"Fir für Ehe" - mehr als nur ein Ehevorbereitungskurs

"Fit für Ehe" ist eine ganz besondere Form der Ehevorbereitung, bei dem Paare die Gelegenheit haben, sich neu und tiefer kennen zu lernen. Am 6. Oktober startet ein neuer online-Kurs dieses Formates. 

Wir haben Stefan Lebesmühlbacher, Initiator dieses Projektes, zum Interview getroffen.

 

Was ist das Besondere an diesem Format? Was unterscheidet diesen Kurs von anderen Ehevorbereitungskursen?

Wie in jedem wichtigen Lebensbereich braucht auch die Ehe eine gute Vorbereitung.

Mit „Fit für Ehe“ schenkt sich das Paar vor allem Zeit und einen geschützten Raum, um über zentrale Themen der zukünftigen Ehe ins Gespräch zu kommen und sich ehrlich zu begegnen.

Der Kurs unterstützt die Paare dabei, eine gemeinsame Vision zu entwickeln, vermittelt hilfreiche Werkzeuge für den Alltag und hilft, das Sakrament der Ehe als Kraftquelle zu entdecken.

Wachstum und Tiefe brauchen Zeit, Nähe und Begleitung. „Fit für Ehe“ bietet all das an – vielleicht mehr und intensiver als herkömmliche Formate.

 

Welche Themen sind dir besonders wichtig in der Ehevorbereitung?

Die zentralen Inhalte einer kirchlichen Ehevorbereitung sind von den österreichischen Bischöfen in eigenen Standards beschrieben. „Fit für Ehe“ greift diese Themen auf und hilft den Paaren dabei, den Blick Schritt für Schritt auf ihr persönliches und gemeinsames Wachstum zu richten.

  • Am Anfang steht hier der Bauplan Gottes für Mann und Frau, für die Ehe und die Familie. Es geht darum, sich selbst und den anderen in seiner Verschiedenheit als Geschenk zu verstehen und die eheliche Liebe als einen Weg der gegenseitigen Selbsthingabe zu begreifen.
  • Ein besonders wichtiger Bereich ist die Kommunikation in der Beziehung, vor allem die Bedeutung eines ehrlichen und regelmäßigen Ehegesprächs als Grundlage für echte Verbundenheit.
  • Auch die Herkunftsfamilie spielt eine große Rolle, da viele Prägungen und Muster aus der Vergangenheit unbewusst mitwirken und Einfluss auf das gemeinsame Leben nehmen.
  • Das eigentliche Herzstück ist aber das Ehesakrament selbst: Was bedeutet es in der Tiefe? Was ist das besondere Geschenk und die neue Identität, die ein sakramental verheiratetes Ehepaar empfängt? Wie wird dieses Sakrament gefeiert – und warum ist es eine Kraftquelle, weit über den Hochzeitstag hinaus?
  • Auch die eheliche Sexualität als Ausdruck des ehelichen Bundes und als großes Geschenk Gottes ist ein wesentlicher Inhalt. Dabei geht es um die Frage, wie Paare ihre Sexualität liebevoll und verantwortungsvoll leben können und wie sie mit der damit verbundenen Fruchtbarkeit umgehen.

 

All diese Themen tragen dazu bei, dass Paare ein tragfähiges Fundament für ihren gemeinsamen Weg in die Zukunft legen können.

 

Gibt es Aufgaben, die die Paare gemeinsam bearbeiten? (Impulse für das Paargespräch)

Ja – die Kursinhalte werden in Form von Impulsen vermittelt, die den Paaren helfen sollen, ihre eigene Lebensrealität bewusster wahrzunehmen und gemeinsam zu reflektieren. Nach jedem thematischen Impuls werden sie eingeladen, anhand von Fragen miteinander ins Gespräch zu kommen.

Diese Paargespräche bilden in Wahrheit das Herzstück des Kurses, denn hier findet das eigentliche Wachstum statt.

Auch zwischen den Kurseinheiten erhalten die Paare weiterführende Fragen für zu Hause, um den Gesprächsprozess zu vertiefen und zu begleiten.

Der ehrliche, offene Austausch zu zweit ist auf menschlicher Ebene der Schlüssel für einen gemeinsamen Weg, der auf Vertrauen und Verständnis basiert.

 

"Fit für Ehe" ist ja ein kirchliches Eheseminar. Wie wird die christliche Perspektive konkret in den Kurs eingebunden?

Wir versuchen, die christliche Perspektive nicht als abstrakte Theorie, sondern über die Reflexion persönlicher Erfahrungen einzubinden und immer wieder als etwas Schönes und Hilfreiches erfahrbar machen. Wenn ich zum Beispiel sage: „Du bist ein Abbild Gottes“, bleibt das oft sehr theoretisch und schwer greifbar. Viel hilfreicher ist es, wenn ich Momente betrachte, in denen ich meinem zukünftigen Ehepartner bereits vergeben habe und dadurch meine Fähigkeit zu Liebe und Hingabe sichtbar wird. So wird nachvollziehbar, dass wir eine „DNA der Liebe“ in uns tragen – ein Ausdruck davon, dass wir nach dem Bild eines liebenden Gottes geschaffen sind.

Ein weiteres Beispiel kann hier das Thema „Vergebung“ im Zusammenhang mit der Herkunftsfamilie sein. Viele junge Menschen haben belastende Erfahrungen mit ihren Eltern gemacht und versuchen deshalb auszubrechen oder sich zu distanzieren. Doch das notwendige wirkliche „Verlassen“, das mit der Aufarbeitung dieser schmerzlichen Erlebnisse verbunden ist, bleibt oft aus.

Letztlich geht es fast immer um Vergebungsprozesse, um mit den Eltern inneren Frieden zu finden.

Auch hier kann Gott ins Spiel kommen: Wenn Gott und andere Menschen mir immer wieder vergeben und ich dadurch eine befreiende Erfahrung mache, kann mich das ermutigen, selbst den Weg der Vergebung meinen Eltern gegenüber zu beginnen. In diesem existenziellen Zusammenhang wird auch das Angebot der Beichte als Hilfe auf diesem Weg zur Versöhnung verständlicher.

 

Welche Rolle spielt der Glaube in einer gelingenden Ehe?

Der Glaube kann eine zentrale Rolle in einer gelingenden Ehe spielen und als wertvolle Ressource erfahren werden. Voraussetzung dafür ist, Gott als reale und lebendige Wirklichkeit anzuerkennen – als einen „Jemand“, der mich aus Liebe erschaffen hat, mich um meiner selbst willen liebt und eine persönliche Beziehung zu mir sucht.

Diese von Gott kommende Liebe anzunehmen, ist ein wesentlicher Schritt des Glaubens. Erst in diesem Licht kann ich allmählich erkennen, wer ich selbst bin – zerbrechlich und doch unendlich geliebt.

In dieser Haltung wird es auch möglich, den anderen in seiner Einzigartigkeit und Verschiedenheit tiefer anzunehmen. So entsteht auch ein neuer, gemeinsamer Blick auf das „Wir“ der Beziehung. Ein Miteinander, das immer mehr von der sich schenkenden Liebe Gottes getragen wird.

 

Wie kann man als Paar gemeinsam geistlich wachsen?

Glaube kann nur lebendig sein, wenn wir eine persönliche Beziehung zu Gott pflegen – durch das, was wir Gebet nennen: ein Gespräch mit Gott. Die heilige Teresa von Avila beschreibt es treffend: „Gebet ist wie das Gespräch mit einem Freund, mit dem man gerne und oft zusammen ist.“

Zunächst ist es wichtig, dass jeder für sich eine eigene, persönliche Freundschaft mit Gott entwickelt und lebt. Doch auch das gemeinsame Gebet als Paar kann eine tiefe Kraftquelle sein – es darf wachsen und sich im Laufe der Zeit entfalten.

Mit dem Partner zu beten, ist Ausdruck tiefer Vertrautheit und gegenseitiger Hingabe. Wenn ein Paar gemeinsam vor Gott tritt und sich im Gebet verbindet, entsteht Raum für geistliches Wachstum. Denn je mehr sich jeder Einzelne Gott öffnet, desto tiefer wird auch die Verbindung zum Herzen des anderen.

Gibt es Rituale oder Gebete, die du besonders empfehlen kannst?

Ja, da fallen mir zwei konkrete Dinge ein:

Zum einen das bewusste Wahrnehmen des Guten und die damit verbundene Dankbarkeit.

Vieles, was gelingt, nehmen wir oft als selbstverständlich hin, während das Negative schnell übermächtig erscheint.

Umso wichtiger ist es, am Ende des Tages ganz bewusst nach dem Guten zu suchen: Was ist gelungen? Wo haben wir Freude erfahren? Wofür können wir dankbar sein? Solche Momente sind letztlich Zeichen der fürsorgenden Liebe Gottes. Indem wir sie bewusst wahrnehmen, erkennen wir, wie viel uns jeden Tag neu geschenkt ist.

Zum anderen die Wichtigkeit der gelebten Vergebung: Viele Ehepaare berichten, wie wichtig es für sie ist, nicht im Unfrieden einzuschlafen. Auch wenn eine Aussprache am Abend noch nicht möglich ist, schenken sie einander ein kleines Zeichen – vielleicht eine Berührung unter der Bettdecke. Das sagt: „Ich möchte wieder gut mit dir sein. Lass uns morgen darüber sprechen.“

Die Größe der Liebe zeigt sich gerade im gegenseitigen Vergeben. Es braucht den Willen und das Vertrauen zu einem Neubeginn – nicht nur einmal, sondern immer wieder.

 

Das klingt wunderbar! Wie viele Paare haben bisher teilgenommen, und welches Feedback erhalten Sie am häufigsten?

Seit mehreren Jahren wird „Fit für Ehe“ in Österreich, Deutschland und der Schweiz angeboten. Insgesamt haben inzwischen über 500 Paare daran teilgenommen.

Das mit Abstand häufigste Feedback ist, dass die Paare den Kurs als einen geschützten und wertschätzenden Raum erlebt haben, in dem sie in Ruhe und mit guter Begleitung über die wirklich wichtigen und tragenden Themen ihrer Beziehung sprechen konnten.

Oft berichten die Teilnehmer auch, dass sie einzelne Aspekte ihrer Partnerschaft im Laufe des Kurses ganz neu oder tiefer für sich entdeckt haben.

 

Gibt es ein Bibelzitat oder eine „Lebensweisheit“, die du Paaren mitgeben möchtest?

Ja – mir kommt da ein Wort aus dem „Hohelied der Liebe“ (1 Kor 13) in den Sinn: „Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.“

Viele Menschen setzen Liebe heute mit Gefühl gleich, doch wahre Liebe reicht tiefer. Sie gründet nicht in wechselnden Emotionen, sondern im Willen. Im Kern ist Liebe eine Entscheidung.

Jemanden zu lieben bedeutet daher, sich dieser Person Tag für Tag zu schenken.

Das „Hohelied der Liebe“ erzählt von jener Liebe, mit der Gott uns liebt. Es ist eine Liebe, die frei sprudelt wie eine Quelle, die nicht rechnet und nie versiegt. Sie liebt und erwählt mich um meiner selbst willen – trotz aller Fehler und Unvollkommenheiten.

In diese Liebe dürfen Eheleute immer mehr hineinwachsen. Sie erschafft jenen Raum, in dem jeder ganz er selbst sein darf und sich im vertrauensvollen Geben und Nehmen für den anderen öffnen kann. Je mehr das gelingt, desto schöner und erfüllter wird das gemeinsame Leben.

 

Lieber Stefan, danke für das Gespräch!

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