Gemeinsam Kochen als „Wohlfühlinsel“

Oft lässt der Alltag das gemeinsame Kochen nicht zu. Zumindest glaubt man das. Denn was spricht dagegen, sich ganz bewusst Zeit dafür zu nehmen?

Eltern kennen das: Hektik, Stress, zu viele Termine.

Dann soll auch noch wahlweise zu Mittag oder am Abend frisch gekochtes Essen auf dem Tisch stehen. Als „Notlösung“ wird oft bereits am Wochenende vorgekocht oder am Abend zuvor noch das Mittagessen frisch zubereitet, das dann am Tag darauf von den Kindern – sofern das im jeweiligen Alter schon zumutbar ist – warm gemacht oder aufgewärmt.

Spaß und Freude kommen bei diesem Ansatz eher selten bis gar nicht auf.

Muss man als Elternteil das Essen tags zuvor oder gar am Wochenende „vorkochen“, dann ist das angetrieben vom reinen Pragmatismus: Die Kinder sollen etwas Gesundes zum Essen haben und sich nicht irgendeinen ungesunden Fertigkram reinschaufeln müssen.

Auch für die Kinder selbst ist ein solches Vorgehen mehr Mittel zum Zweck als lustvolles Tun: Das Essen wird entweder im Topf oder in der Mikrowelle auf Esstemperatur gebracht und der Vorgang des tatsächlichen Kochens spielt – wenn überhaupt eine – eine sehr untergeordnete Rolle.

Nun sei dagegen nichts gesagt, und vor allem: Eine gehörige Portion Pragmatismus bringt einen im Familienalltag oft sehr gut durchs Leben und durch die oftmals wirklich herausfordernden und inhaltlich komplexen und sehr vielseitigen Tage. Aber warum sollte man nicht gerade das Essen – das ja nun wirklich sowohl Grundbedürfnis als auch eine der schönsten Nebensachen der Welt ist – positiv umwerten?

Kochen als gemeinsame Tätigkeit

Und ja, ich meine damit eine einfache „Schubumkehr“, bzw. eben eine ganz andere Herangehensweise. Es wäre ja wohl auch denkbar, dass Kochen zu einer gemeinsamen Tätigkeit zu machen, bei der man als Familie mal so richtig zusammenkommt. Und damit meine ich: Gemeinsames Wählen von Zutaten, gemeinsames Überlegen, wie man die Woche kulinarisch gestalten will und ganz generell wieder das Auffrischen der Liebe zum Kochen und zum guten Essen.

"Wohlfühlinsel"

Beim Kochen kommt man dann naturgemäß ins Gespräch, kann, entschleunigt, über den Alltag reflektieren, kann sich austauschen, als Familie schlicht und einfach wieder näherkommen. Wer kocht – zweckfrei und „einfach so“ – der hat sich auch eine Auszeit- und Wohlfühlinsel geschaffen. Also einen Ort, an dem es eigentlich um nichts und doch im Grunde um Alles geht. Es ist ein „Nicht-Ort“, eine Utopia, in dem alles ein wenig anders funktioniert als sonst im Alltag: Dieser „Ort“ ist zweckfrei, an kein bestimmtes Ergebnis gebunden, der Ablauf ist nicht gänzlich zielgerichtet und es gibt schöne Nebeneffekt, wie eben die bereits genannten guten Gespräche, die sich „unterwegs“ ergeben. Und doch steht am Ende ein Ergebnis, ein Produkt, das man so in dieser Form gemeinsam geschaffen hat.

Niemand sagt jedoch, dass das einfach ist.

Und natürlich gibt es auch schlicht und einfach Zeiten, in denen das nicht gelingen mag. Weil es zu viele Termine gibt, zu viel Stress, zu viele Schularbeiten oder Abendtermine oder berufliche Verpflichtungen. Dann wäre wiederum der hier beschriebene „Ort“ ein Murks, ein Zwang, ein nicht erreichbares Ziel. Denn wer mit Stress hineingeht, dem wird das wohl alles nicht gelingen.

Fakt ist aber: Man kann sich als Familie mehr Zeit freischaufeln, als man das gemeinhin annimmt.

Vieles ist nämlich auch bestimmt von „leeren“ Routinen, die sich anders gestalten ließen. Vieles hat sich über die Zeit einfach so eingeschliffen und der vermeintliche Leerlauf von Kindern und Eltern wird als so selbstverständlich hingenommen, dass das alles auch als eher sinnloser Teil der Routinen gewertet wird. Es ist also höchste Zeit, anzupacken und sich diese Zeit zu nehmen. Es wird dadurch mehr Zeit entstehen, die wirklich sinnvoll und zugleich auch – wie bereits beschrieben – gewissermaßen sinnlos genutzt wird. Wem diese Gratwanderung gelingt, der wird davon reichlich profitieren und wohl auch stets – quasi als Nebeneffekt – gutes Essen parat haben.

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