Wenn die Angst plötzlich an die Tür meines Kindes klopft

Es kam ganz unverhofft. Ein Ereignis, große Emotionen, körperliche Reaktionen und schon war sie da - die Angst.

Eines unserer Kinder machte sich bereits als es sehr klein war viele Gedanken und Sorgen. Zum Beispiel darüber, dass es sich durch angegriffene Pflanzen vergiften oder dass das Berühren der Türklinke mit der Hand sie krank machen könnte. Eines Tages überfiel es jedoch eine Angst, die es länger nicht mehr losließ und Handlungsbedarf erforderte.

Meine eigenen Erfahrungen, Erkenntnisse aus Gesprächen mit Ärzten und Psychotherapeuten sowie aus Literaturrecherchen möchte ich nun mit euch teilen.

 

Angst: Was ist das?

Angst ist zunächst ein ganz normaler und notwendiger emotionaler Zustand.

Sie kann als eine emotionale Reaktion bezeichnet werden, welche in unterschiedlichen Situationen des Lebens auftritt und jeweils unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann.

Sie hat eine schützende wie auch auch motivierende Funktion. So verhilft sie manchen Menschen dazu, sich nicht zu überschätzen und zu hohe Risiken einzugehen und wieder andere werden durch sie zu Leistungen angespornt, welche sie nicht für möglich hielten.

„Gesunde Ängste“ haben somit eine motivierende und leistungssteigernde Funktion.

Sie motivieren, eine Schwierigkeit aktiv anzugehen. Ihr Fehlen würde sogar auf eine abweichende Entwicklung oder einen Entwicklungsstillstand hindeuten. Die Angst kann aber auch als „zu viel“ empfunden werden, nämlich dann, wenn die eigenen Fähigkeiten nicht ausreichen, um sie zu bewältigen und Rückzug, Schwäche, Panik und Vermeidung die Oberhand gewinnen.

 

Kinderängste verstehen

Im Entwicklungsverlauf von Kindern sind Ängste ganz normal und zu erwarten.

Sie entstehen, wenn Kinder mit Neuem und Fremden in Kontakt kommen und sie dieses Neue noch nicht durch bestimmte Strategien bewältigen können. Ängste entstehen zum Beispiel dann, wenn die kognitive Entwicklung von Kindern voranschreitet und die Kinder dadurch mögliche Gefahren, die in ihren Handlungen verborgen sind, im Vorhinein erkennen.

So zeigen beinahe alle Säuglinge und Kleinkinder Angst, wenn Reize (Licht, Geräusche, Wärme, Kälte) sehr stark sind. In der frühen und mittleren Kindheit überwiegen Ängste vor eingebildeten Dingen wie Einbrechern, Dunkelheit, Gewitter, Alleinsein, Krankheit oder Verletzungen. Diese Ängste beruhen auf der noch fehlenden Fähigkeit, Phantasie und Wirklichkeit voneinander zu unterscheiden.

Auch der Eintritt in den Kindergarten oder der Übergang in die Schule stellt eine entwicklungsbedingte Schwellensituation dar, welche bedingt durch erhöhte Leistungsanforderungen zu Ängsten führen kann.

 

Ängste von Kindern begleiten

In der Begleitung von Kindern mit Ängsten ist es wesentlich, das Kind und seine Angst ernst zu nehmen, die Angst nicht „runterzuspielen“ bzw. zu verharmlosen und einfühlsam auf das Kind einzugehen. Im Verlauf der Zeit, in der sich eines unserer Kinder intensiv mit einer bestimmten Angst auseinandersetzte, entwickelten wir gemeinsam verschiedene Bewältigungsstrategien, welche ich hier nun kurz als mögliche Hilfen anführen möchte:

 

#1. Situation/Auslöser genauer betrachten

Mit dem Kind darüber sprechen, wie es sich fühlte und was genau passierte, als die Angst das erste Mal kam. Die auslösenden Faktoren der Angst sind nämlich meist auch jene, an denen eine Veränderung ansetzen kann.

 

#2. Für Ablenkung sorgen

z.B. Bewegung im Garten, Hörspiele anhören, einen gemeinsamen Spaziergang machen, bewusst an etwas anderes denken, autogenes Training, etc.

 

#3. Mut und Selbstvertrauen stärken

Dem Kind verdeutlichen, dass es stark und mutig ist, dass es die Angst überwinden kann. Gemeinsam überlegen, was denn das Kind bereits gut schaffte, obwohl es nicht einfach war (z.B. Kontrolle beim Zahnarzt, Blutabnahme, Erklimmen eines Berggipfels, Klettern auf einen hohen Baum).

Gemeinsam wir überlegen, was hilft, um die Angst zu überwinden

#4. Dem Kind Nähe zu den Eltern ermöglichen

Bewusst exklusive Zeit mit Eltern oder nahen Bezugspersonen schenken, indem man nur mit diesem Kind z.B. einen besonderen Ausflug macht. In unserem Fall war auch das Schlafen im Elternbett ein beruhigender Faktor.

 

#5. Bewusst die eigenen Grenzen überschreiten und ermutigen, Herausforderungen anzupacken

Eine kleine Herausforderung im Alltag könnte z.B. ein Einkauf beim Bäcker sein oder das eigenständige Aufgeben der Bestellung im Restaurant. Auch das Bewältigen des Schulweges oder das Fragen eines Fremden nach dem Weg, könnte so eine Herausforderung darstellen.

 

#6. Konfrontation mit dem Angstauslöser

In regelmäßigen Abständen Kontakt zum angstauslösenden Faktor haben. Das Kind ermutigen, wenn es bereits gut damit umgehen konnte bzw. bei großen Schwierigkeiten noch weitere Bewältigungsstrategien aneignen.

 

#7. Den Blick auf etwas anderes lenken:

Der Blick weg von der Angst hin zu etwas anderem, wurde bei uns durch den Einzug unserer Haustiere ermöglicht. Dies war weder geplant noch als konkrete Maßnahme gegen die Angst gedacht. Rückblickend kann ich jedoch behaupten, dass die Tiere in meinem Kind Verantwortungsbewusstsein, Fürsorge und Ausdauer erweckten und die angstvollen Gedanken in andere Bahnen lenkten.

 

#8. Gebet

Wir nahmen dieses Anliegen auch in unser Abendgebet mit hinein, welches wir mit den Kindern gemeinsam sprechen. Wir beteten um Mut, Kraft und Stärke und dass Gott in ganz schwierigen Situationen unseres Kindes ganz nah sein möge.

 

Nimmt die Angst eines Kindes in der Familie jedoch sehr viel Raum ein und diktiert diese den Familienalltag, gilt es sich, fachlich kompetente Hilfe beim Kinderarzt oder Kinderpsychologen zu suchen. Dies kann zunächst in Form einer Elternberatung erfolgen und/oder auch im nächsten Schritt gemeinsam mit dem Kind.

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