das kommt recht häufig vor. Wichtig ist das Kind zu korrigieren und dazu zu motivieren, nur eine Sprache zu verwenden. Auch hier ist Konsequenz gefragt. Dran bleiben, es lohnt sich. Bis zum Schulalter sollte das Kind allerdings zwischen den Sprachen unterscheiden können. Wenn nicht, ist es an der Zeit, sich Hilfe zu holen.

Weitere Schwierigkeiten

Manchmal passiert es, dass das Kind in einer bestimmten Phase eine der Sprachen verweigert und nicht spricht. Das ist nicht tragisch und man sollte kein Drama daraus machen. Einfach weiter dran bleiben und die Freude an der Sprache nicht verlieren. Manchmal hilft es auch, wenn das Kind andere Kinder trifft, die diese Sprache sprechen.

Es ist auch völlig normal, dass eine Sprache bei dem Kind dominant wird. Meistens ist es anfangs die Sprache, die zu Hause gesprochen wird. Später wird die Sprache dominant, die das Kind im Kindergarten oder in der Schule hört. Es kann auch vorkommen, dass das Kind nach dem Schulbesuch ein wenig Zeit braucht, um von der einen Sprache in die andere zu wechseln. Das ist auch völlig normal und liegt daran, dass das Kind den halben Tag nur in einer Sprache „gefangen“ war. Auch hier gilt: einfach wie gewohnt in der anderen Sprache sprechen.

Vorteile der Mehrsprachigkeit

Manche Eltern haben Angst, ihr Kind lernt keine der Sprachen richtig, oder es spricht dann die Sprache des Landes, in dem man lebt, schlecht. Deshalb verzichten viele auf mehrsprachige Erziehung. Viele sagen auch, dass die jeweilige Muttersprache eines Elternteils das Kind ohnehin nie brauchen wird. Dennoch macht eine mehrsprachige Erziehung Sinn. Denn solche Kinder entwickeln mehr Feingefühl für fremde Sprachen und tun sich auch später beim Lernen der Sprachen leichter. Außerdem haben solche Kinder mehr Verständnis für kulturelle Unterschiede und sind offener. Auch in Sachen Konzentration gibt es Vorteile. Kinder, die bilingual aufgewachsen sind, können oft besser und schneller zwischen verschiedenen Aufgaben wechseln. Auch wenn eine Sprache später nicht verwendet wird, bleiben die Grundsteine im Gehirn fest verankert. Eine mehrsprachige Erziehung bringt also viele Vorteile mit, die wir unseren Kindern nicht vorenthalten sollten.

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