Der Mutter-Kampf: Plötzlich waren wir Konkurrenten

Ehe man sich versieht, ist das wöchentliche Treffen weit entfernt von einem netten Freundinnen-Plausch, sondern zusammengeschrumpft zu einem erbitterten Wettkampf.

„Kann dein Kind noch gar nicht alleine aufs Töpfchen?“, „Mein Kind kann dies schon seit Wochen!“ Dialoge wie diese können unter befreundeten Müttern nach der Phase der gegenseitigen Freude über den Nachwuchs plötzlich auftreten. Sie schleichen sich in die eigentlich harmonische, freundschaftliche Beziehung ein. Von einen Tag auf den anderen spricht man nicht mehr über die neuen Erfahrungen, tauscht sich nicht mehr über Freizeitgestaltung aus. Denn plötzlich ist die Kindeserziehung zum Wettstreit geworden.

Von der Mutter zum Monster: Ursachenforschung

Zurecht fragt man sich nun: Woher kommt dieses unangenehme Klima von Wettstreit und Konkurrenzkampf von eigentlichen Vertrauten? Die Soziologin und Autorin Christina Mundlos beschreibt in ihrem bereits 2013 erschienenen Buch „Mütterterror. Angst, Neid und Aggressionen unter Müttern.“ wie es dazu kommt.

„Heute gibt es für Mütter unendlich viele neue Aufgaben. Es wird erwartet, dass sie sich jeder Menge Fragen stellen und diese ‚richtig‘ beantworten. Soll der Babybrei selbst gekocht oder gekauft werden? Soll eine Mutter stillen und wenn ja, wie lange?“

Zwar hat wieder ein Umdenken stattgefunden und die gegenwärte Mutterrolle genießt ein höheres gesellschaftliches Ansehen, dennoch werden die damit verbundene soziale Rolle und die alltäglichen Leistungen nach wie vor geschmälert: Mutterschaft bedarf keiner übermäßigen Unterstützung oder Anerkennung, denn schließlich ist es nur natürlich, Mutter zu sein.  Warum dies also hervorheben?

Unmut vorprogrammiert

Ausgehend von dieser Fremdwahrnehmung kann nur ein vermindertes Selbstwertgefühl resultieren. Mütter fühlen sich missverstanden, in ihrem Tun nicht respektiert und nur wenig bis gar nicht wertgeschätzt. Und vor allem: sie sind unsicher. Natürlich, schließlich ist es eine völlig neue Lebenserfahrung.

„Mutterschaft unterliegt einer starken Professionalisierung. Wenn Mütter daran nicht kaputt gehen wollen, müssen sie die Ansprüche runterschrauben, die Aufgaben reduzieren und sich diese mit den Vätern und Betreuungseinrichtungen teilen.“ (Mundlos, 2013)

Um dies zu kompensieren, kommt es zu Verhaltensweisen und Dialogen wie zu Anfang beschrieben. Und zwar überall, wo man Mütter antrifft: auf Spielplätzen, in Cafés oder beim Spazieren gehen mit Freundinnen. Um von der eigenen Unsicherheit und Angst abzulenken, wird oft auf andere „Fehler“ verwiesen.

Ein mütterlicher Schulterschluss wirkt dem mütterlichen Wettbewerb entgegen.

Brücken bauen

Wie wirkt man diesem unerbittlichen Konkurrenzdruck und -kampf nun entgegen? Jede Mutter investiert jede freie Minute in ihr Kind. Es wird alles gegeben, um dem Nachwuchs das Bestmögliche bieten zu können. Sprechen wir dies auch aus! Gestehen wir anderen Müttern die Anerkennung zu, die sie verdienen.

Frauen sollten nicht noch zusätzlichen gegenseitigen Druck erzeugen. Jedes Kind entwickelt sich unterschiedlich schnell, hat divergierende Stärken und jede Mutter tut ihr bestes, um es zu fördern. Konkurrenz und giftige Pfeilspitzen auf fremde mütterliche Kompetenz haben hier keinen Platz. Beschränken wir uns auf den Erfahrungsaustausch, darauf, gegenseitige Erkenntnisse zu teilen und voneinander zu lernen.

Buchtipp

Mütterterror

Angst, Neid und Aggressionen unter Müttern

Christina Mundlos

Tectum Verlag, 190 Seiten.

€ 19,90

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