Kindern lernen im Spiel

Kinder entdecken die Welt auf ihre ganz eigene Weise: spielerisch, neugierig und mit allen Sinnen.

Während Freizeit-Stress und Hausaufgaben den Tagesablauf vieler Familien beherrschen, gerät die Basis kindlicher Entwicklung viel zu oft in den Hintergrund:

Das freie Spiel.

Das Recht auf Spiel und künstlerische Aktivitäten ist nicht nur in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben. Es basiert auf vielen wissenschaftlichen Studien. Kinder erforschen und begreifen unsere Welt mit allen Sinnen.

Spielen und Lernen sind eng miteinander verwoben

Kinder haben immer ein Ziel vor Augen. Etwas, das sie gerne ausprobieren und erleben möchten oder worüber sie mehr wissen wollen. Entwicklung geschieht genau in dieser spielerischen, aktiven Auseinandersetzung mit der Welt. Ob selbst gebaute Türme, hingebungsvoll gemalte Bilder, gemeinsam erdachte Rollenspiele oder sich selbstständig angeeignete Musik- und Tanzstücke. Was sie eint, ist der Spaß, das Erlebnis von Selbstwirksamkeit im gegenwärtigen Moment, gepaart mit dem Gefühl im Flow zu sein. Spiel und Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden.

Freies Spiel stärkt die Resilienz

Nirgendwo anders lassen sich Probleme leichter lösen und Fehler besser verkraften als im Flow des Spiels. Die Methode „Lernen durch Erleben“ ermöglicht es Kindern, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus persönlichen Erfahrungen zu gewinnen sowie selbst Lösungswege und Handlungsoptionen zu erkunden. Dadurch erwerben sie nicht nur neue Fähigkeiten und Wissen, sondern stärken ihre Resilienz.

Lernen geschieht im „emotionalen Zentrum“ des Gehirns

Die Möglichkeit, sich spielend die Welt erschließen, authentisch zu sein und ihren ureigensten Bedürfnissen nachgehen zu können, berührt Kinder in ihrem tiefsten Inneren. Damit im Gehirn etwas verankert bleibt, „muss es bedeutsam sein. Unter die Haut gehen“, ein Erlebnis im wahrsten Sinne des Wortes sein, erklärt Prof. Dr. Gerald Hüther das Phänomen. Kleinkinder kommen circa 20- bis 50-mal am Tag in diesen Zustand. „Indem sie vor Begeisterung über sich selbst und das, was sie da wieder hinbekommen haben, in einen rauschartigen Zustand fallen.“ Nur unter solchen Bedingungen werden im Gehirn „emotionale Zentren“ aktiviert.

Die spielerische gemachte Lernerfahrung (Grob- und Feinmotorik, Sprache, Dreidimensionalität, physikalische Gesetzmäßigkeiten, soziales Miteinander) gekoppelt mit dem Gefühl der Begeisterung fungiert wie ein Dünger, der das Erlebte und Gelernte im Gehirn fest einarbeitet.

Kleine Kinder gehen mit zwei inneren Haltungen offen auf die Welt zu:

  • Mit Neugier, Entdeckerfreude, der Lust am Tun und dem Vertrauen, dass sie auf der Erde genug Interessantes finden, das sich gestalten lässt.
  • Mit dem Bedürfnis, eine Gemeinschaft zu finden, zu der sie sich zugehörig und in der sie sich aufgehoben fühlen, wo sie gebraucht werden und sich verbunden erleben.
     

Unsere Aufgabe ist es, Kinder einzuladen, zu ermutigen und zu inspirieren, sich als Weltentdecker auf den Weg zu machen und sie dabei zu unterstützen.

Wie gelingt das im Alltag?

# Zeit für freies Spiel einplanen

Als unser Sohn noch klein war, torpedierte er regelmäßig Familienausflüge mit der Aussage, er hätte zu wenig Zeit zum Spielen. Wir waren genervt, da wir ihn zu jedem Familienausflug regelrecht überreden mussten. Nur um mitzuerleben, dass er vor Ort aufblühte und begeistert war. Doch kaum waren wir zu Hause, beharrte er traurig darauf, dass er wieder einmal keine Zeit zum Spielen gehabt hätte. Dabei hatten wir doch nur Ausflüge gemacht, bei denen spielerische, kindgerechte Aktivitäten möglich waren.

Nach jahrelangem Rätseln und oftmaligem Zoff verstanden wir irgendwann, was er meinte. Bei jedem Ausflug gab es spannende Angebote, die ihm Freude machten. Doch Inhalt und Ort waren vorgegeben.

Was ihm abging, war das Erleben der freien Entscheidung, mit welchem seiner Lieblingsspielzeuge er wann, wie lange in aller Ruhe spielen konnte. Das ging nur zu Hause.

Mein Impuls für euch:

Oft haben wir ein schlechtes Gewissen, dass wir unseren Kindern zu wenig bieten. Auch brauchen wir selbst Abwechslung vom Alltag und müssen einfach mal raus, etwas Neues erleben. Doch nicht jede Sekunde muss geplant und durchgetaktet sein. Gebt euren Kindern genug Gelegenheiten, einfach einmal zu spielen.

# Anerkennung zeigen und Begeisterung teilen

Stellt euch vor, euer Kind baut völlig versunken einen Turm. Stolz kommt es zu euch und zeigt euch sein Werk. Ihr sagt, „Wow, so ein toller Turm.“ Setzt euch dazu und baut einen doppelt so hohen Turm. Ohne es zu wollen, habt ihr damit euer Kind zum Objekt eurer Selbstdarstellung gemacht. Anstatt es dabei zu unterstützen, in seine Kraft zu kommen, erklärt Hüther.

Es reicht vollkommen aus, die Begeisterung eures Kindes zu teilen, den Turm auf einen besonderen Platz zu stellen oder ein Foto davon zu machen und es Oma zu schicken. Authentische Aufmerksamkeit und geteilte Freude sind bessere Motivatoren als mitzuspielen.

# Vorbereitete Spielräume mit mehreren Möglichkeiten anbieten

Es geht darum, die Impulse der Kinder sich anderen neuen Spielgelegenheiten zu nähern, zu unterstützen. Auch wenn Buben plötzlich mit dem Puppenwagen fahren und Mädchen am Bauteppich sitzen. Darauf zu achten, welche Ideen Kinder haben und diesen Raum zu geben.

Auch offene Fragen wie „Was möchtest Du heute basteln, malen, bauen?“, sind besser als direkte Vorgaben wie „Komm, wir malen einen Schmetterling, bauen einen Turm oder basteln ein Tier aus Papier.“ Möglichkeiten innerhalb eines Rahmens (Malen, Bauen, Basteln) fördern Eigeninitiative und Kreativität.

Buchempfehlungen für Kinder:
 

 

Buchreihen für Kinder:
 

  • Die BiBiBiber Sachbuch-Bilderbuch-Reihe
    Von der Verlagsgruppe Oetinger erklärt Kindern ab 7 Jahren wissenschaftliche Themen emotional und spannend. Das richtige Format für Kinder und Erwachsene, bei denen eine Frage zur nächsten führt.
    Die „BiBiBiber hat da mal 'ne Frage.“ Titel gibt es in einer Vielfalt an Formaten: Ob als Sach-Bilderbuch zum gemeinsamen Anschauen und Vorlesen, als Hörbuch zum Lauschen oder als E-Book für die, die gerne digital entdecken. Geschrieben von Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, promovierte Chemikerin, Wissenschaftsjournalistin und Moderatorin der Sendung „Quarks“ (WDR), „Terra-X“ (ZDF) und „Maithink X – die Show“ bei ZDFneo. Gezeichnet von Marie Meimberg, Kultur- und Kommunikationswissenschaftlerin, Künstlerin, Sängerin und Autorin.
    BiBiBiber Produkte für Kinder | Verlagsgruppe Oetinger BiBiBiber | Verlagsgruppe Oetinger
  • Die interaktiven SchlauFUX-Bücher-Reihe
    Von KOSMOS für Kinder ab 8 Jahren. Dabei können Kinder auf jeder Seite selbst entscheiden, zu welchem Thema sie mehr erfahren möchten. Anhand einer Auswahlleiste am rechten Rand jeder Doppelseite entscheiden unsere jungen LeserInnen selbst, welches Thema sie spielerisch vertiefen möchten. Dieses interaktive Format bildet das intuitive und impulsnachgebende Nutzerverhalten von Kindern ab. Bislang sind vier SchlauFUX Bücher auf den Markt: Einmal zu Dinosaurier, Pferde, Unsere Erde und Weltraum.
    SchlauFux (kosmos.de)
  • Die Babyleicht-erklärt-Reihe
    Hier bereiten "Die Physikanten" Judith und Markus Weber einfache naturwissenschaftliche Phänomene altersgerecht für Kinder ab 2 Jahren auf. Für ein erstes grundlegendes Verständnis von Physik, Biologie, Chemie und Mathematik im Papp-Bilderbuch.
    Babyleicht erklärt: Biologie | Presseportal (penguinrandomhouse.de)

 

Buchempfehlung für Pädagogen:

  • Kinder und Resilienz. Was Krisen mit unseren Kindern machen und wie wir sie davor schützen können
    Autor: Kinder- und Jugendpsychiater Leonhard Thun-Hohenstein
    BENEVENTO Verlag

 

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