Zwischen Überforderung und Sinnfragen: Der Schulstress aus Elternsicht

In den letzten Jahren habe ich mich immer wieder gefragt, ob ich die Einzige bin, die von der Schule oft mehr genervt ist als meine eigenen Kinder.

Die Ferien sollen eine Zeit der Erholung sein, dachte ich, doch stattdessen werden wir mit Leseaufgaben, Mathematikübungen (damit in der schulfreien Zeit auch nichts vergessen wird) und Vorbereitungen für Referate und Schularbeiten überhäuft. Die Lehrer betonen zwar, dass kein Druck bestehen soll, aber der Druck ist da, spürbar und allgegenwärtig.

Warum werden Kinder heute so sehr mit schulischem Stress überwältigt oder war das schon immer so?

Wieso müssen sie nicht nur in einem Fach glänzen, sondern in vielen? Warum stehen Fächer wie Persönlichkeitsentwicklung, Selbstwertstärkung und Anti-Mobbing nicht genauso im Fokus wie Mathematik und Deutsch? Diese Fragen beschäftigen mich und viele andere Eltern, die sich in einem ständigen Spagat zwischen dem Wunsch nach Entfaltung der Kinder und dem Druck des Schulsystems wiederfinden.

Persönlichkeitsentwicklung wird vernachlässigt

Es ist schwer zu verstehen, warum so viele Schulfächer vernachlässigt werden, die für die persönliche Entwicklung unserer Kinder genauso wichtig sind wie die klassischen Kernfächer. Die Balance zwischen dem Anspruch, gute Noten zu erzielen, und dem Bedürfnis, unseren Kindern Raum zur Entfaltung zu geben, scheint immer schwieriger zu werden. Denn während wir versuchen, unsere Kinder nicht zu drängen, drängt das Schulsystem umso mehr. Diese Gratwanderung führt nicht nur zu Frustration bei den Kindern, sondern auch zu Verunsicherung und Überforderung bei den Eltern.

Ferien sollen der Erholung dienen

In den Ferien, einer Zeit, die eigentlich der Erholung dienen sollte, finden wir uns häufig wieder, wie wir gemeinsam mit unseren Kindern lernen, und nicht nur das, scheint es auch gang und gäbe zu sein, dass man Stoff, den man wegen einer Krankheit verpasst hat, ebenso wie die fehlenden Hausaufgaben nachholen muss. Während wir also versuchen, den Lehrstoff zu bewältigen, verlieren die Kinder oft die Freude am Lernen, denn nicht selten geht das mit Machtkämpfen, Überredungskünsten und Streitereien einher.

Ist das wirklich der Sinn unseres Schulsystems?

Sollte die Schule nicht vielmehr dazu dienen, die Begeisterung für Wissen und Bildung zu wecken, anstatt sie zu ersticken?

Wo bleiben die Problemlösungskompetenzen?

Während viele Schüler:innen schon in der Volksschule auf das Gymnasium vorbereitet werden, und gute Noten erzielen sollten, bleibt, wie sie im realen Leben Herausforderungen bewältigen können auf der Strecke. Fächer, die ihnen helfen könnten, Problemlösungskompetenzen zu entwickeln, fehlen oft im Lehrplan. Wäre es nicht sinnvoller, den Fokus auf eine ganzheitliche Bildung zu legen, die nicht nur Wissen, sondern auch soziale Kompetenzen und Lebensfertigkeiten vermittelt?

Bildung ist in vielen Ländern, einschließlich Österreich, als grundlegendes Recht verankert. Dennoch ist es nicht ausreichend, einfach den Zugang zur Bildung zu gewährleisten. Es bedarf einer gezielten individuellen Förderung für alle Kinder, unabhängig von ihrer finanziellen Herkunft. Leider fehlt es oft an dieser spezifischen Unterstützung, besonders für Kinder, deren Eltern sich keine teuren alternativen Schulen leisten können.

Es ist daher entscheidend, dass wir nicht nur die Gleichberechtigung im Zugang zur Bildung betonen, sondern auch sicherstellen, dass jedes Kind die Möglichkeit erhält, gemäß seinen individuellen Fähigkeiten gefördert zu werden. Diese Förderung sollte nicht nur für privilegierte Kinder verfügbar sein, sondern für jedes Kind in unserem Bildungssystem. Es geht nicht nur um den Zugang zur Schule, sondern auch darum, dass jedes Kind die Chance bekommt, sein volles Potenzial zu entfalten und sich in einem Umfeld zu entwickeln, das seine individuellen Bedürfnisse und Talente würdigt.

Es fehlt Flexibilität

Unserem Bildungssystem fehlt die Flexibilität um sich an die vielfältigen Bedürfnisse der Schüler:innen anzupassen. Es ist an der Zeit, dass wir Lehrmethoden entwickeln, die auf die unterschiedlichen Lerngeschwindigkeiten und -stile der Schüler:innen eingehen können. Wir müssen sicherstellen, dass Lehrer die Ressourcen und die Ausbildung erhalten, um effektive individuelle Unterstützung bieten zu können. Nur so kann jedes Kind die gleichen Chancen auf eine umfassende und erfüllende Bildung haben, ganz gleich, aus welchem sozialen oder finanziellen Hintergrund es kommt.

Es ist an der Zeit, dass wir als Gesellschaft diese Fragen ernsthaft diskutieren. Eltern, Lehrer und Bildungsexperten sollten gemeinsam nach Lösungen suchen, um den Druck von unseren Kindern zu nehmen und ihnen eine ganzheitliche Bildung zu ermöglichen und das nicht nur in Alternativschulen, die sich nicht jeder leisten kann. Denn nur so können sie nicht nur gute Schüler:innen, sondern auch selbstbewusste, empathische und problemlösende Erwachsene werden, die in der Lage sind, die Herausforderungen des Lebens zu meistern.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Melanie Scheucher

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