Volksschul-Abschied und Neubeginn - so gelingt der Übergang

Der Übergang von der Volksschule in die weiterführende Schule ist ein großer Einschnitt. Nicht zuletzt wegen der Entscheidung, welche Schule es werden soll und den nervenaufreibenden Aufnahmeverfahren, ist der Wechsel mit Aufregung und Diskussion in der Familie verbunden.

Je nach Charakter gehen Kinder unterschiedlich mit dem Schulwechsel um.

Die einen werden ruhig und ziehen sich zurück, andere leben ihre Emotionen stark aus und werden ausfallend, andere wiederum weinen viel und trauern der Volksschule nach. Und einige sind dabei, die sich aufs Gymnasium freuen und von Abschiedsritualen in der Volksschule gar nichts halten.

 

Was kann ich als Elternteil tun?

Sich erstmal bewusst machen, dass das (veränderte) Verhalten der Kinder mit dem bevorstehenden Schulwechsel zu tun haben kann. Ich glaube, dass  die Viert-Klässler in dieser Phase besonders viel Zuspruch brauchen, um sich von Altbekanntem lösen und sich auf neue Aufgaben einlassen zu können.

 

Einen guten Abschluss von der Volksschule finden

Abschiedsrituale in der Volksschule helfen, ein Schlussstrich unter dieses Kapitel zu setzen und trotz einer Vielzahl an Gefühlen den Abschied  gut zu verarbeiten.

Wir haben am Ende der 4. Klasse Volksschule eine Seite für eine Art „Freundebuch“ gestaltet, bei dem u.a. Fragen wie „Was war dein schönster Ausflug?“ beantwortet werden mussten.  Damit konnten wir uns ganz bewusst an die vier Jahre Schulzeit erinnern.
In der Klasse wird ein Abschiedsfest organisiert, bei dem die Lehrerin das Buch als Geschenk erhält. Und in der letzten Schulwoche verabschiedet sich die gesamte Volksschule mit Liedern und einem kleinen Festakt von den Viert-Klässlern. All das trägt dazu bei, dass sich meine  10-Jährige gut von der Volksschulzeit verabschieden kann.

Welche Herausforderungen kommen auf die Kinder zu?

 

#1. Ungewohntes soziales Umfeld – neue Mitschüler, neue Lehrer

Die Kinder bekommen neue Klassenkameraden und müssen alte Freunde loslassen. Besonders schlimm ist es, wenn der beste Freund/beste Freundin in eine andere Schule wechselt.
In der Volksschule ist es üblich, dass die Kinder nur einen oder zwei Klassenlehrer haben, in der weiterführende Schule hingegen wird jedes Fach von einem anderen Lehrer unterrichtet.  Die unbekannten Menschen sorgen bei den Kindern für Verunsicherung. 

Ermutigen wir die Kinder, ihren Eindruck über neue Klassenkameraden und neue Lehrer mit uns zu teilen und über ihre Gefühle zu reden. Motivieren wir sie, sich auf die neue Situation einzulassen und  geben wir ihnen Zuversicht mit.
Regen wir die neuen Erst-Klässler an, weiterhin in den Sportverein zu gehen um alte Freundschaften zu pflegen und zu erhalten.

Das alte Gewohnte gibt Sicherheit.

Die Lehrer in den weiterführenden Schulen sind distanzierter und kennen die Kinder (noch) nicht, mit der Zeit wird das Verhältnis sicher enger werden. Den Eltern ist angeraten,  Elternabende und Elternsprechtage zu besuchen, um die verschiedenen Lehrer kennenzulernen.
 

#2. Neues Schulgebäude – Wer verirrt sich schon gerne?

Im Vergleich zur Volksschule sind weiterführende Schulen anfangs unübersichtlich groß und es gibt viel mehr (ältere) Schüler. Waren die 4. Klässler in der Volksschule die Ältesten, müssen sie ab Herbst wieder als jüngste anfangen. Es kann einschüchternd sein, wenn man Sorge hat, die Orientierung zu verlieren und sich nicht traut, jemanden zu fragen.

Die meisten Schulen bieten einen Tag der offenen Tür oder einen Orientierungstag an.

Ich empfehle ganz dringend mit dem Volksschulkind hinzugehen, weil ein Kennenlerntag schon viel Respekt vor der neuen Schule nimmt. Viele Mittelschulen oder Gymnasien bieten eine Orientierungswoche im Herbst an, manchmal gibt es auch ein Buddy-Projekt, bei dem sich die Älteren den neuen 1.-Klässlern annehmen. Vielleicht kann man das dem Klassenlehrer gegenüber ansprechen, sollte es gar keine anfängliche Unterstützung für die Kleinen geben.

Auch der Weg in die weiterführende Schule ist ein anderer. Es schadet nicht, diesen zumindest zwei Mal probeweise gegangen oder gefahren zu sein.

 

#3. Neue Fächer,  neue Lernmethoden und unterschiedliche Leistungsniveaus

In den weiterführenden Schulen gibt es Fächer, mit denen die Volksschüler bisher keinen Kontakt hatten, z.B. Physik, Chemie, Informatik, Französisch oder Latein.

Nicht nur die Inhalte, auch die Lernmethoden und die Bücher sind anders  – in der Volksschule gibt es oft Frontalunterricht und die Bücher sind bunt und leicht verständlich.

Die Kinder sind gefordert, flexibel zu sein - und das ist nicht immer ganz leicht.

Hinzu kommt, dass in weiterführenden Schulen neue Klassen mit bis zu 30 Schülern gebildet werden, da ist es völlig normal, dass sich die Leistungsniveaus der Kinder unterscheiden. Manche Volksschüler waren vielleicht bisher die besten der Klasse und sind nun „nur“ noch im Mittelfeld. 

Als Eltern sollten wir daher regelmäßig nachfragen, ob und wie das Kind mit dem neuen Lerninhalten klar kommt und das gegebenenfalls auch überprüfen. Oft hilft es, sich gemeinsam mit dem Kind hinzusetzen und den Stoff zu besprechen. Wenn das über längere Zeit nichts bringt, sollte man über Nachhilfe nachdenken, um zumindest den Rückstand aus der Volksschule aufzuholen.

Kind lernt am Esstisch

#4. Eigenständigkeit ist gefragt und darf schon vorab gefördert werden

Während in der Volksschule noch vieles von den Lehrern ganz genau vorgegeben wird, ist das Tempo in Gymnasium oder Mittelschule höher, es fordert mehr Eigeninitiative und die Kinder sind mit neuen Lehrmethoden konfrontiert.  Die Hausaufgaben werden oft für mehrere Tage aufgegeben und Fächerübergreifendes Lernen und Projektarbeit erfordern Organisationsgeschick und eigenständiges Denken.

Wir können unsere Kinder fördern, indem wir ihnen nicht alles abnehmen und sie Verantwortung übernehmen lassen, z.B. alleine den Rucksack für den Ausflug packen, die selbstständige Erledigung der Hausübung,  soziale Konflikte ohne Eltern lösen, etc.

Lassen wir sie entscheiden wann und wo sie lernen!

Mit ein bisschen Übung und Eigenständigkeit werden sie herausfinden, wie man seine Aufgaben strukturiert und den Schulalltag effizient gestaltet.

 

Fazit

Mein Tipp: einen guten Abschluss finden, sich vorbereiten und mit der neuen Situation flexibel umgehen.


Mit Abschiedsritualen lässt sich ein guter Abschluss von der Volksschule finden. Auf die neue Umgebung kann man sich vorbereiten, indem man das Gebäude, den Klassenvorstand und vielleicht  ein paar Mitschüler schon vor Schulbeginn kennenlernt.

Es braucht Zeit, neue Routinen zu entwickeln und sich im Gymnasium oder in der Mittelschule zurechtzufinden. Als Eltern können wir unterstützen, indem wir unsere Kinder ermutigen, ihre Gefühle zu äußern, uns als Zuhörer anbieten, sie mit Zuversicht unterstützen und ihre Eigeninitiative fördern.

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