Wege aus der Perfektionsfalle

Oft, wenn ich völlig fertig bin und das Gefühl habe nichts geschafft zu haben, setze ich mich bewusst hin und schreibe auf, was in den letzten Tagen alles passiert ist. Erst wenn ich die ganze Belastung der letzten Wochen schwarz auf weiß vor mir habe, kann ich verstehen und anerkennen, wieso ich so erschöpft bin. Es geht hier nicht nur um Leistung im klassischen Sinne, sondern um Anerkennung der psychischen Belastung. Es hilft mir zu verstehen, warum ich emotional so geschafft bin und aus der Spirale des „mich selbst unter Druck setzen“ herauszukommen.

Anerkennung

Gerade wir Mütter haben oft das Gefühl nichts weiter zu bekommen, nichts zu schaffen. Und die Spirale der Selbstbestrafung beginnt! Doch wenn ich die Ereignisse der letzten Tage oder Wochen aus dem Kopf heraußen und vor mir am Papier habe, kann ich aufatmen und sagen „Wahnsinn, das war wirklich viel!“. Und genau diese Anerkennung der eigenen Belastung ist der erste Schritt zur Heilung.

Ich erlaube mir Atempausen.

Ich höre auf noch mehr von mir selbst zu verlangen oder gar mich selbst zu bestrafen, weil ich nichts auf die Reihe bringe und erlaube mir die erste Atempause. Ich werde wütend und kann den Druck endlich dorthin zurückgeben, wo er hingehört, anstatt Verantwortung zu übernehmen, die gar nicht meine ist.

Prioritäten setzen und delegieren

To-Do-Listen sind ein seltsames Phänomen. Kaum hat man alle Punkte abgehakt, stehen neue Aufgaben auf der Liste. Was mir am besten hilft dabei Stress zu vermeiden, ist eine Methode aus der Arbeit. Prioritäten setzen! Was auf der Liste muss wirklich heute noch erledigt werden? Was reicht morgen oder nächste Woche auch noch? Was kann ich an wen delegieren und was sogar ersatzlos streichen? Ich habe lange dafür gebraucht, doch mittlerweile bitte ich an Tagen, an denen ich zu müde bin, Mann und Sohn die Blumen zu gießen, den Müll hinunterzutragen oder zu kochen. Auch wenn sie es vielleicht nicht auf die gleiche Art und Weise erledigen, wie ich es möchte, die Arbeit ist erledigt!

Was für ein Vorbild möchte ich sein?

Vor kurzem habe ich mich gefragt, was ich meinem Kind eigentlich für ein Bild vermittle, wenn ich schon aus dem letzten Loch pfeifend immer noch verzweifelt versuche perfekt zu sein? Alles schaffen zu wollen, zu müssen! Wenn ich mich selbst dabei überfordere, Erwartungen zu erfüllen und Regeln einzuhalten. Denn die Art und Weise wie ich mit mir selbst umgehe bestimmt automatisch meinen Umgang mit anderen Menschen und meinen Erziehungsstil.

Im Grunde lernt mein Neunjähriger dabei nur, dass seine Leistung nie gut genug sein wird!

Im Grunde lernt mein Neunjähriger dabei nur, dass seine Leistung nie gut genug sein wird! Dass die Arbeit immer vorgeht, und dann erst die eigenen Bedürfnisse wahrgenommen werden dürfen. Eine traurige Aussicht.

Seit ich liebevoller mit mir selbst umgehe, bin ich auch gelassener im Umgang mit meinem Neunjährigen geworden. Dies alles hat zu einer größeren Ruhe geführt, zu weniger Stress und einem liebevolleren Miteinander.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Regina Madgalena Smrcka

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