Jetzt habe ich mehr Kinder als Arme

Zwei Arme, sodass beide eine Hand haben können beim Spaziergang. Zwei Beine, sodass beide gleichzeitig am Schoß sitzen können. Wir Menschen scheinen perfekt ausgelegt zu sein für zwei Kinder, aber wo haben weitere Kinder Platz? Wie bereitet man Geschwisterkinder auf den Zuwachs vor und wie geht man selbst damit um, wenn die Hände für die Kinder nicht mehr reichen?

Ein weiteres Kind stellt nicht nur das Leben der Eltern erneut auf den Kopf!

Es bedeutet auch für das Geschwisterkind bzw. die Geschwister eine große Veränderung. Wir sind seit ein paar Monaten zu fünft und teilen, sowohl wie wir uns mit zwei Kleinkindern darauf vorbereitet haben, als auch wie sich nun alles einspielt.

 

Bevor das Baby kommt

Ich hatte selbst gerade erst am Tag davor den Schwangerschaftstest gemacht und meinem Mann erzählt, dass wir wieder Eltern werden, als mir meine Töchter auf den Bauch klopfend sagten: „Mami, du hast viel zu viel gegessen! Du bist so dick!“.


Hatten wir doch eigentlich vor, es ihnen erst nach den ersten Monaten zu erzählen, verrieten wir ihnen gleich daraufhin das Geheimnis des so schnell gewachsenen Bauches und schon ist das Baby gefühlt bereits in unserem Zuhause eingezogen gewesen.

#1. Die Fotogalerie ergänzen

Das erste Ultraschallbild fand in der Familien-Fotogalerie Platz, eine Kopie des zweiten auf der Magnettafel der Kinder. Unsere beiden Töchter fieberten mit der Entwicklung ihrer Schwester genauso mit wie wir Eltern.

#2. Ein Geschenk für das Baby

Unseren Töchtern fielen beim Puppenspiel nicht nur laufend Dinge ein, die wir für unser Baby unbedingt bräuchten, sie überlegten auch lange, was sie als große Schwestern als Geschenk gestalten könnten. Die Frage „Wie können wir das Baby willkommen heißen?“ beschäftigte insbesondere unsere damals 4-jährige Tochter bis sie die schöne Idee hatte, Bilder zu zeichnen, die ich dann auf eine Babydecke übertragen sollte.

Über mehrere Monate stickte ich die gezeichneten Motive unserer Größten auf eine kuschelig weiche Decke für unsere Kleinste. Unsere Tochter saß beim Nähen oft neben mir und kontrollierte, ob ich auch alles richtig machen würde.

Sie war unglaublich stolz, als die Decke ein paar Tage vor der Geburt der Kleinen fertig wurde.

Sie war so stolz, als sie ihrer kleinen Schwester das Willkommensgeschenk überreichen konnte. Auch unsere jüngere Tochter malte ein Bild, das ich in einen textilen Anhänger übertrug und von ihr beim ersten Besuch freudig überreicht wurde.

#3. Gemeinsame Namenswahl

Auch bei der Wahl des Namens überlegten wir gemeinsam.

Auch wenn wir uns nicht zu den Lieblingsnamen der Kinder überreden ließen, durften sie bei unseren Favoriten mitentscheiden.

#4. Kindgerechte Literatur

Wie bei jedem Thema lässt sich auch jenes rundum den Familienzuwachs wunderbar mit kindgerechter Literatur begleiten. Hier lässt sich von liebevollen Geschichten bishin zu aufklärenden Büchern alles finden, um Geschwisterkinder sowohl emotional darauf vorzubereiten, als auch auf alle der kognitiven Entwicklung entsprechenden Fragen einzugehen

  • Hallo Baby, wann kommst du?" Von Lydia Hauschild ist ein sehr nett illustriertes Pappbilderbuch, das schon den Kleinsten kindgerecht erklärt, was in Mamas Bauch passiert.
  • Ich will auch Geschwister haben“ von Astrid Lindgren schätze ich nicht nur aufgrund der entzückenden Geschichte, sondern auch, weil es mehr als nur ein Geschwisterkind gibt und sich unsere Kinder somit noch mehr wiederfinden können.
  • Ein Baby! Wie eine Familie entsteht!“ Von Rachel Greener ist für alle größeren Kinder ab 5 Jahren ein tolles Sachbilderbuch, das einen sehr genauen Einblick gibt, wie ein Mensch und somit eine jeweils einzigartige Familie entsteht.


Das Baby ist da!

Auch wenn dann alle gut vorbereitet sind und sich auf das Baby freuen, verlangt es von jedem einzelnen Familienmitglied viel Geduld und Verständnis ab.
 

#1. Parallelen ziehen

So, wie es schon während der Schwangerschaft hilfreich ist, immer wieder von Parallelen zu den Schwangerschaften der Größeren zu erzählen, verhindert es auch jetzt Geschwister-Rivalität, wenn den Kindern immer wieder erzählt wird, wie die erste Zeit mit ihnen war.  Kinder erfahren gerne darüber und können auch besser Rücksicht nehmen, wenn sie wissen, dass für sie das Gleiche getan wurde.

„Als du in meinem Bauch warst, habe ich auch gut aufgepasst, weil ich wollte, dass du dich bei mir wohl fühlst.“. „Bei dem Lied bist du immer am liebsten eingeschlafen“. „Das Kuscheltier haben wir ausgesucht, als du zur Welt gekommen bist.“

Beim Blättern im Fotoalbum lässt sich bestens Bezug auf die jeweils eigene Babyzeit nehmen und zeigen, dass ihnen die gleiche Aufmerksamkeit als Baby geschenkt wurde und dass wir mächtig stolz auf sie sind, dass sie schon so vieles alleine machen können.

#2. Die Geschwister bringen sich auf ihre Weise ein

Während ich bei den ersten beiden Töchtern noch meine Vorstellungen bei der Kleiderwahl durchsetzen konnte, hatte ich bei der dritten kaum eine Chance. Auch wenn unser Kind jetzt oft einem rosa Zuckerl gleicht, weit entfernt von den erdigen Farbtönen im Kleiderschrank, freue ich mich daran, dass sich die beiden um ihre Schwester bemühen und sich auf ihre Art einbringen. Sorgfältig legen sie oft etwas für sie zum Anziehen oder Spielen zurecht und rügen mich, wenn ich der Kleinen verschiedene Socken gebe.

#3. Strategie-Plan statt Verzweiflung

Im Wochenbett konnte ich mir noch gar nicht vorstellen, wie ich es je mit drei Kindern vor die Tür schaffen würde und wie es klappen wird, allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Mittlerweile habe ich einen Strategie-Plan für die Spitzen des Tages, sprich morgens bis zur Abgabe im Kindergarten und abends, wenn alle à la Domino-Effekt eine nach der anderen müde werden.

  • Kleidung wird wenn möglich schon am Vortag vorbereitet. Das wird bei uns ab und zu auch akzeptiert, oft braucht es aber noch eine Alternative im Angebot, damit alle zufrieden sind.
  • Die „Anzieh-Straße“ für Outdoor-Kleidung hilft enorm, um das Maximale an Selbsttätigkeit bei den Großen herauszuholen und die letzten Schritte Richtung Wohnungstüre zu schaffen. Im Vorzimmer finden die Kinder von den Schuhen bishin zur Kopfbedeckung alle Kleidungsstücke, die die Jahreszeit abverlangt, der Reihe nach zum Selbstanziehen auf den Boden gelegt.
  • Wir starten abends schon, bevor die Kinder müde werden, alles vorzubereiten, sprich die Pyjamas schon früher anzuziehen, die Zahnbürsten bereitzustellen, das Zimmer zu lüften und die Duftlampe zu füllen. So können die beiden Größeren auch schon selbst tätig werden, sollte mich das Baby gerade brauchen.

 

Hilfe, unser Baby hat 3 Mütter!

Wir haben mit allem gerechnet: mit Toben vor Eifersucht, mit Rückfällen in der Entwicklung!

Mit Troststrategien, wenn mal zu wenig Aufmerksamkeit für die Großen da ist, aber wir konnten uns wirklich nicht vorstellen, dass zu viel Liebe mal unser größtes Problem werden würde. Die Puppen sind uninteressant, seit es unsere Kleinste gibt. Sie wird mit Keksen gefüttert, mit selbst gebrauten Getränken versorgt, ungefragt umgezogen, mit Rotznase von oben bis unten abgeküsst und auf den eigenen Schoß gezogen.


Eigentlich ist es ja ganz wunderbar, wie sehr sie sich über ihre Schwester freuen und dass sie jetzt schon so eine Verbindung haben und doch überfordert es mich regelmäßig, das Baby vor sämtlichen Gefahren zu beschützen, wenn daneben noch alle anderen Aufgaben des Alltags gemacht werden müssen.


Woran ich stark arbeite, ist hier auf die Wortwahl zu achten, die positive Beziehung zu unterstützen und die Kinder gefühlvoll zu trennen. Wir versuchen negative Formulierungen, wie „hör auf“, „das darfst du nicht“, „mach’ das nicht“ weitgehend zu vermeiden, um nicht zu sehr Verbote mit dem Baby in Verbindung zu bringen, und womöglich das erst entstehende Geschwisterband zu schwächen. Stattdessen versuchen wir, die Konzentration darauf zu richten, was erlaubt ist oder wenn mal beide über das Baby her stürzen, mit einem Spiel in ein anderes Eck der Wohnung zu lenken.

 

Fazit

Wird auch der Platz am Schoß mit einem weiteren Kind weniger, die Liebe wird mehr und so findet sich bei allem ein Weg. Es macht uns als Familie noch organisierter und diszplinierter, gewisse Schritte einzuhalten und auch die Kinder lernen Schritt für Schritt dazu: jede/r von uns trägt dazu bei, dass der Alltag funktioniert und es uns allen gut geht.

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