Kinderfreundschaften: Was können Eltern tun, wenn Volksschulkinder streiten?
Vorausgeschickt sei, dass kindliche Streitereien ganz oft einfach von selbst aufhören, vor allem bei den Kleinsten. Und natürlich gibt es viele Streitereien unter Geschwistern, die manchmal elterlicher Unterstützung benötigen, manchmal auch nicht. Wann wir als Eltern eingreifen, hängt auch immer davon ab, wie sehr das Kind betroffen ist, wie sehr es der Konflikt mitnimmt und auch, ob es überhaupt unsere Hilfe möchte.
Freundschaften sind wichtig, Streit ist es (leider) auch
Freundschaften sind wichtig – für das Wohlbefinden und für die Entwicklung. Kinder lernen soziale Kompetenz, dazu gehören Gefühle zeigen, sich gegenseitig zu unterstützen, hilfsbereit sein und sie lernen zu kommunizieren und sich von Erwachsenen abzugrenzen. Je älter Kinder werden bzw. ab der Pubertät ist weniger die räumliche Nähe wichtig oder die gemeinsam miteinander verbrachte Spielzeit, sondern gleiche Interessen und persönlicher Austausch.
Die Siebenjährige geht so gerne zur Schule, weil sie dort ihre Freundinnen treffen kann. Nach dem Wochenende ist es das, worauf sie sich am meisten freut – ihre Freundinnen. Erst an zweiter Stelle kommt lesen und schreiben.
Manchmal gibt es selbst in den besten Freundschaften Streit. Die Gründe dafür sind meist Eifersucht, das Teilen von Besitz und Aufmerksamkeit und das Austesten von Grenzen.
Durch Streit lernen Kinder jedoch auch Konflikte zu lösen, eine eigenen Meinung zu haben und diese zu vertreten, Kompromisse zu schließen und andere Meinungen zu akzeptieren. Bei alle dem „Positiven“, das Heranwachsende aus Konflikten mitnehmen können, ist ein Streit vor allem eines - schlimm. Streit sorgt für Tränen, Wut und Hilflosigkeit. Wie gehen wir Eltern damit um?
Sollen sich Eltern in Streitigkeiten einmischen? Und wenn ja, in welchem Ausmaß?
Die Siebenjährige kam kürzlich ganz aufgelöst nach Hause. Sie war bitter enttäuscht, dass ein Mädchen in ihrer Klasse sie als gemein und böse bezeichnet hatte. Sie verstand die Welt nicht mehr. Sie hatte Luna ja nichts getan.
Vorausgeschickt sei – viele Konflikte können Kinder selber lösen, meist reicht es, sie aufzufangen, zu trösten und zuzuhören. Oft suchen Kinder erstmal innerhalb ihres Freundeskreises einen Ansprechpartner, je weniger Freunde das Kind hat und je mehr es sich an einen oder sehr wenige Freunde klammert, desto schwerer kann es natürlich mit einem Konflikt umgehen.
Eltern als Zuhörer und Moderator
Wenn nun das Kind aufgelöst nach Hause kommt, weil es in der Schule oder am Spielplatz Streit gegeben hat, möchte es vielleicht erstmal gar nicht darüber reden. Oder aber es sucht sofort Trost und Rat bei Mama oder Papa. Egal wie der Fall liegt, sollten sich die Eltern als (zurückhaltender) Ansprechpartner anbieten und erstmal nur Zuhörer sein.
Einmischen sollten sich Erwachsene hingegen sofort, wenn ein Kind aggressiv und gewaltätig ist, handgreiflich, beleidigend oder intrigant wird. Und auch Mobbing in der Schule bzw. online erfordert sofortiges Eingreifen.
Einmischen sollten sich Erwachsene hingegen sofort, wenn ein Kind aggressiv und gewaltätig ist.
Offenbart sich nun das Kind, gilt es zuzuhören und abzuwarten. Als Außenstehender wird ein Streit anders wahrgenommen, als als Beteiligter, noch dazu sind kindliche Schilderungen oft schwer nachvollziehbar. Deshalb: sich Zeit nehmen, geduldig und aufmerksam zuhören, sachlich und neutral bleiben. Erstmal für keinen der Streithanseln Partei ergreifen und sich komplett unvoreingenommen die Sachlage schildern lassen.
Während der Erzählung der Siebenjährigen stellte sich heraus, dass sie mit Lunas bester Freundin gespielt hatte. Luna selbst spielte nicht mit und war fortan beleidigt und begann anderen Kinder zu erzählen, wie ‚böse‘ die Siebenjährige sei. Die Siebenjährige wollte sich das nicht gefallen lassen und so kam es zu einem Streit.
Man kann nun gemeinsam mit dem eigenen Kind nach der Ursache des Handelns und des Streites suchen (vielleicht ist Luna auf die Siebenjährige eifersüchtig, weil Lunas beste Freundin aus dem Kindergarten nicht mehr die gesamte Pause mit Luna verbringt, sondern mit einem anderen Mädchen spielt?) Eltern können helfen sich in das andere Kind einzufühlen („Was glaubst du hat Luna so sauer gemacht?“).
Und etwas Verbindendes herausstreichen („Wie glaubst du, geht es Luna jetzt gerade? Ist sie auch traurig?“) Luna fühlt sich wohl ausgeschlossen und konnte nur durch ihre beleidigenden Aussagen zum Ausdruck bringen, wie verletzt sie ist.
Einen Lösungsvorschlag gemeinsam mit dem Kind erarbeiten
„Was soll als Nächstes passieren?“ oder „Was muss passieren, damit alle zufrieden sind?“: Wenn von dem Kind keine Idee kommt, dann gemeinsam Möglichkeiten überlegen. Oft reichen da zwei oder drei Vorschläge. Meiner Erfahrung nach kann das Volksschulkind oft sogar mit weniger Lösungsvorschlägen besser umgehen. Daher die momentan beste Lösung auswählen und gemeinsam überlegen, wie man diese umsetzen kann.
„Streitregeln“ im Freundeskreis und in der Familie
Was ich mit auf dem Weg geben möchte – nicht nur im Streit mit Freunden, auch in der Familie sind Streitregeln sehr wichtig:
- Nicht ins Wort fallen, ausreden lassen.
- Niemanden beleidigen oder Verletzendes sagen.
- Nicht schreien.
- Nicht hauen oder zwicken (je kleiner die Kinder sind, desto häufiger ist das wohl ein Mittel sich zu wehren bzw. Sprachlosigkeit auszudrücken).
- Nicht lügen oder etwas (gemeines) erfinden.
Nachdem wir mit der Siebenjährigen erörtert hatten, was genau vorgefallen war und durch gemeinsames Nachgrübeln herausgefunden hatten, dass Luna sich zurück gewiesen vorkam, lud die Siebenjährige nun Luna aktiv zum Mitspielen ein. Mit einem „klärenden Gespräch“ tut sie sich aufgrund des Alters noch schwer, die Geste alleine hat jedoch schon ausgereicht. Zwei Tage später machten wieder alle Mädchen gemeinsam den Schulhof unsicher.