Das Interaktionsspiel

Gegen Ende des vierten Lebensmonats kann das Baby nun schon recht gut nach Gegenständen greifen, die Hand-Augen-Koordination wird über das Funktionsspiel – mit dem wir uns letzte Woche beschäftigt haben – stetig ausgebaut und verbessert. Nun allerdings wird die Interaktion mit den Bezugspersonen interessant.

Um das erste Halbjahr herum zeigt es schon sehr deutliches Interesse an Interaktionen mit seinen Bezugspersonen. Wir beobachten nun, dass es zuhört, wenn wir mit ihm sprechen und uns auch mit bestechend-entzückender Lautakrobatik antwortet. Wenn wir dem kleinen Menschlein vorsingen oder ihm Geschichten erzählen und auf seine „Antworten“ reagieren, sind wir schon mitten drinnen im Interaktionsspiel. Auch handlungsbegleitendes Sprechen wirkt nun wie Dünger auf die kindlichen Entwicklung. Neben der Sprachentwicklung ist diese Art der Interaktion zudem von zentraler Bedeutung für die emotionale Entwicklung.

Spielerisch lernen

Von ersten Interaktionsspielen wie Kuckuck und später auch Hoppe-Hoppe-Reiter und von Papa in die Luft geworfen und wieder aufgefangen zu werden, kann das Kind nun kaum genug bekommen. In den ersten sechs bis acht Lebensmonaten können Eltern auch „richtig“ zaubern. Erst in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres verfügen Kinder über Objektpermanenz, der kognitiven Fähigkeit zu wissen, dass etwas das im Moment nicht mehr sichtbar ist, deshalb trotzdem noch vorhanden ist. Vorher gilt: Wenn wir ein Tuch auf den Ball legen – aus den Augen, aus dem Sinn – existiert der Ball nicht mehr. Nehmen wir das Tuch mit einem „Hokus-Pokus-Zaubernokus“ wieder weg, haben wir den Ball scheinbar aus dem Nichts heraus hervor gezaubert. Sobald das Kind den Ball unter dem Tuch zu suchen beginnt, können wir folgerichtig daran erkennen, dass es schon die Fähigkeit zur Objektpermanenz ausgebildet hat.

Kleine Wissenschaftler

Zentral ist, dass Eltern wissen, dass das nervige „Gegenstände-auf-den-Boden-werfen-und-wieder-danach bitten“ auch Teil einer wichtigen Entwicklungsphase ist. Ihr Kind nutzt dabei die kombinierte Wirkung von Funktions- und Interaktionsspiel. Das Runterwerfen von Gegenständen (oder auch Ausleeren von Trinkbechern) ist von zentraler Bedeutung um die Funktion – die Gesetze der Schwerkraft – empirisch zu überprüfen. Auch wenn es für uns selbstverständlich und daher kaum nachvollziehbar ist: In der Tat wissen kleine Kinder nicht, ob der Teller IMMER nach unten fällt und die Milch IMMER nach unten rinnt, das muss erst sehr oft (!) ausgetestet werden.

Das Interaktionsspiel beginnt dann, wenn der Schnuller oder das Stofftier aus dem Kinderwagen gefeuert wurde und das Kind nun darum bittet es wieder zu bekommen … um es danach wieder raus zu schmeißen. Nächste Woche schauen wir uns an, was Eltern in dieser – oft als sehr intensiv erlebten – Phase tun können, um ihre Nerven zu schonen und zugleich die Entwicklung des kleinen Wonneproppens zu begleiten, sei dabei.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Iris Van den Hoeven

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