Sieben Muttertage ohne dich

Liebe Mama,

sieben Muttertage ohne dich. Doch sieben Mal Muttertag als Mama. Ich war hochschwanger, als du gestorben bist. Zwei Wochen nach der Entbindung mein erster Muttertag. Schmerzlich unvergesslich und unvergesslich schön zugleich.

Du selbst mochtest den Muttertag nie besonders. Du meintest, es gäbe auch an den restlichen 364 Tagen im Jahr die Gelegenheit für meine Geschwister und mich, den Geschirrspüler auszuräumen. Und überhaupt mehr Wertschätzung deinem Beruf „Mutter“ entgegenzubringen, die Blumen- und Schokoladenindustrie durchs Jahr hindurch zu unterstützen. Wir sollten an jene denken, die vielleicht nicht den Luxus haben so zu feiern wie wir meinen es tun zu müssen. Heile Welt spielen, glückliche Familie, wo vielleicht nicht der Sinn danach ist.

Ich habe den Muttertag in guter kindlicher Erinnerung.

Vorbereiten, Planen, Basteln, Überraschen, das war der Plan. Der auch fast immer aufging. Der Tag selbst war zwar wie die meisten anderen, oftmals mit großen Familienessen mit den Großmüttern.

Bei meinem eigenen Nachwuchs diese Aufregung mitzuerleben, bis endlich gratuliert, Gedichte aufgesagt und Geschenke überreicht werden, ist nun ein Erlebnis für sich. Gib es doch zu. Unbedeutend war es für dich wohl auch nicht, denn die besonders liebevoll gestalteten Geschenke fanden ihren dekorativen Platz im Wohnraum, bis heute.  Stimmt’s? Achja, Ich kann dich nicht fragen, du bist nicht da. Das schmerzt umso mehr, als die Fragen im Laufe der Jahre nicht unbedingt weniger werden.

Erinnerst du dich?

An unseren letzten beiden Muttertagen hast du mich nach dem Mittagessen gerne zu meinem austro-brasilianischen Patenkind entsandt. Der Hintergrund: das portugiesische Wort für Patin „madrinha“ ist grammatikalisch die Verkleinerungsform von Mutter, bedeutet also „kleine Mama“. Die Idee, am Muttertag diese besondere Beziehung zu feiern, gefiel uns beiden gleichermaßen.

Wir wussten damals freilich nicht, dass es die letzten Muttertage mit dir sein werden. Und heute entscheide ich zum siebten Mal, wie ich diesen Tag angehen möchte, auch in Erinnerung an dich, an uns.

Und zwar? Bewusst und dankbar für gemeinsame Familienzeit mit meinem Kind, meinem Mann, der Familie meines Patenkindes. Und in Gedanken an all jene, für die dieser Tag vielleicht eine Herausforderung ist: Jene, die ihre Mama verloren haben. Mamas, die ein Kind verloren haben. Menschen in schwierigen oder komplizierten Verhältnissen zu ihren Müttern oder Kindern. Adoptiv- und Pflegemütter und -kinder. Mütter, die mit ihrer Mutterschaft hadern. Und all jene, die ungewollt schwanger oder ungewollt kinderlos sind.

Mama, du hast recht. Sie alle verdienen unsere Aufmerksamkeit an allen 365 Tagen im Jahr.

Alles Liebe zum Muttertag!

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Ein Artikel von

Portraitfoto Lisa Maria Schweiger-Gensluckner

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