Die sichtbare und die unsichtbare Welt

“Ich glaube an Gott, der alles geschaffen hat, Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt,” so beten wir im großen Glaubensbekenntnis. Wie aufregend – es gibt da also so viel mehr, als wir sehen können. Was genau ist damit gemeint? Und lohnt es sich überhaupt, nach dem Unsichtbaren zu suchen?

 

Das Wesentliche: die unsichtbare Welt

 

Wenn wir jemanden gerne haben, zum Beispiel eine liebe Freundin treffen, dann freuen wir uns erstmal darüber, sie zu sehen. Wir freuen uns, mit ihr zu reden und zu lachen, vielleicht auch über ihr schönes Outfit oder über die hübsche neue Frisur etc. aber eigentlich, wenn wir tiefer darüber nachdenken, freuen wir uns doch vor allem darüber, wer sie ist bzw, über das, was sie in ihrem Inneren ausmacht und wir gar nicht sehen können.

Die unsichtbare Wirklichkeit ist es, was mich so richtig begeistert an ihr.

Das Gleiche trifft auf alle anderen Lebensbereiche zu: als Christen glauben wir, dass das, was wir nicht sehen können, größer und wichtiger ist als alles Sichtbare und Materielle. Wie wunderbar also, darüber nachzudenken, was es mit dieser so bedeutsamen - aber leider immer wieder in den Hintergrund gedrängten -Wirklichkeit auf sich hat.

 

Sichtbare Zeichen: Verweis auf eine noch größere Wirklichkeit

 

Die Sakramente sind “sichtbare Zeichen, die auf eine unsichtbare Wirklichkeit” verweisen. Der Kern unseres Glaubens, das größte Geschenk an uns Menschen und die innigste Berührungsmöglichkeit mit Gott, sind die Sakramente. Gerade in der Heiligen Messe will sich Gott uns ganz schenken. So, wie wir Nahrung für unseren Körper brauchen, will auch die Seele genährt werden und das gelingt besonders gut in der Eucharistie. Ja, geistige Nahrung ist lebensnotwendig.

Wir Christen dürfen, ja sollen zuallererst aus den Sakramenten leben, unsere Seele mit dem Wort Gottes  “füttern” und im Gebet “auskosten”, dass Gott uns nahe sein will. Und weil ich vom Unsichtbaren schreibe und gerade die Messe das Thema ist muss ich an dieser Stelle folgenden Gedanken teilen: Keine Messe hat “wenig Messbesucher” , denn der gesamte Himmel ist anwesend! Alle Engel und Heiligen - alle sind da! Soviel zum Thema “das, was wir sehen ist nicht das Wichtigste”: Es ist eben nur ein “Abklatsch” bzw. sehr geringer Teilausschnitt vom Ganzen.

 

Von der Sauberkeit

 

Hier auf der Seite geht es ja um Familie, um den Alltag mit Kindern und da ist das Thema Ordnung und Sauberkeit denke ich sehr passend. Wie ist das denn, wenn ich die Wohnung gerade frisch geputzt habe? Bei mir zeigt sich viel mehr Pingeligkeit bzw. Motivation den sauberen Status Quo aufrecht zu erhalten, wenn alles erstmal sauber ist. Ich bemühe mich mehr und setze mich dafür ein, dass nicht sofort wieder alles vollgebröselt wird. Ist es allerdings bereits bisschen dreckig – oh no. Da werde ich schnell fahrlässig und gleichgültig, leide aber gleichzeitig darunter, dass es immer ungemütlicher und unschöner wird. Das finde ich persönlich den hilfreichsten Verweis auf die Beichte: wie bei meinem geputzten Zuhause fällt mir nach einer Beichte auch jedes „Bröserl" Sünde bzw. Lieblosigkeit schneller auf und ich bin viel mehr darauf bedacht, dass mein Verhalten “so sauber wie möglich” bleibt.

Auch im Alltag verweist die sichtbare Welt auf diese vorherrschende, unsichtbare Wirklichkeit.

Kitschige Romanze

 

Umgeben von prachtvoller Natur, bin ich immer wieder fasziniert von Gottes Schöpfung, die nichts anderes ist als sein Liebesbrief an uns.

Dass das Ganze leider nicht mehr originalgetreu vorliegt und das Böse auch hier wütet, ist natürlich jammerschade. Und dennoch: Blumen und Bäume, Vogelgezwitscher, sämtliche Tiere, die uns erfreuen, die Wärme der Sonne, die Frische nach Regen, das saftige Grün, glitzernder Schnee und glitzerndes Wasser, das herrlich plätschert oder wunderbare Greise zieht, wenn wir einen Stein hineinwerfen oder beruhigend für uns rauscht und Wellen schwappen lässt, die Berge, das Meer, der Sand und die Sterne, Schatten und Wind, überhaupt die ganze Vielfalt. Das alles ist doch umwerfend und deutet auf eine noch viel, viel größere Wirklichkeit der Liebe Gottes hin.

Mein Mann Philipp hat immer wieder Wüstenexerzitien in Jordanien organisiert (https://www.wuestenexerzitien.de). Ich war auch schon zweimal mit dabei (und kann sie sehr empfehlen - bei Interesse einfach schreiben: Leitung@wuestenexerzitien.de): Die Wüste, das Land, das eigentlich öde, verlassen und daher irgendwie uninteressant ist, war für mich eine einzige Erfahrung der “Verschwendung” Gottes, wenn es um seine Liebe zu uns geht: Was für eine Fülle, eine Schönheit und eine Abwechslung, obwohl auf den ersten Blick alles relativ gleich aussah: Es gab so viel zu entdecken und zu bestaunen.

Keine Ablenkung und etwas Zeit und schon war ich mitgerissen und überwältigt von Gottes Wohlwollen.

“Dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten. (Mt 6,18)”. Ja, auch für mich, als Hausfrau und Mutter gilt das. Besonders an den Tagen, an denen die restliche Welt nichts - absolut gar nichts - von mir mitbekommt, weil ich eben zu Hause z.B. bei meinem kranken Kind geblieben bin. Gott sieht es. In seinen Augen ist es unendlich kostbar. Auch der Moment, wo ich mir irgendeine schnippische Bemerkung verkneife, obwohl es mir viel abverlangt und niemand davon weiß. Einer schon: Gott weiß es.

Es lohnt sich, nach dem Unsichtbaren zu suchen und es als “wirklicher als die zu sehende Wirklichkeit” einzustufen. Die unsichtbare Welt ist erfahrbar durch das Sichtbare, aber sie geht noch weit darüber hinaus: sie ist das Wichtigste - bereits in diesem Leben, aber auch in alle Ewigkeit.

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