Wenn ein sehr naher Verwandter stirbt - Umgang mit der Trauer

Einige Tage sind schon vergangen. Aus den Tagen wurden genau genommen Wochen. Noch immer ist alles unbegreiflich, aber es ist alltäglicher geworden – für uns und die Kinder.

Vor allem merken wir es daran, wenn wir meine Mama und die Oma der Kinder besuchen oder anrufen. Wie selbstverständlich war es bisher, dass man im Falle des Telefonanrufes zuerst mit der Oma sprach, danach noch kurz mit dem Opa. Wie selbstverständlich war es, dass er, als wir die Oma in Kufstein besuchten, dass er auf der Couch lag und sich erst dann zu uns zum Esstisch saß.

Noch immer ertappen wir uns dabei, sowohl wir als auch die Kinder, dass wir bei Telefonaten nach dem Opa fragen. Noch ein paar Worte mit ihm wechseln wollen. Manchmal rutscht uns auch die Frage „Wie geht es euch?“ heraus und wir merken rasch, dass diese Frage in dieser Form so nicht mehr formulierbar ist.

Bei den Besuchen ist die Couch zwar leer, aber oft merken wir das nicht. Er war eine eher stille Person, eher introvertiert. Wenn wir am Esstisch sitzen und saßen, bemerkten wir ihn oft nicht. Aber wir spürten ihn, dort drüben auf der Couch. Das tun wir immer noch. Nur, wenn wir jetzt doch um die Ecke lugen, dann sehe wir die Leere. Und spüren diese dann auch augenblicklich.

Im Alltag ist der verstorbene Papa und Opa präsent und nicht präsent zugleich.

Wir reden nicht täglich über ihn. Aber wir merken, dass da bei jedem Reden eine Leerstelle ist. Etwas, das fehlt. Es fehlt, auch wenn es gar nichts mit ihm zu tun hat. Es ist so, als wenn wir Andere geworden wären. Personen mit einer Leere, die immer wieder aufklafft, sichtbar und spürbar wird.

Obwohl wir Andere geworden sind, ist sein Tod und sein Weg-Sein noch nicht alltäglich. Wir ringen noch um Worte, um Orte, um Plätze und Momente. Abgesehen davon, dass er einen Platz in unserer Küche hat, als gerahmtes Foto umgeben von vielen Beileidsbekundungen und einer Kerze, fehlen uns noch die passenden Plätze für ihn und von ihm. Einfach nur die Formulierung, dass er „in unserem Herzen weiterlebt“ ist uns zu wenig.

Zugleich muss es weitergehen. Ohne ihn. Wir wollen ihn ehren, ihm Plätze, Orte und Momente widmen, doch nicht um den Preis, dass wir selbst stehenbleiben müssen und vor Trauer keinen Schritt mehr gehen können. Es braucht einen Platz, an dem wir als Familie Platz haben und zugleich er als eine Person, die nicht mehr real bei uns ist. Wir ringen noch immer um „Konzepte“, um Ansätze. Wir reden mit den Kindern. Sie reden mit uns darüber. Oftmals kommen Erinnerungen hoch, plötzlich im Alltag, etwa wenn man gemeinsam bei einer Bestattung vorbei geht. Die Kindern trauen, wir tun es auch. Noch haben wir keine Antworten, wie wir damit umgehen können.

Doch es läuft, es geht. Halt ohne ihn. Er fehlt. Er hat Leere hinterlassen, die wir erst beschreiben, verarbeiten und immer wieder neu verhandeln und diskutieren werden müssen.

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