Schönheitsideale bei Mädchen – und was Väter tun können
Heutzutage ein Mädchen zu sein ist nicht leicht. Das bekomme ich deutlich als Vater mit. Und ich frage mich immer wieder, wie ich sie beim Großwerden gut unterstützen kann.
Tik-Tok, Snapchat, Instagram, Pinterest. Dazu kommen diverse Model- und Casting-Sendungen. Dazu kommen noch diverse Online-Foren. All das sind Orte der Körper-Normierung und vor allem Orte, an denen verhandelt wird, wie ein Mädchen und später folglich eine junge Frau auszusehen hat.
All diese „Orte“ kommen immer früher ins Kinder- oder Jugendzimmer. Spätestens mit dem Smartphone halten sie Einzug. Bei aller Vorsicht, die von Elternseite geboten ist: Ganz aussperren kann man diese nicht dauerhaft, will man als Elternteil nicht riskieren, dass die eigenen Kinder bei den Themen ihrer Schulkolleginnen nicht mitreden können.
Druck von außen
Der Anpassungsdruck und die Gruppen-Dynamik ist hier nicht zu unterschätzen. Selbst das Kind, das wertebewusst erzogen wurde und sich dadurch womöglich mehr mit den inneren Werten, denn mit der glitzernden Oberfläche der Gegenwart beschäftigt, wird früher oder später Interesse daran zeigen.
Wir leben in einer kapitalistischen Welt, in der Selbstoptimierung eng mit Konsum verbunden ist. Mädchen brauchen immer früher noch dieses Produkt, dieses Kleidungsstück oder dieses Accessoire – um dazuzugehören, vor allem aber auch, um einen suggerierten „Ideal“ näherzukommen, dass vornehmlich explizit oder zumindest implizit an den zuvor genannten „Orten“ verhandelt wird.
Was zählt?
Zwischen diese Idealen, die mittlerweile ja eher im Plural denn als das eine Ideal verhandelt werden, werden junge Mädchen zum Teil regelrecht zerrieben. Es gilt natürlich schlank zu sein – und bereits in der Früh gut gestylt. Zugleich taucht aber immer wieder das Wort „Diversity“ auf. Es soll inklusiv wirken und auch Körper repräsentieren und in Schönheitsideale einschließen, die früher aus diesen herausgefallen wären.
Klar ist bei all der behaupteten Vielfalt aber: Wer nicht perfekt anzogen und perfekt gestylt das Beste aus sich und seinen körperlichen Möglichkeiten herausholt, der ist a priori suspekt. Als Mädchen und junge Frau hat frau sich zu „optimieren“ und das jeweils passende Produkt zur Hand zu haben, um „das Beste“ aus sich zu machen.
Bloß nicht kleinreden.
Nachlässigkeit ist in diesem Umfeld und diesem Diskurs also keine Option. Das merken wir bei unserer Großen (12) eigentlich fast tagtäglich. Wir haben schon regelrechte Kämpfe ausgefochten, weil die Haare nicht so aussahen wie nach dem Friseur oder die Hose nicht richtig saß. Unsere Versuche sie dabei zu beschwichtigen oder gar diese Fokussierung auf Oberflächlichkeiten in Frage zu stellen, zeigten kaum Früchte oder führten zu noch stärkeren Eskalationen.
Auch das Sich-Verbünden trägt kaum Früchte. Zu zeigen, dass man sich für die Lebenswelt der Tochter interessiert, führt zwar zu kurzfristigen harmonischen Situationen und ernsthaften Gesprächen über die schöne (Schein)welt der Gegenwart, doch dauerhaft hat das kaum Wirkung. Die Streitpunkte kommen wieder, die Vorwürfe des gegenseitigen Unverständnisses bleiben aufrecht.
Was kann ein Vater also tun, der sowohl in Sachen Lebensrealität als auch in Sachen Geschlecht nicht wirklich in der Lage ist, sich absolut in die Lebenswelt eines jungen Mädchen einzuführen?
Vermutlich bleibt nur eines zu tun: Unbedingte Liebe zu zeigen. Und den Normierungsdruck bei heranwachsenden jungen Frauen zumindest im Hinterkopf zu behalten und ihn nicht kleinzureden oder gar zu ignorieren. Zu starkes anbiedern an die Lebensrealität ist dabei aber kontraproduktiv. Auch ein allzu moralisches Ausleuchten der vermeintlichen Oberflächlichkeiten mit den eigenen Wertehaltungen macht wohl wenig Sinn. Dennoch: Man kann und soll, ohne erhobenen Zeigefinger, zu seinen Werten und Idealen stehen. Denn es sickert mehr in die Köpfe des Nachwuchs an, als man glaubt. Und vieles trägt erst Jahre später Früchte.