Wenn Kinder ihren Eltern drohen

Kinder, die ihren Eltern Drohungen aussprechen, wollen ihre Grenzen austesten und brauchen klare Signale ihrer Eltern. Die dürfen die Tatsachen ruhig ansprechen, die Kinder verstehen sie intuitiv.

Die Mutter ist besorgt, weil der 4-jährige Helmut, sonst ein lieber Junge, sich des Öfteren am Ton vergreift. Wenn er nicht bekommt was er will, fängt er an zu drohen und manchmal schreitet er sogar zur Tat: „Dann mache ich dir den Teller kaputt!“ oder „Dann haue ich dir den Kachelofen zusammen!“ Die Mutter will den Konflikt nicht verschärfen. Sie ignoriert seine Aussage und lenkt ab. Ein anderes Mal erklärt sie ihm die Notwendigkeit der Dinge und dass Kaputtmachen nicht die richtige Lösung sei. Dennoch lässt Helmut nicht ab von seiner Unart.

Kindlicher Machtkampf

Wo ist das Problem?

Mit seinen Drohungen will Helmut auf kindliche Art wissen, wie weit er gehen und wie viel Macht er ausüben kann.

Er lässt sozusagen, psychologisch gesehen, seine „Muskeln spielen“. Zwar kann das geduldige und standhafte Verhalten der Mutter den Konflikt entschärfen, aber es ist mühsam und irritierend. Wenn Eltern um des „Friedens willen“ nachgeben und sich unterwerfen, kann ein Kind sogar echte Verhaltensstörungen entwickeln.

Warum Erklärungen nicht ausreichen

Was ist zu tun? Ignorieren und Erklärungen geben (Sachebene) reichen nicht aus. Die Mutter darf sich nicht scheuen, die Sache auf den Punkt zu bringen und das Problem dort anzusprechen, wo der Knackpunkt liegt: auf der Ebene des Respekts. Helmut muss wissen: Drohungen sind nicht ok. Kinder dürfen ihren Eltern nicht drohen! (Umgekehrt aber bitte auch nicht).

Die Sache auf den Punkt bringen

Daher ändert die Mutter ihre Taktik und fragt bei nächster Gelegenheit ernst: „Du drohst mir?!“ Helmut ist sprachlos und gibt kleinlaut bei: „Nein“. Damit ist der Konflikt erledigt. Ein anderes Mal sagt die Mutter entschlossen: „Du drohst mir nicht! Komm, wir gehen Zähneputzen!“ Und es gab keine Widerrede. Helmut hat kapiert und droht nicht mehr.

Oft scheuen sich Eltern, Dinge direkt anzusprechen, weil sie nicht wahrhaben wollen, dass dies ein Machtspielchen ist oder weil sie die Auseinandersetzung scheuen.

Manche meinen, das Kind verstehe es noch nicht. Das ist eine Fehleinschätzung. Durch seine Inszenierung beweist Helmut, dass er sehr wohl versteht, auf kindliche Art – intuitiv und unbewusst. Kinder wollen sich durchsetzen und wollen wissen, wie weit sie gehen können. Eltern müssen sie in ihre Schranken weisen – verständnis- und liebevoll.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Maria Neuberger-Schmidt

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