Digitale Medien sind die Vergangenheit, nicht die Zukunft

Geht es um den Einsatz von digitalen Medien im Alltag von Kindern gibt es zwei Lager. Die Befürworter und die Gegner. Noch enger wird es bei pädagogischen Richtlinien. Die einzige Frage, die interessiert und öffentlich diskutiert wird, ist der Zeitfaktor. „Ab welchem Alter darf mein Kind wie lange Video schauen bzw. Computer spielen?“ Auf der Suche nach anderen Kriterien, ob und vor allem wie digitale Medien auch mit Kindern sinnvoll genutzt werden können, begegne ich Stephanie Ingrid Müller. Im Gespräch mit Ingrid Müller, Leiterin des Mediastep Institutes, in Nürnberg

Digitale Medien sind die Vergangenheit, nicht die Zukunft!

„Digitale Medien sind die Vergangenheit, nicht Zukunft!“ so Stephanie Ingrid Müller. „Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten, im Gegenteil. Sie bestimmt schon längst unseren Alltag. Genau deshalb geht es mir um einen qualitativ hochwertigen Umgang damit.“ In vielen Medien liest man empfohlene Altersstufen, in welchem Alter wieviel Zeit mit digitalen Medien verbracht werden darf. Die Faustregel lautet:

„Je weniger Digitalisierung je jünger das Kind, umso besser.“

Doch dies ist nur das Tüpfelchen am I. Es gibt noch andere Aspekte außer Alter und Zeit, die beim Umgang von Kindern mit digitalen Medien zu beachten sind. Gerade im Alltag mit Kindern wäre es ratsam, digitale Medien nicht als passiv konsumierten Inhalt zu nutzen, sondern sie als Mittel zum Zweck einzusetzen. „Die Idealvorstellung und unser Ziel in Projekten mit Kindergärten und Schulen ist die Verwendung der digitalen Medien als Arbeitsgerät. Wenn wir es schaffen, digitale Medien in unsere aktive, produktive, händische Tätigkeit einzuweben, sind wir schon ein großes Stück weitergekommen.“ so Müller.

3 praktische Tipps für einen qualitätvolleren Umgang mit digitalen Medien

 

#1 Nutzt die digitalen Medien gemeinsam

Zugegeben, auch ich lasse meinen mittlerweile 10jährigen Sohn öfter länger Video schauen als ausgemacht, wenn ich noch in Ruhe eine Arbeit fertig stellen muss. Doch meistens nutzen wir die digitalen Medien gemeinsam.

  • Das Horizont erweiternde YouTube Wunschkonzert:

Beim Wunschkonzert darf sich abwechselnd jeder von uns ein Lied wünschen, das gemeinsam angehört wird. Oft sind die gewünschten Musikstücke Erinnerungen an erlebte Ereignisse, die dann den anderen erzählt werden. Auch die Stilrichtungen unterscheiden sich stark, je nach Geschmack des Familienmitgliedes. So erweitert sich spielerisch unser enger Horizont und neue Erfahrungen werden gemacht. Besonders interessant ist dies mit Großeltern oder Freunden.

  • Das soziale Computerspiel:

Wenn wir uns beim Computerspiel „Lego-Tower“ gegenseitig Arbeiter schicken ist dies mehr als nebeneinander am Smartphone zu spielen. Wir sprechen miteinander, stimmen uns aufeinander ab, versuchen gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Auch erhält mein Sohn mehr Eigenstärke und Selbstbewusstsein, wenn er mir am Smartphone etwas erklären kann. Der größte Vorteil ist jedoch, ich kenne das Spiel und kann klarere Regeln festlegen. Die Ansage „In einer Viertelstunde hörst Du auf!“ ist für Kinder oft schwierig einzuhalten. Weiß ich jedoch über den Inhalt des Spieles Bescheid, kann ich z.B. sagen: „Nachdem Du alle Waren aufgefüllt hast, hörst Du auf!“ Das kommt an und wird auch eingehalten.

 

#2 Produziert, statt nur zu konsumieren

 „Das Wichtigste ist, digitale Medien nicht konsumorientiert, sondern als Arbeitsgeräte einzusetzen.“ erklärt mir Stephanie Ingrid Müller. „Selbst aktiv und kreativ zu bleiben!“ Als ausgebildete Grafikerin sitze ich sozusagen an der Quelle der technischen Möglichkeiten. Doch auch für Laien gibt es ausreichend Ideen, um digitale Medien gemeinsam mit Kindern qualitätvoller zu nutzen.

  • Nutzt die Sprachfunktion des Smartphones. Nehmt Geräusche jeder Art auf und lasst eure Kinder raten, was dieser Laut ist. Oder lasst die Kinder die Geräusche aufnehmen, die ihr dann erratet – geht also auf eine Geräusche-Such-Safari und macht Hörmemories!
  • Macht mit dem Smartphone gemeinsam Familienfotos. Lasst diese ausdrucken und bastelt einen Jahreskalender oder Grußkarten. Das ideale Weihnachtsgeschenk für Großeltern. Und schon seid ihr wieder im Tun!
  • Lasst die Kinder Fotos von kleinen Gegenständen machen, druckt diese doppelt aus, laminiert sie und im Nu habt ihr ein selbst gestaltetes Memory. Ihr könnt auch auf eine Memorykarte den Gegenstand und auf die dazugehörige Karte das Wort oder den Anfangsbuchstaben drucken, je nachdem, ob ihr mehr spielen oder auch lernen wollt.
  • Macht am Smartphone ein Foto mit abwechslungsreichen Farben und Formen. Und lasst es im nächsten Fotogeschäft als Puzzle ausdrucken. Diesmal nicht als Geschenk, sondern für euch selbst. Entdeckt welche Motive sich leichter puzzeln lassen und welche schwerer.
  • Nutzt das Internet als Quellensuche für Malvorlagen, aber lasst die Kinder die Bilder in ausgedruckter Form mit der Hand ausmalen.
  • Nutzt Google Maps oder GPS für eine Schnitzeljagd. Ob Geocache, Tourenkurs beim Alpenverein oder selbst organisiert. Alles ist erlaubt!
  • Richtet einen Hintergrund für ein improvisiertes Kasperltheater her. Ihr habt keine Handpuppen? Auch Kuscheltiere eignen sich dafür. Besprecht eine kleine Szene und nehmt ein Video davon auf. Wir machen dies immer als Geburtstagsgruß für die Kinder der TaufpatInnen unseres Sohnes.

 

#3 Seid ein Vorbild

Mit seinen 10 Jahren war unser Sohn der letzte in der Klasse, der noch kein Handy hatte. Nun ist es so weit, seit ein paar Wochen ist das Tor zur Welt geöffnet und er ein Stück unabhängiger von uns geworden. Was mir in dieser Zeit wieder mehr bewusst wurde, ist die Vorbildwirkung, die wir haben. So müssen auch wir uns wieder mehr am Riemen reißen und beim gemeinsamen Essen, wenn Besuch da ist sowie beim abendlichen Zusammensein das Smartphone zur Seite legen. Unabhängig davon, ob wir es als Selbständige nun beruflich benötigen, oder noch schnell willhaben.at checken müssen, da die alten Möbel meiner Eltern verkauft gehören. Die Regeln gelten auch für uns!

Mediastep – Institut für Kunst- und Medienpädagogik mit fachpädagogischem Dienst
Stephanie Ingrid Müller
Forchheimer Straße 4
90425 Nürnberg

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