Heute schon geschämt? – Mom- & Dad-Shaming an der Tagesordnung

Eltern werden in Frage gestellt. Immer wieder, von allen möglichen Personen, allerorts. Richtig machen können sie wenig, falsch machen sehr viel. Die Meinung der anderen lauert gefühlt an jeder Ecke. Und wartet dort darauf Eltern auf die Nase gebunden zu werden.

Da gibt es die Tratschereien hinter dem Rücken der Betroffenen, die dann doch zu offenen Lästereien werden. Es gibt die, als gut gemeinte Ratschläge getarnten, Übergriffigkeiten, besorgte Fragestellungen, die ins Elternherz treffen, unerbetene Meinungsbekundungen, herablassende Kommentare, Infragestellungen des eigenen Tuns bis hin zu direkten Angriffen und Verurteilungen, teils auch öffentlich auf Social Media.

Die Art und Weise wie Elternbeschämung betrieben wird ist vielfältig, die Wirkung gleich verheerend.

„Oder denkst Du nicht, dass Kinder die Mama eben am meisten brauchen?“ – „Wann verbringst du, als Papa, denn dann noch Zeit mit deinen Kindern, wenn du so viel arbeitest?“ – „Ich nutz ja die Zeit, um selbst Brot zu backen, ist ja auch gesünder…“ – „Was, dein Kind ist noch nicht geimpft? Das wär mir zu gefährlich.“ – „Ohne Haube, wird sie aber krank werden.“ – „Bei uns damals hätte es das nicht gegeben.“ – „Denkst du nicht…“ – „Und weißt du gar nicht…“ – „Und wie könnt ihr nur…“ – „Kein Wunder, dass das Kind sich so verhält…“

Indirektes Infragestellen

Anlass, für direktes und indirektes Infragestellen, Einmischen und Angreifen ist jeder Bereich rund um das Elternsein. Ob du stillst, ob du trägst, wo dein Kind schläft, was dein Kind isst, was dein Kind anhat, ob du „zu viel“ oder „zu wenig“ arbeitest, ob und wie du dein Kind förderst, wie du bist, was du fühlst, was du denkst, wie du dich verhältst, wie dein Kind sich verhält…

Wichtig ist hier ganz klar zu unterscheiden, von welchen Verhaltensweisen wir hier sprechen. Wir sprechen hier nicht von jenem Anteil an Familien, in denen das Kindeswohl tatsächlich gefährdet ist. Wir sprechen nicht von Eltern, die aus welchem Grund auch immer, ihr Kind misshandeln oder vernachlässigen, also deren Elternsein infrage gestellt werden muss, um das Kind zu schützen. Wir sprechen hier von dem absoluten Großteil der Eltern, die jeden Tag aufs Neue ihr Bestes geben, oftmals erschöpft versuchen all den alltäglichen Anforderungen gerecht zu werden und ihre Kinder liebevoll zu begleiten.

Die meisten von ihnen haben in sich selbst ohnehin eine stichelnde Mütter- oder Väter-Mafia, die in ihnen dafür sorgt, ja genügend an sich selbst zu zweifeln. Denn die Wahrheit ist: Kaum ein Elternteil zweifelt nicht an sich selbst, fühlt sich nicht auch ungenügend und nicht selten überfordert.

Denn Elternsein ist eine große Aufgabe, in die wir auch bei noch so großer Vorbereitung doch absolut unvorbereitet hineinstarten, die uns fordert, und eine emotionale Bedeutung einnimmt, deren Ausmaß wir uns davor nicht bewusst waren.

Eltern wollen das Beste für ihr Kind, und machen sich ihre Entscheidungen und ihre Aufgabe in der Regel nicht leicht. Im Inneren toben Konflikte, und eine ständige Suche nach dem „Richtig“.

Viele Eltern leiden unter nagenden Schuldgefühlen, wiederkehrenden Selbstzweifeln und Phasen in denen das schlechte Gewissen ein ständiger Begleiter ist.

Und dann kommt auch noch der Input von außen, der das Fass zum Überlaufen bringen kann. Mom- & Dad-Shaming ist ein täglich stattfindender Skandal in unserer Gesellschaft. Da wo Eltern Unterstützung, Anerkennung und eine liebevolle, verständnisvolle Haltung begegnen sollte, finden sie oft Beurteilung, Verurteilung, Infragestellung, Diffamierung und Beschämung wieder und das alles trifft wie ein Pfeil mitten ins Mama- oder Papa-Herz und verletzt.

Dann ärgern und schämen wir uns, zweifeln, grübeln und werden unsicher. All das verhindert, dass wir mit sicherer Haltung, in Präsenz und Wahrhaftigkeit unseren Kindern begegnen können.

Wie also schützen wir uns vor Mom- & Dad-Shaming?

Da ist zum Beispiel Klara. Klara hat gelernt zu sich selbst zu stehen. Sie ist keine perfekte Mutter, sondern eine wahrhaftige und liebende. Sie macht Fehler, die sie nach außen trägt. Sie entwaffnet ihr Gegenüber mit ihrer herrlich authentischen und humorvollen Art, in der sie alle Seiten des Mutterseins anspricht und aufdeckt.

Simon andererseits tut sich schwer über sich selbst zu sprechen. Aber er hat sich vorgenommen keinen Beitrag mehr zum Mom- and Dad-Shaming in unserer Gesellschaft zu leisten. Er trägt Verständnis und eine liebevolle, nicht wertende Haltung anderen Eltern gegenüber in die Welt hinaus.

Das schätzt auch Sophie sehr an ihm. Denn Sophie hat als alleinerziehende, Vollzeit-berufstätige Mutter schon viele Anfeindungen aushalten müssen. Irgendwann hat sie so unter all dem Druck gelitten, dass sie entschieden hat, „auszusteigen“. Heute spricht sie klar an, wenn ihre Grenzen überschritten werden. Und sagt auch mal: „Ich hab genug von eurem Mom-Shaming!“

Klara, Simon und Sophie machen es uns vor. Wir gemeinsam als Elterngeneration können einen Unterschied bewirken.

Wir haben das Recht darauf zu sagen: „Stoppt das Mom- & Dad-Shaming!“

Also lasst uns liebvoller und unterstützender miteinander umgehen. Denn die Reise mit unserem Kind ist ein stetiges Abenteuer, für das wir keinen Reiseplan erhalten haben. Eine Reise, für die jede Familie ihre eigene Route finden darf. Wie schön, wenn sie am Weg anderen wohlwollenden und unterstützenden Menschen begegnen darf.

Online-Workshop

Du möchtest noch mehr zum Thema erfahren, dich in einer Eltern-Community austauschen, ganz ohne „Shaming?“

Dann sei dabei, beim Online-Workshop im Rahmen der #Elternimpulse „Stop Mom/Dad-Shaming! – Alles perfekt? Ein Workshop für mehr Ehrlichkeit und Authentizität.“ am Freitag, 21. April 2023 wahlweise von 9:30 – 11:30 Uhr oder 19:30 – 21:30 Uhr. (Kosten: 20€ pro Bildschirm)

Alle Informationen und Anmeldung unter: www.bildungswerk.at (eine Veranstaltung des Katholischen Bildungswerkes – Elternbildung)

Ähnliche Artikel

Ein Artikel von

Weitere Artikel des Autors lesen